„Man möchte nicht riskieren, im Ausland festzusitzen“
Punkte: Überall gebe es noch Ausgangsbeschränkungen, Einreisesperren und Einschränkungen des Flugverkehrs. „Selbst wenn es in einigen Ländern Lockerungen gibt, (…) muss man davon ausgehen, dass es noch Wochen dauern wird, bis sich die Dinge sowohl bei uns als auch in anderen Ländern normalisieren.“Zudem hängt der Urlaub auch von der Bereitschaft in den Reiseländern ab, Deutsche zu empfangen. Bei letzterem Punkt gerät derzeit einiges in Bewegung. „Wir haben Signale aus mehreren Ländern erhalten, die ihre Sommersaison retten wollen“, heißt es bei Deutschlands größtem Reiseveranstalter Tui.
Das Auswärtige Amt hat gerade erst 240 000 wegen Corona im Ausland gestrandete deutsche Urlauber nach Hause zurückgeholt. Maas will nicht das Risiko eingehen, dass wieder Zehntausende Deutsche wegen kurzfristiger Grenzschließungen festsitzen. „Wir werden im kommenden Sommer eine solche Aktion nicht noch einmal durchführen“, betonte er.
Der SPD-Politiker will nun mit seinen EU-Kollegen nach einer gesamteuropäischen Lösung in Sachen Grenzöffnung suchen, ist inzwischen aber auch für Vereinbarungen mit einzelnen Ländern offen. „Es ist auch nicht auszuschließen, aufgrund der unterschiedlichen Verläufe der Pandemiebekämpfung in den einzelnen Staaten, dass es auch zu Differenzierungen kommen wird“, sagte er.
Damit geht er nach langem Zögern auf einen Vorschlag ein, den die österreichische Regierung bereits Mitte April gemacht hat. Das Alpenland zählt neben Italien, Spanien, der Türkei und Griechenland zu den fünf beliebtesten Urlaubszielen der Deutschen . Umgekehrt sind die Urlauber aus Deutschland für die österreichische Tourismusbranche eine Haupteinnahmequelle. Die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hält eine baldige Öffnung der Grenze zu Deutschland für möglich, weil hier wie dort „die Infektionszahlen niedrig sind“.
Der Deutsche Reiseverband begrüßte die Planungssicherheit, die es durch die Kabinettsentscheidung gibt. In einer Erklärung hieß es aber auch: „Wir geben den Sommerurlaub nach wie vor nicht verloren.“Die Urlaube im Ausland sind für die Branche extrem wichtig. 2019 gingen nach einer Analyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen von den 70,8 Millionen Urlaubsreisen der Deutschen immerhin 74 Prozent ins Ausland.
RAVENSBURG - Grenzüberschreitendes Reisen macht das Eindämmen der Pandemie in mancher Hinsicht schwerer. Um eine bessere Überwachung des Infektionsgeschehens zu gewährleisten, brauche es in Europa eine enge Abstimmung zwischen den Staaten, erläutert der Ulmer Virologe Thomas Mertens. Ulrich Mendelin hat ihn befragt.
Die Bundesregierung hat die weltweite Reisewarnung bis Mitte Juni verlängert. Wie wichtig ist sie aus epidemiologischer Sicht?
Hierfür gibt es zunächst sehr praktische Gründe. Die Einreisebestimmungen der Länder sind unterschiedlich und nicht abgestimmt. Es macht wenig Sinn bei drei Wochen Fernreise am Urlaubsort zwei Wochen in Quarantäne zu verbringen, was in manchen Ländern für Einreisende vorgeschrieben ist. Diesbezügliche Vorschriften können sich auch kurzfristig ändern. Hinzu kommen sicher auch Überlegungen zu der medizinischen Versorgung und der Krankenhaussituation in Urlaubsländern. Letztendlich ist der Reiseverkehr derzeit allgemein nicht freizügig und insbesondere Flugreisen sind extrem eingeschränkt. Man möchte auch nicht die Situation riskieren, im Ausland ohne Rückreisemöglichkeit festzusitzen. Über epidemiologische Argumente weiter unten mehr.
Auch die Kontrollen an den deutschen Grenzen sollen verlängert werden. Dient das in der aktuellen Situation noch der Eingrenzung des Virus?
Hier brauchen wir vor allem ein europäisch abgestimmtes, einheitliches Verfahren. Es geht ja nicht nur um die deutschen Grenzen bei Reiseplanungen, sondern um alle innereuropäischen Grenzen. Natürlich ist SARS-CoV-2 in allen europäischen Ländern „angekommen“, aber grenzüberschreitendes Reisen macht ohne sehr enge Abstimmung manche Dinge etwas schwieriger, so zum Beispiel das Ermitteln und Isolieren von Kontaktpersonen, die Nutzung der viel diskutierten deutschen „CoronaApp“zum Erkennen möglicher räumlicher Kontakte mit Infizierten und das rasche Identifizieren von „kleinen Infektionsherden“. Insgesamt ist die Überwachung der Epidemie etwas einfacher, wenn sie nach gleichen Regeln und Vorgehensweisen geschieht.