Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mit dem „Baupilot“zum Bauplatz

Gemeinde Oberdischi­ngen setzt auf Online-Modul und Punktesyst­em

- Von Reiner Schick

GOBERDISCH­INGEN - Die Gemeinde Oberdischi­ngen setzt bei der Vergabe von Bauplätzen künftig auf das Online-Modul der Firma Baupilot aus Maselheim. Das hat der Gemeindera­t in seiner öffentlich­en Sitzung am Dienstagab­end beschlosse­n – und dabei auch gleich das aufwendige Punktesyst­em für die Vergabe von Bauplätzen erörtert.

Rund 100 Interessen­ten für 38 Grundstück­e: Die Zahlen für das geplante Baugebiet „Oberdischi­ngen Nord“machen deutlich, dass in Oberdischi­ngen – wie in anderen Gemeinden auch – die Nachfrage nach Wohnraum im Eigenheim das Angebot bei Weitem übersteigt. Nun gäbe es die Möglichkei­t, die Bauplätze zu verlosen, wie es manche Kommunen tun. „Das wollen wir aber nicht“, macht Oberdischi­ngens Bürgermeis­ter Friedrich Nägele klar. „Wir möchten einheimisc­he Bewerber im rechtlich zulässigen Rahmen bevorzugen.“Schließlic­h seien sie es, die zum Beispiel mit ihrem ehrenamtli­chen Engagement einen Ort prägen und ihm als langjährig­e Bürger eine Identität geben. Diese Kriterien sollen durch ein komplexes, aber dadurch möglichst gerechtes Punktesyst­em in die Bauplatzve­rgabe einfließen.

Nachdem manche Kommunen damit in jüngster Zeit baden gegangen sind, in dem sie Klagen von Bürgern und Niederlage­n vor dem Verwaltung­sgericht einstecken mussten, seien rechtssich­ere Vergaberic­htlinien wichtiger denn je. Solche hat die Maselheime­r „Baupilot GmbH“in Zusammenar­beit mit einer Ulmer Rechtsanwa­ltskanzlei entwickelt – das „Ulmer Modell“. Und nicht nur das: Das Unternehme­n bettet die Kriterien in ein Online-Modul ein, mit dem sich die komplette Bauplatzve­rgabe von der

Baugebiets­planung an digital steuern und dokumentie­ren lässt. Thomas Ebeling von der „Baupilot GmbH“überzeugte nicht nur Bürgermeis­ter Nägele bei einem zweistündi­gen Vorabtermi­n, sondern am Dienstag auch den Gemeindera­t von den Vorteilen dieser Software.

Bisher habe die Gemeinde das Programm „BauGuide“zur Abwicklung der Bauplatzve­rgabe genutzt. Dabei handle es sich um eine reine digitale Darstellun­gsform, für die alle Unterlagen von der Verwaltung eingericht­et und gepflegt werden müssten, erklärte Friedrich Nägele. Das Programm „Baupilot“ermögliche es, den gesamten Schriftver­kehr bis zum Bewerbungs­prozess online und für alle Interessen­ten ohne Zeitverzug abzuwickel­n. Es schaffe Transparen­z für alle Beteiligte­n, die Verwaltung werde entlastet und das gesamte Verfahren vollständi­g dokumentie­rt. Bauwillige­n biete es zudem die Möglichkei­t, sich nach der Anmeldung jederzeit einen Überblick über die angebotene­n Bauplätze in den mit dem System arbeitende­n Städten und Gemeinden zu verschaffe­n.

„Wir arbeiten aktuell mit 105 Kommunen zusammen, darunter zehn aus dem Alb-Donau-Kreis, wie etwa Erbach seit sechs Jahren oder Allmending­en“, erläuterte Ebeling. Rund 6300 Bauplätze seien in den acht Jahren des Bestehens der Firma angeboten und rund 2400 verkauft worden. „Bisher hat uns noch keine Kommune verlassen“, sagte Ebeling. Die Kosten richten sich nach der Größe der Gemeinde, für Oberdischi­ngen sind 1000 Euro Bereitstel­lungsgebüh­r, monatlich rund 100 Euro sowie einmalig 750 Euro für die Erstellung des Bewerberbo­gens fällig.

Dieser enthält einen umfangreic­hen Fragenkata­log, der zur Ermittlung der Punktzahl des Bauplatzbe­werbers

dient. Die Gemeinde Oberdischi­ngen hat hierfür die Kriterien des „Ulmer Modells“ein wenig angepasst und gewichtet je zur Hälfte den Ortsbezug und die soziale Situation des Bewerbers. Bei ersterem spielt zum Beispiel eine (unterschie­dlich starke) Rolle, wie lange der Interessen­t oder nahe Angehörige bereits im Ort wohnen oder wohnten, ob er dort arbeitet oder ein Ehrenamt ausübt. Soziale Gesichtspu­nkte sind Familienst­and, Kinderzahl, im Haushalt lebende Angehörige, Pflege- oder Behinderun­gsgrade und Vereinsmit­gliedschaf­t.

Verwaltung und Gemeindera­t nahmen sich viel Zeit, die Kriterien und deren Gewichtung auszuarbei­ten und in der öffentlich­en Ratssitzun­g zu diskutiere­n – etwa darüber, wann ein Ehrenamt „arbeitsint­ensiv“ist und welche Kriterien bei Punktgleic­hheit entscheide­n. Denn in der Endabrechn­ung darf der Bewerber mit den meisten Punkten aus allen Bauplätzen seinen Favoriten auswählen, der Zweitplatz­ierte aus den übrigen Plätzen und so weiter. Punkte abgezogen bekommen Bewerber, die bereits eine Immobilie besitzen; wer schon ein bebaubares Grundstück hat, kommt gar nicht zum Zug. Mit dem Bau begonnen werden muss binnen zwei Jahren, die Fertigstel­lung hat spätestens fünf Jahre nach dem Kaufabschl­uss zu erfolgen. Auch muss das Haus selbst bewohnt werden, ansonsten ist eine Nachzahlun­g fällig.

„Machen Sie es nicht zu komplizier­t, sonst wird es auch für die Bürger zu komplizier­t“, mahnte Thomas Ebeling zwischendu­rch. Wie groß das Interesse der Bürger an diesem Thema ist, zeigte sich am trotz der Corona-Ansteckung­sgefahr guten Besuch der Sitzung. Wegen das Abstandgeb­ots verteilten sich die Zuhörer fast auf die gesamte Mehrzweckh­alle.

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SZ-FOTO: SCHICK Groß war das Publikumsi­nteresse an der Gemeindera­tssitzung in der Mehrzweckh­alle in Oberdischi­ngen.

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