Das schafft Verwirrung
Die Corona-Ermüdung ist allerorten spürbar. Ob im Büro, am Telefon oder bei Treffen mit Schutzmaske und 1,5-Meter-Abstand – der Unmut über die Ungewissheit in diesen Zeiten wächst. Wie geht es mit dem Schulunterricht weiter, was wird aus dem Sommerurlaub oder der Feier zum runden Geburtstag? In dieser Krise leiden die einen vor allem finanziell, den anderen wächst die Aufgabe, gleichzeitig erwerbstätig und Nebenerwerbslehrer zu sein, über den Kopf. Deshalb ist es wichtig und richtig, wenn Bund und Länder möglichst schnell und präzise darlegen, wie der Weg aus den Corona-Beschränkungen aussehen könnte. Doch statt diesen Mittwoch abzuwarten, an dem Kanzlerin Angela Merkel mit den Länderchefs genau darüber berät, sind einige Ministerpräsidenten bereits im Verkündigungsmodus. Das schafft Verwirrung.
Um es am Beispiel deutlich zu machen: Bayerns Regierungschef Markus Söder hat den Bürgern vom 18. Mai an erbauliche Zeiten im Biergarten in Aussicht gestellt, sein baden-württembergischer Amtskollege Winfried Kretschmann setzt dagegen in der Gastronomie-Frage auf Entscheidungen „Schritt für Schritt“. Für die Bevölkerung ist es jedoch nicht nachvollziehbar, warum in zwei Ländern, die von Corona nahezu gleich betroffen sind, unterschiedliche Regelungen gelten sollten. Das nährt den Unmut, und Beschränkungen, die eigentlich zum Schutz der Menschen gedacht sind, werden als willkürlich empfunden.
Dabei ist ein einheitliches Öffnungstempo in Deutschland überhaupt nicht vonnöten. Dem Gastwirt im Süden der Republik bringt es nichts, wenn der Niedersachse auf das Feierabendbier in der Kneipe verzichten muss, obwohl das Ansteckungsrisiko dort äußerst gering ist. Die Vorhaben, die nun in Aussicht gestellt werden, müssen schlicht zu den Zahlen passen, die vom Robert-KochInstitut ermittelt werden. In der Rechtsprechung gilt der Grundsatz, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Wenn dieser Grundsatz auch in der weiteren Debatte über Corona-Lockerungen beherzigt würde, wäre viel gewonnen.