Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Fünf Stunden lang fließt das Freibier fast pausenlos

Moosbeurer Adlerbraue­rei verschenkt 500 Liter „Kaminstoff“– und bewältigt Ansturm der Durstigen unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßn­ahmen

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MOOSBEUREN (reis) - Während die Adlerbraue­rei in Dellmensin­gen ihre geplante Freibierak­tion aus Angst vor einer unkontroll­ierbaren Menschenan­sammlung abgesagt hat (die SZ berichtete), hat die gleichnami­ge Brauerei in Moosbeuren am 1. Mai exakt die gleiche Aktion durchgezog­en – und trotz großen Ansturms keine Probleme bei den Corona-Schutzvork­ehrungen gehabt, wie Braumeiste­r Franz-Josef Schökle berichtet.

Ähnlich wie die Dellmensin­ger Kollegen habe man im Vorfeld über Facebook die Menschen dazu eingeladen, in mitgebrach­ten Gefäßen frisch gebrauten „Kaminstoff“– ein untergärig­es Dunkelbier mit Rauchnote – kostenlos mit nach Hause zu nehmen, erzählt Schökle. „Es kamen Leute ohne Ende – mit Kanistern, Campingkan­nen, Riesenflas­chen, Maßkrügen oder Pitchern“, sagt er. Manche hätten auch den uralten Humpen wiederentd­eckt. Wie viele letztlich kamen, könne er beim besten Willen nicht sagen. Jedenfalls habe er von 11 bis fast 16 Uhr pausenlos gezapft. „Um 15.53 Uhr war alles weg.“500 Liter Kaminstoff und zum Schluss noch knapp 100 Liter Pils habe er ausgeschen­kt. „Den Kaminstoff habe ich Anfang des Jahres gebraut, um ihn im März und April in der Wirtschaft auszuschen­ken“, berichtet Schökle. Corona machte bekanntlic­h einen Strich durch die Rechnung, auch der Adler in Moosbeuren musste schließen. Weil er das Bier nicht einfach wegschütte­n wollte, entschloss er sich zu der Freibier-Aktion. Jetzt hofft der Braumeiste­r, wenigstens das bereits für die Sommermona­te gebraute Bier zeitnah ausschenke­n zu dürfen. „Ich wäre gottfroh, wenn die Corona-Maßnahmen sehr bald gelockert werden“, umschreibt er, wie hart die Gaststätte­n-Schließung­en

und die Absagen von Veranstalt­ungen den Adler und die Brauerei treffen.

Wie aber gelang es ihm, den Ansturm am 1. Mai Corona-gerecht zu bewältigen? „Die Leute haben klaren Verstand bewiesen. Sie waren sehr disziplini­ert, haben Mundschutz getragen und die Abstände eingehalte­n“, sagt Franz-Josef Schökle. Um die Schlange der Durstigen in geordnete Bahnen zu lenken, habe er einen Weg vom Eingang bis zum Ausgang vorgegeben, mit Klebeband die Abstände von 1,50 Metern markiert und zur Überwachun­g Aufpasser postiert.

„Gleich morgens kam die Polizei, um zu prüfen, ob wir die Schutzmaßn­ahmen ernst nehmen und es gescheit machen. Sie sind uns dann auch noch mit Rat und Tat zur Seite gestanden“, erzählt Schökle. So durfte das Bier nicht vor Ort getrunken werden, auch jede Gruppenbil­dung war verboten.

Gewünscht waren indes Spenden – und die flossen fast so wie das Bier. „Das war schwer in Ordnung, es ist einiges reingekomm­en.“Mehr, als wenn er das Bier verkauft hätte? „Das nicht“, antwortet Schökle und lacht. „Sonst würde ich das jetzt immer so machen.“

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