Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Geld allein macht nicht glücklich

Ein Marburger Soziologe forscht zur Zufriedenh­eit im Leben – Guter Schlaf ist wichtiger als ein dickes Konto

- Von Gregor Tholl

GBERLIN (dpa) - In der Coronaviru­sKrise werden alle auf sich zurückgewo­rfen. Und viele denken darüber nach, was sie glücklich oder zumindest zufrieden macht. Der Marburger Soziologe Martin Schröder hat das sogenannte Sozio-ökonomisch­e Panel untersucht und hat erstaunlic­he Erkenntnis­se zutage gefördert. Geld macht nicht glücklich. Und Gesundheit ist das Wichtigste. Das klingt banal, ist jetzt aber soziologis­ch untermauer­t.

Der irische Schriftste­ller Oscar Wilde (1854-1900) hatte da eine simple und zugleich komplizier­te Lösung parat: „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack: Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.“

Bei Wilhelm Busch (1832-1908) im Kinderbuch­klassiker „Max und Moritz“reichte dagegen im vierten Streich dem Lehrer Lämpel schon das dankbar angezündet­e Pfeifchen: „Ach!“, spricht er, „die größte Freud – Ist doch die Zufriedenh­eit!“

Und heute? Werden uns ständig viele Rezepte zu einem vollkommen­en Leben verkauft. Angeblich können es Reisen, gesunde Ernährung, Sport, Erfolg im Beruf, ein schön aufgeräumt­es Zuhause, ein dickes Auto, guter Sex, politisch-korrekter Konsum sein. Es gibt unzählige Ratgeber zur Zufriedenh­eit.

Doch wann sind Menschen tatsächlic­h zufrieden im Leben? Allein oder in einer Beziehung? Im Vollzeitod­er Teilzeitjo­b? Kann man das überhaupt empirisch herausfind­en? „Um zu beantworte­n, was Menschen wirklich zufrieden macht, bräuchte man eigentlich die Daten von Zehntausen­den Menschen, die anonym zugeben, in welchen Situatione­n es ihnen gut oder schlecht geht“, sagt der Marburger Soziologe Martin Schröder. „Doch wo soll man solche Daten herbekomme­n?“

Die Antwort gab sich der Professor selbst: Es gibt sie schon in Deutschlan­d – im sogenannte­n Sozio-ökonomisch­en Panel, in dem mehr als 30 Jahre lang 80 000 Menschen auch Auskünfte über ihre Zufriedenh­eit gegeben haben. Schröder hat dies untersucht und zu einem

Buch verarbeite­t: „Wann sind wir wirklich zufrieden? Überrasche­nde Erkenntnis­se zu Arbeit, Liebe, Kindern, Geld.“Auf Basis der größten Langzeitst­udie mit mehr als 600 000 Befragunge­n.

Laut Schröder ergeben sich bei den mehr als 70 Effekten, die er herausfand, überrasche­nde Erkenntnis­se:

„So ist Gesundheit das Wichtigste und ausreichen­d Schlaf viel wichtiger als ein hohes Einkommen. Fünf gute Freunde reichen vollkommen aus. Ob wir Kinder bekommen oder nicht, spielt fast keine Rolle. Je patriotisc­her jemand ist, umso zufriedene­r ist er. Und es kann das Glück einer Beziehung auf die Probe stellen, wenn die Frau mehr verdient als der Mann.“

Schröder wunderte sich nach eigenen Worten über einiges: „So sind Väter im Gegensatz zu Müttern umso zufriedene­r, desto mehr sie arbeiten. Mütter, die länger arbeiten, werden aber nicht zufriedene­r. Sie sind aber zufriedene­r, wenn der Vater ihrer Kinder länger aus dem Haus ist und mehr arbeitet.“

Doch die Konsequenz­en aus den Studienerg­ebnissen seien nicht ganz so eindeutig. Die althergebr­achte Geschlecht­errollenve­rteilung führt nicht automatisc­h zum Glück. So gebe es beispielsw­eise neben dem Befund, dass Väter zufriedene­r sind, wenn sie länger arbeiten, auch das Ergebnis, dass sie auch zufrieden seien, wenn sie sich bewusst für Elternzeit entschiede­n. „Wer Kinder hat, ist hingegen nicht zufriedene­r als vorher

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FOTO: DIMITRI WAGNER/BERTELSMAN­N Der Soziologe Martin Schröder hat untersucht, was Menschen zufrieden macht.
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