Auch der „Adler“leidet unter „verheerender Situation“
Wegbrechende Umsätze, bürokratische Hürden und unsichere Zukunft bereiten Thomas Brehm Sorgen
DELLMENSINGEN (reis) - Ein Bußgeld für die Freibier-Aktion – das hätte Familie Brehm aus Dellmensingen gerade noch gefehlt. Schließlich muss sie ohnehin schon stark unter den Corona-Maßnahmen leiden.
„Die Situation ist verheerend“, sagt Thomas Brehm über die Verluste, die nicht nur er und seine Familie, sondern auch seine Angestellten hinnehmen müssen. Seit Mitte März ist die Gaststätte geschlossen, bald darauf habe man auch den Braubetrieb gestoppt, weil sämtliche Veranstaltungen wegbrechen. „Hochzeiten, Kommunionen, Geburtstage, Vereinsfeste, Firmenfeiern – wenn ich sehe, was alles storniert wurde und wird, dann wird mir schlecht“, klagt Brehm: „Dieses Wochenende wäre das Ersinger Maifest, das wir immer beliefern. Eine unserer wichtigsten Veranstaltungen. Ebenso das 1a-Dorffest in Dellmensingen, das Ulmer Schwörfest – alles fällt flach. Umsätze und Einnahmen, die uns fehlen.“
Ein wenig tröstlich sei es, dass seine Familie aktuell noch von der Substanz leben könne und – im Gegensatz zu vielen anderen Gastronomen – keine Pacht zahlen müsse. „Und wir haben ja noch den Getränkehandel, bei dem der Umsatz zwar auch zurückgegangen ist, und unser Hotel. Zwar dürfen wir keine Touristen mehr aufnehmen, aber zum Glück haben wir überwiegend Geschäftskunden, von denen auch noch einige da sind“, berichtet Thomas Brehm. Auch durch den Außer-Haus-Verkauf von Mittagessen unter der Woche und zusätzlich Abendessen am Wochenende fange man ein bisschen was auf. Dennoch musste er fünf Festangestellte in Kurzarbeit schicken und einige 450-Euro-Kräfte bis auf Weiteres frei stellen: „Die stehen da wie doof, weil sie kein Kurzarbeitergeld bekommen. Wir versuchen, ihnen wenigstens ein bisschen was zu bezahlen, denn sie brauchen das Geld zum Teil dringend, um ihre Familien zu ernähren.“
Erschwerend hinzu kämen hohe bürokratische Hürden, um an finanzielle staatliche Unterstützung zu kommen. „Es gibt Momente, da fühlt man sich einfach im Stich gelassen. Der Vorgang fürs Kurzarbeitergeld ist unglaublich kompliziert. Ich habe mit zig Leuten telefoniert und mich auf ein schwer verständliches Internet-Video verweisen lassen, bis ich endlich eine Dame von der Arbeitsagentur Biberach erreicht habe, die es mir in 15 Minuten so gut erklärt hatte, dass ich es endlich kapiert habe“, sagt Thomas Brehm. Die von der Regierung für die Gastronomie bereit gestellte staatliche Nothilfe habe er zwar bekommen. „Aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, meint Brehm.
Was ihn nun vor allem umtreibt, ist die Sorge: Wie geht es weiter? „Für meine Begriffe kommen die aktuellen Lockerungen zu früh“, glaubt Thomas Brehm, der sich vor einer zweiten Welle fürchtet. „Ich selbst habe keine Angst vor dem Virus. Aber meine Eltern gehören zur Risikogruppe“, sagt er. „Und was passiert, wenn wir unsere Gastronomie wieder öffnen und uns eine Infektion ins Haus holen?“, fragt er sich. „Dann müssen vielleicht alle zwei Wochen in Quarantäne bei voller Lohnfortzahlung. Aber was kommt danach?“Und dem gegenüber steht die wirtschaftliche Situation. „Drei Familienmitglieder und ihre Angehörigen sind finanziell vom Betrieb abhängig“, sagt Thomas Brehm. „Wenn es so weitergeht“, macht er klar, „bekommen auch wir massive Probleme.“