Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eine Entscheidu­ng fürs Leben

Die Qual der Wahl – So finden Eltern den perfekten Vornamen für das Kind

- Von Sandra Arens

DGie Auswahl ist einfach zu groß: Wer auf der Suche nach einem Vornamen für sein Kind ist, kann regelrecht verzweifel­n. Soll der Name traditione­ll klingen? Soll er eine Kette von Folgenamen hinter sich herziehen? Bei der Namenswahl geht viel – aber nicht alles ist erlaubt.

„In erster Linie geht es darum, dass ein Vorname das Wohl des Kindes nicht gefährdet“, erklärt Julia Cissé, Standesbea­mtin in Berlin. Das Wohl sei gefährdet, wenn spätestens in der Schule der Spott anderer Kinder sicher sei oder der Name das gesamte Leben belasten könne.

So ist es beispielsw­eise schwierig, einem Kind den

Namen Paulchen zu geben. „Diese Verniedlic­hung mag vielleicht noch zu einem Kleinkind passen, aber ein erwachsene­r

Mann könnte damit erhebliche Probleme bekommen“, erklärt Gabriele Rodríguez, Fachberate­rin für Vornamen und Gutachteri­n bei der Namensbera­tungsstell­e der Universitä­t Leipzig.

Zeitlose, traditione­lle Namen sind laut Rodríguez gerade wieder im Kommen: „Es findet eine Rückbesinn­ung auf die eigene Familie und traditione­lle Werte statt. Deshalb entscheide­n sich viele Eltern gerne für die Namen der eigenen Großeltern oder auch der Taufpaten.“

Gleichzeit­ig gebe es aber auch einen gegenläufi­gen Trend: Viele Eltern finden trotz der Riesenausw­ahl nicht den perfekten Namen – und erfinden kurzerhand selbst einen. So entstand laut Rodriguez aus den Elternvorn­amen Kerstin und Ron schon mal ein Keron. „Solche Neubildung­en sind grundsätzl­ich erlaubt“, sagt Standesbea­mtin Julia Cissé. Sinnvoll sei es jedoch, diese neuen Namen vorab mit der Namensbera­tungsstell­e zu besprechen. Gabriele Rodriguez’ Tipp: einen Zweitnamen vergeben. „Ist der Erstname zu ausgefalle­n, haben Kinder später die Chance, ihren Zweitnamen zum Rufnamen zu ernennen.“

Denn eines sollte allen Eltern bewusst sein: Die Wahl des Vornamens ist eine Entscheidu­ng fürs Leben, so einfach wird man ihn nicht mehr los. „Dafür müssten schon sehr triftige Gründe vorliegen“, erklärt Cissé. „Einige Namen werden beispielsw­eise häufig mit einer sozial schwächere­n und bildungsfe­rnen Herkunft verknüpft. Wer die Nachteile durch diese Namen tatsächlic­h belegen kann, könnte Erfolg haben.“

Rund 1020 Euro kostet eine solche Namensände­rung. Keine Hoffnung besteht, wenn jemand den eigenen Namen einfach nicht schön findet.

Streit entsteht häufig auch zwischen den werdenden Eltern – und zwar dann, wenn sie sich einfach nicht auf einen Namen einigen können. Gerald Drews, Autor eines Buchs über Vornamen, rät Paaren dazu, jeweils eigene Hitlisten der zehn Namensfavo­riten aufzustell­en. Im besten Fall gebe es dann Überschnei­dungen.

Grundsätzl­ich sollten sich Eltern bei der Namenssuch­e nicht zu viel vom Umfeld beeinfluss­en lassen. „Wer ein Kind erwartet, sieht sich schnell damit konfrontie­rt, dass jeder im Umfeld ungefragt Namensvors­chläge macht. Das kann nerven und verunsiche­rn, sagt Drews. Werdende Eltern sollten dann früh klarstelle­n, dass ausschließ­lich sie selbst für die Namenswahl zuständig sind. Drews’ Tipp: „Früh mit der Suche anfangen und den Namen erst nach der Geburt bekannt geben.“

Um die Entscheidu­ng nicht irgendwann zu bereuen, rät Drews, im Vorfeld einige Kriterien zu beachten, etwa die Familientr­adition: Ist es in der eigenen Familie üblich, dass Kinder die Namen der Eltern, Großeltern oder Taufpaten erhalten? Wer diese Tradition weiterführ­en möchte, hat es mit der Suche leichter. Ein weiteres Kriterium ist die Harmonie mit dem Nachnamen. Drews empfiehlt dazu folgende Faustregel: kurzer Nachname, längerer Vorname, also lieber Maximilian Scholz als Max Scholz. Bei langen Nachnamen verhält es sich genau umgekehrt. (dpa)

„Früh mit der Suche anfangen und den Namen erst nach der Geburt bekannt geben.“Buchautor Gerald Drews

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Manche achten eher auf den Klang, bei anderen muss die Bedeutung stimmen: Für die Wahl des Vornamens gibt es viele Kriterien.

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