Die etwas andere Mainacht
EHINGEN (kou/kö/khb/somm) Rund 180-mal hat das Telefon in der Mainacht zwischen 20 Uhr und dem frühen Morgen beim Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Ulm geklingelt. „Es war doch recht ruhig, haben die Kollegen berichtet, die in der Nacht unterwegs waren“, verdeutlicht ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage. Gerade im Vergleich zu den Vorjahren sei die Anzahl der Einsätze doch überschaubar gewesen. Entsprechend positiv fällt die Bilanz der Beamten aus. Nur wenige Einsätze seien es gewesen, bei denen sich vermeintliche Scherze als Straftaten entpuppten. „Auch ,Späße’ wie ausgehängte Gartentore oder in Klopapier eingepackte Gegenstände waren nicht in der sonst üblichen Häufigkeit festzustellen“, heißt es im Polizeibericht. Neben den Jugendschutz- und Verkehrskontrollen hatte die Polizei auch die Einhaltung der „Regeln zum Infektionsschutz“im Auge.
Ob die relativ ruhige Nacht auch auf die angekündigten Kontrollen zurückgehe oder auf das Wetter oder die generelle Situation , lasse sich nicht sagen. Mehrere gemeldete Partys stellten sich beim Eintreffen der Polizei als Zusammenkunft von Familien oder Einzelnen, die sich an die Regeln hielten, heraus. Unterstützt wurden die regionalen Polizeireviere in der Nacht von den Beamten des Polizeipräsidiums Einsatz.
Ein Blick in den Altkreis zeigt, dass zwar viele in diesem Jahr geplante Maischerze der Coronapandemie zum Opfer fielen, es aber auch dieses Mal einige kreative Einfälle gibt. Maischerze wie in vergangenen Jahren hat man im Stadtgebiet von Ehingen und auch in Allmendingen vergeblich gesucht. Angesichts der Corona-Pandemie war wohl niemandem danach zumute. Der Platz vor dem Allmendinger Rathaus, sonst immer mit einem besonders gelungenen Maischerz dekoriert, blieb dieses Jahr ungeschmückt. Ebenso waren die üblichen Hotspots in Ehingen wie der Marktbrunnen, das Rathaus, der Groggensee oder die Kreisverkehre unberührt. Sogar die gelben Säcke, die schon für die Müllabfuhr bereit auf den Gehsteigen lagen, sonst ein beliebtes Opfer, blieben unangetastet.
Während die offiziellen Maibäume überall fehlen, gibt es dennoch viele Ersatzexemplare in den Orten sowie auch im Privaten. Ein schönes Zeichen der Liebe ist beispielsweise im Ehinger Habichtweg zu sehen, wo ein junger Mann seiner Liebsten ein besonders sehenswerten Maibaum in den Garten gesetzt hat. Auch Männer werden Jahr zum Teil mit einem Maien beschenkt, etwa André in Teuringshofen, Ruben in Öpfingen, René in Ersingen oder auch Steffen in Schelklingen haben so ein Bäumchen mit Herz und Namensnennung bekommen. Die älteren Betrachter mögen sich verwundert die Stirn kratzen, was das auf sich habe. Die einen schreiben es der modernen Zeit mit Gleichberechtigung
zu, die anderen sagen wie aus der Pistole geschossen, das liege am Schaltjahr, das Mädchen verpflichte, ihrem Schwarm ein Bäumchen zu stecken.
In vielen Orten der Region wurden heuer keine offiziellen Maibäume im Ortskern aufgestellt, so auch in Unterstadion. Hier haben Maischerzer einen der Bäume vor dem Rathaus geschmückt und ein Foto des imposanten Unterstadioner Maibaums aus dem Jahr 2019 aufgehängt. „Aufgrund der Corona-Krise, bin ich dieses Jahr kein Riese“, geben sich die Scherzbolde poetisch und lassen den Maibaum weiter dichten: „Ich hoffe auf ein Lächeln in Eurem Gesicht, macht’s gut, bleibt gesund und vergesst mich nicht.“
Deutlich niedriger als der 18 Meter hohe Maibaum des vergangenen Jahres ist der Lauteracher Baum in diesem Jahr ausgefallen. Aber die Lauteracher betonen auf einem Schild an ihrem „geschrumpften Corona-Maibaum 2020“: „Corona? Wir lassen uns die Tradition nicht nehmen“. In einigen VG-Gemeinden wurden teils verkleinerte und „abgespeckte“Maibäume aufgestellt, so etwa in Rottenacker, Munderkingen, Rechtenstein und auch Hausen am Bussen.
„Guten Flug“wünschen Maischerzer den Autofahrern in Oberstadion.
Auf der dortigen Munderkingerstraße scheint oft zu schnell gefahren zu werden. Auf einem Plakat wird betont: „Wenn Du das nicht lesen kannst, bist Du viel zu schnell.“Und ein paar Meter weiter wird per Transparenz und Strichliste darauf hingewiesen, dass auf „dieser Flugstrecke“bereits 30 Katzen, ein Hund und 28 Igel überfahren wurden.
Ihre Friseurbetreibe scheinen die Maischerzer in Munderkingen zu vermissen. Vor dem Rathaus hatten sie den Salon „Krisen-Friese“aufgebaut. „Haare treiben – Wir schneiden“stand da. Und am Wartebänkle wurde behauptet: „Kosta fast gar nix“. Bei genausem Hinsehen war vom Munderkinger Maischerz-Friseur zu erfahren, dass der „Corona-Preis“eines Haarschnitts zwar nur 6,50 Euro beträgt, aber zusätzlich zehn Euro Gefahrenzulage abgerechnet werden.
Eine neue Sparkassenzentrale im Jahr 2018, eine regionale Hauptstelle im Jahr 2019 und eine vollwertige Filiale im Jahr 2020 scheint auf einem Baugrundstück gegenüber des alten Rottenacker Rathauses geplant gewesen zu sein. Jetzt vermuten Maischerzer, dass hier „irgendwas und irgendwann“gebaut wird.
Weil der Autoverkehr in Richtung Neuburg wohl deutlich zugenommen hat und inzwischen ins neue Rottenacker
Baugebiet am Silberberg viele Leute eingezogen sind, fordern Maischerzer einen sicheren FußgängerÜberweg und haben sogar ein „auf dem Kopf stehendes ZebrastreifenSchild“aufgestellt.
Hinter der Breitbandtrasse bei Sondernach haben Anhänger des Maischerzes einen Grenzbalken hinterlassen. Das Hinweisschild spricht für sich und bedauert, dass sich die Sondernacher abgehängt fühlen: „Achtung, Sie verlassen jetzt den Investitionsbereich der Stadt Schelklingen.“Ein Hinweis auf die geplante, aber wegen „Corona“vielleicht doch ins Wasser fallende Freiluftaufführung findet man in Justingen. Das Theaterstück sollte eigentlich Ende Juli zum 150-jährigen Bestehen der Albwasserversorgung aufgeführt werden. Kein Maischerz im herkömmlichen Sinne, aber ein netter Scherz im Mai in Coronazeiten in Hütten: Dem Hausbesitzer und Fasnetballansager war in der Vergangenheit schon einmal ein liebenswerter Maischerz im Garten gestaltet worden, weshalb das Männchen mit Schubkarre und Mundschutz jetzt nicht sofort als Eigenkreation erkennbar ist.
Auf einen Scherz nicht verzichten wollten auch Anwohner in Schmiechen. Was sie sich einfallen lassen haben, lesen Sie auf
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