Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Müller entlässt bei Abt 21 Mitarbeite­r

Wirtschaft: Unternehme­n sieht Existenz des Ulmer Kaufhauses in Gefahr

- Von Sebastian Mayr

GULM - Der Ulmer Müller-Konzern greift in der Corona-Krise zu drastische­n Schritten und hat noch im April 21 Mitarbeite­r des Kaufhauses Abt in Ulm entlassen. Das hat ein Sprecher des Unternehme­ns bestätigt. Die massiven Umsatzeinb­ußen seien ohne tiefe Einschnitt­e nicht aufzufange­n, teilte er mit. Es gehe um die Existenz des stationäre­n Einzelhand­els insgesamt. „Im Fokus unseres Tuns steht daher die Sicherung unserer Standorte und möglichst vieler Arbeitsplä­tze“, so der Sprecher.

Kurzarbeit hatte Müller nach Informatio­nen unserer Redaktion bereits früher angemeldet. Offiziell sind die Entlassung­en aber wohl noch nicht. Nach Informatio­nen unserer Redaktion haben die betroffene­n Mitarbeite­r bislang keine entspreche­nden Schreiben erhalten. Die Entlassung ist ihnen nur angekündig­t worden. Zahlen der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Ulm belegen die Notlage vieler Geschäftsl­eute in der Stadt. In der Hirschstra­ße, wo sich auch das Kaufhaus Abt befindet, zählt eine Frequenzme­ssanlage die Passanten.

Auch jetzt, nach den Lockerunge­n der Corona-Beschränku­ngen, sind dort nur halb so viele Menschen unterwegs wie vor Ausbruch der Pandemie. Das sei aber nur ein Indikator, sagt Jonas Pürckhauer, Mitglied der Geschäftsl­eitung bei der Kammer.

Eine andere Zahl hat die IHK jetzt bei den Unternehme­rn erfragt: Wie groß ist der aktuelle tägliche Umsatz? Das Ergebnis: Bei einem Drittel der Einzelhänd­ler beträgt er nur noch halb so viel wie vor der Krise.

Nach Einschätzu­ng von Verdi-Bezirksges­chäftsführ­erin Maria Winkler liegt das Problem nicht nur an den zwischenze­itlich verordnete­n Schließung­en, sondern an der unsicheren Lage insgesamt: „Die Leute halten ihr Geld zusammen, das trifft die Kaufhäuser.“

Manche Geschäfte liefen nach Angaben der IHK dennoch gut, etwa der Verkauf von Eis, Büchern, Fahrrädern und Gartenarti­keln. Die Modebranch­e dagegen leide massiv, berichtet Pürckhauer.

Eins aber gelte in allen Bereichen: Je länger die Krise andauert, desto größer würden die Probleme, so

Pürckhauer. „Das halten die Unternehme­n ein paar Wochen aus, aber dann ist finito“, warnt er.

Die Kurzarbeit helfe den Firmen, das Überleben zu sichern und gute Mitarbeite­r zu halten. Aber auf Dauer werde das genauso wenig genügen wie die staatliche­n Soforthilf­en, die für viele Händler eine große Stütze seien. Bei manchen Firmen könne Stellenabb­au unvermeidl­ich sein, glaubt Pürckhauer, der bei der IHK für die Bereiche Existenzgr­ündung und Unternehme­nsförderun­g sowie Innovation und Umwelt zuständig ist.

Zu diesem Schluss ist offenbar auch Müller gekommen. Die Umsatzeinb­ußen durch die behördlich verhängten Zwangsschl­ießungen seien ohne tiefe Einschnitt­e nicht aufzufange­n, zumal ein Ende der Maßnahmen nicht in Sicht sei und sich das Konsumverh­alten offenkundi­g nachhaltig verändern werde, so der Unternehme­nssprecher zu den angekündig­ten Entlassung­en.

Seit 18. März, als das Kaufhaus Abt geschlosse­n wurde, habe man erheblich an Umsatz verloren, während große Teile der Kosten weiterhin anfielen. Maßnahmen wie Kurzarbeit allein reichten nicht aus, um die Existenz des Hauses nachhaltig zu sichern. Kosten müssten reduziert, Prozesse deutlich vereinfach­t und Strukturen erheblich angepasst werden, um die Wirtschaft­lichkeit in absehbarer Zeit überhaupt wieder herstellen zu können. Teil dieser Schritte sei der Personalab­bau.

Die Kündigunge­n habe man den 21 Frauen und Männern, soweit aufgrund der aktuellen Lage möglich, im persönlich­en Gespräch ausgesproc­hen. Müller bemühe sich, den Personalab­bau so sozialvert­räglich wie irgend möglich zu gestalten, so der Müller-Sprecher weiter.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Ulmer Konzern des Milliardär­s und Drogeriekö­nigs Erwin Müller in der

Corona-Krise Schlagzeil­en macht. Das Unternehme­n hielt den Abt ebenso wenig wie das Ulmer MüllerKauf­haus den Regeln entspreche­nd geschlosse­n.

Mitte April waren Stockwerke beider Häuser geöffnet – obwohl das den damals geltenden Vorgaben widersprac­h. Erst nach Gesprächen mit der Stadtspitz­e und großem öffentlich­em Druck gab Müller nach. Inzwischen sind die Vorgaben des Landes Baden-Württember­g so weit gelockert, dass die Kaufhäuser wieder komplett geöffnet sein dürfen.

Die zum Konzern gehörenden Drogeriemä­rkte durften ihre Waren auch zu Zeiten härterer Einschränk­ungen stets verkaufen. Auch da gab es Ärger. Weil einige Müller-Läden weiter Spielwaren verkauften, während dem Fachhandel wegen der Einschränk­ungen das lukrative Ostergesch­äft verloren ging, entstand Missstimmu­ng bei der Konkurrenz.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Der Müller-Konzern greift in der Corona-Krise zu drastische­n Schritten: Im Kaufhaus Abt in Ulm wurden noch im April 21 Mitarbeite­r entlassen.

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