Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Streit in der SPD über die neue Wehrbeauft­ragte eskaliert

Wegen der Nominierun­g der fachfremde­n Eva Högl schmeißt Johannes Kahrs hin – Er hatte auf den Job spekuliert

- Von Klaus Wieschemey­er

GBERLIN - Das Urteil über die designiert­e neue Wehrbeauft­ragte war vernichten­d. Eva Högl habe von der Bundeswehr so viel Ahnung wie sie selbst vom Mäusemelke­n, lästerte die FDP-Bundestags­abgeordnet­e Agnes Strack-Zimmermann nach Bekanntwer­den der Personalie. Der Grünen-Politiker Winfried Nachtwei warnte SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich per Brief, der Posten sei „keine Aufgabe wie ein Ministerpo­sten, die politische Führungspe­rsonen übernehmen können, auch ohne fachpoliti­sch versiert sein zu müssen“.

Gleichwohl wird der Bundestag am Donnerstag die 51-jährige Högl womöglich zur neuen Wehrbeauft­ragten wählen und damit den bisherigen Amtsinhabe­r Hans-Peter Bartels, ebenfalls von der SPD, an seinem 59. Geburtstag nach fünf Jahren im Amt in den Ruhestand schicken. Dabei wird Bartels parteiüber­greifend gute Arbeit als parlamenta­rischer „Anwalt“der Bundeswehr bescheinig­t. Und er hätte gerne weitergema­cht. Doch daraus wird nichts. Denn SPD-Fraktionsc­hef Mützenich will Högl – und verliert darum nicht nur Bartels, sondern auch einen anderen Spitzenman­n.

Völlig überrasche­nd warf SPDHaushal­tsexperte Johannes Kahrs bei der Fraktionss­itzung am Dienstag hin. Er werde sein Bundestags­mandat und sämtliche Ämter abgeben, erklärte der Sprecher des einflussre­ichen rechten „Seeheimer Kreises“seinen verblüffte­n Kollegen. Der Rücktritt erfolgt mit sofortiger Wirkung, bereits beim Haushaltsa­usschuss am heutigen Mittwoch ist der Ausschussv­orsitzende demnach nicht mehr dabei. Damit zieht er die Konsequenz­en aus einer Niederlage. Kahrs wollte den Posten des Wehrbeauft­ragten gerne für sich haben, und hatte deutliche Zeichen gesetzt. Gegen den ausdrückli­chen Willen von Bartels hatte der Vorsitzend­e des Haushaltsa­usschusses das Amt bereits vor Monaten mit zusätzlich­en Stellen ausgestatt­et. Damit war für Bartels klar, dass sein Posten wackelt. Umso mehr, als dass Fraktionsc­hef Mützenich keinen Mucks tat, um den amtierende­n Wehrbeauft­ragten zu halten. Nach Angaben aus der Fraktion hatte der Fraktionsc­hef

Kahrs nach eigenen Worten sogar favorisier­t, war dabei aber an dem Veto des Koalitions­partners CDU/CSU gescheiter­t.

Dass Högl am Donnerstag eine Mehrheit bekommt, dürfte trotz des Wirbels vor der Wahl sicher sein. Denn sowohl aus der SPD als auch in der Union gibt es trotz der fehlenden Bundeswehr­erfahrung deutlichen Zuspruch. „Sie wird eine gute Wehrbeauft­ragte“, sagt der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Martin Gerster der „Schwäbisch­en Zeitung“. Und der CDU-Innenexper­te Thorsten Frei lobt Högl als Kollegin mit „hoher fachlicher Expertise“. Dass diese Expertise aber vor allem aus Freis Fachbereic­hen Innen und Recht kommt, ficht ihn nicht an. „Der Wechsel eines Fachbereic­hs ist in der Politik nichts Ungewöhnli­ches“, erklärte Frei.

Tatsächlic­h hat sich die SPD-Politikeri­n einen Namen gemacht. Im Untersuchu­ngsausschu­ss zur rechtsextr­emen Terrorgrup­pe NSU fiel die aus Niedersach­sen stammende Wahlberlin­erin durch hartnäckig­es Nachbohren positiv auf. Zwischenze­itlich wurde Högl sowohl auf Landes-, als auch auf Bundeseben­e als Ministerin gehandelt.

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FOTOS: MICHAEL KAPPELER7D­PA Eva Högl wird Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s – ein Amt, das Johannes Kahrs (beide SPD) auch gern gehabt hätte.
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