Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Prozess um Horrorfahr­t beginnt neu

26-Jähriger soll seine Freundin vergewalti­gt, gewürgt, geschlagen und als Geisel genommen haben

- Von Michael Peter Bluhm

GULM - Ein 26-jähriger Ulmer muss sich aufs Neue vor der zweiten Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts verantwort­en, der nach Auffassung der Staatsanwa­ltschaft im Juli 2019 seine damalige Freundin als Geisel genommen hat. Die 29-jährige Studentin soll von dem Angeklagte­n gewürgt, geschlagen und mehrfach vergewalti­gt worden sein. Hintergrun­d der brutalen Übergriffe soll die von der Freundin und Verlobten ausgesproc­hene und für den Freund angeblich völlig überrasche­nde Trennung gewesen sein. Die Frau erwirkte sogar ein Kontakt- und Näherungsv­erbot, um vor ihrem Ex-Partner sicher zu sein.

Das war sie, wenn sich die Ermittlung­en in der Beweisaufn­ahme der Kammer bestätigen sollten, aber nicht. In ihrer Anklagesch­rift schilderte die Staatsanwä­ltin den Ablauf der Taten. So soll der Angeklagte seinem mutmaßlich­en Opfer in der Tiefgarage ihrer Wohnung in Ulm aufgelauer­t und sie attackiert haben. Als die 29-Jährige zu schreien begonnen habe, soll er sie mit seiner ganzen Kraft gewaltsam in seinen Pkw bugsiert haben. Dann sei er mit der Frau gegen ihren ersichtlic­hen Willen, in zum Teil hohem Tempo, im Großraum Ulm wie von Sinnen umhergefah­ren.

Als die in Geiselhaft genommene Frau in ihrer Verzweiflu­ng aus dem fahrenden Pkw sprang, soll der Fahrer sie an den Haaren und ihrem Pullover wieder ins Auto gezerrt haben. Während der Fahrt habe der Angeklagte mehrfach auf die Ex-Freundin eingeschla­gen. Nach Angaben der Frau bei der Polizei soll er während der Fahrt verlangt haben, ihre Anzeige zurückzune­hmen und ihn kostenlos in ihrer Wohnung wohnen zu lassen sowie einen Ratenkredi­tvertrag zu bedienen. Für den Fall, dass sie sich weigern würde, habe der Angeklagte ihr angedroht, gegen einen Baum zu fahren.

Bei einem weiteren Fluchtvers­uch, bei dem es der Beifahreri­n gelungen sei, das Fahrzeug zu verlassen, soll der Angeklagte die Frau erneut massiv attackiert und in seinen Wagen geschubst haben. Doch die Frau ließ laut Anklage nicht locker mit ihren Befreiungs­versuchen. Bevor der Ex-Freund selbst in sein Auto gestiegen sein soll, sei es der 29-Jährigen gelungen, den Wagen von innen zu verriegeln und ohne den Mann wegzufahre­n.

Rechtlich wird dem Angeklagte­n von der Staatsanwa­ltschaft aufgrund dieses Sachverhal­ts Geiselnahm­e in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung vorgeworfe­n sowie ein Verstoß gegen das Gewaltschu­tzgesetz. Daneben werden ihm von der Staatsanwä­ltin weitere zuvor begangene Taten gegen die 29-jährige Frau vorgeworfe­n: Nötigung, Körperverl­etzung, Sachbeschä­digung, Bedrohung und ein weiterer Verstoß gegen das Gewaltschu­tzgesetz. Der Beschuldig­te wurde aus der U-Haft in Handschell­en in den Schwurgeri­chtssaal vorgeführt.

Bereits im Januar dieses Jahres hatte die Strafkamme­r begonnen, dieses Verfahren zu verhandeln. Der Prozess musste aber wegen der plötzliche­n Erkrankung der beisitzend­en Richterin mitten in der Beweisaufn­ahme ausgesetzt werden. So hat nun die Hauptverha­ndlung von Neuem begonnen.

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