Fußball-Saison soll am 30. Juni enden
WFV will Lösung mit Aufstieg, aber ohne Abstieg – Entscheidung am 20. Juni
EHINGEN/STUTTGART (aw) - In Abstimmung mit den beiden badischen Verbänden spricht sich der Württembergische Fußballverband (WFV) für ein Saisonende zum 30. Juni 2020 aus. Dies gaben WFV, Badischer (BFV) und Südbadischer Fußballverband (SBFV) am Dienstag bekannt. Die derzeit ausgesetzte Runde würde damit abgebrochen, aber nicht annulliert. Von der Verbandsliga bis zu den Kreisligen der Männer und Frauen soll es keine Absteiger geben, aber Aufsteiger. Mit den Beschlüssen des WFV-Präsidiums werden sich nun Beirat und Verbandsvorstand befassen, wobei auch die Vereine bis 19. Mai die Möglichkeit zu einer Stellungnahme haben. Die endgültige Entscheidung über den Vorschlag soll dann bei einem außerordentlichen Verbandstag am 20. Juni fallen.
Am Dienstagvormittag gab der WFV die Beschlüsse der drei badenwürttembergischen Fußballverbände in einer Pressemitteilung bekannt, nachmittags in einer gemeinsamen Videopressekonferenz erläuterten die Verbandspräsidenten Matthias Schöck (WFV), Ronny Zimmermann (BFV) und Thomas Schmidt (SBFV) das Vorhaben, die Saison 2019/20 zum 30. Juni zu beenden. Zimmermann rechtfertigte die Zeit, die man sich seit Aussetzen des Spielbetriebs Anfang März bis zu der jetzt vorgeschlagenen Lösung genommen hatte. „Kein Verband in Deutschland hat eine Regelung für so einen Fall in der Schublade“, sagte Ronny Zimmermann. „Wir begeben uns auf rechtlich unbekanntes Terrain. Ich will da nicht von Glatteis sprechen, aber es kommt einem so vor. Daher muss man vorsichtig vorgehen.“Ein Jurist habe für jeden Landesverband alle denkbaren Szenarien beleuchtet – besonders mit Blick auf Haftungsrisiken „für die Verbände und handelnde Personen“. Ergebnis: Der Lösung mit Saisonende am 30. Juni sei am „haftungsschonendsten“, so der BFV-Präsident.
Ausgeschlossen sind Rechtsstreitigkeiten aber nicht, darauf wies auch WFV-Hauptgeschäftsführer Frank Thumm in der Videokonferenz hin. „Die Möglichkeit, dass Vereine gegen ihren Verband klagen, gibt es bei jedem Szenario, keines gewährt hundertprozentige Sicherheit“, so Thumm. „Bei einer Annullierung der Saison wäre das Risiko am höchsten.“
Doch auch bei der jetzt vorgeschlagenen Lösung mit Saisonende zum 30. Juni mit sportlichen Entscheidungen dürfte es Vereine geben, die damit nicht einverstanden sind. Der Beschluss der Verbände sieht vor, dass es keine Absteiger geben soll, der Tabellenerste jeder Liga aber aufsteigen darf – nachdem kaum mehr als die Hälfte der Spieltage absolviert waren und nicht alle Mannschaften gleich viele Spiele ausgetragen hatten, wird ein Quotient aus erzielten Punkten und ausgetragenen Spielen ermittelt. Sollten zwei oder mehrere Mannschaften denselben Quotienten haben, entscheidet erst die Tordifferenz und – bei erneuter Gleichheit – die Anzahl der mehr erzielten Treffer über die Platzierung. Die Mannschaft mit dem höchsten Quotienten „ist Meister und direkter Aufsteiger“, heißt es in der Pressemitteilung des WFV. Und: „Auf diese Weise ist gewährleistet, dass ein Aufsteiger anhand sportlicher Kriterien ermittelt werden kann.“
Gerecht ist laut WFV zudem, nur direkte Aufsteiger festzulegen und auf Aufstiegs- und Relegationsspiele zu verzichten, deren Teilnehmer ohnehin nur eine „Aufstiegschance“hätten. „Ob aus dieser Aufstiegschance ein Aufstiegsrecht erwächst, kann aber aus rechtlichen Gründen sportlich nicht ermittelt werden“, heißt es in der Pressemitteilung. Denn unklar ist, wann im Amateurfußball wieder Spiele ausgetragen werden dürfen. Die jüngsten Bund-Länder-Konferenzen hätten „keine Rechtslage für eine Rückkehr in den regulären Spielbetrieb in absehbarer Zeit erkennen lassen“. Eine Verordnung der Landesregierung sieht zwar vor, dass Freiluftsportanlagen ohne Körperkontakt seit Montag wieder in Betrieb genommen werden dürfen, sodass ein Training unter Beachtung strenger Vorgaben in Kleingruppen und ohne Körperkontakt stattfinden kann – doch sei weiterhin „nicht abschätzbar“, wann Mannschaftssport wieder erlaubt sein wird. Der WFV und die badischen Verbände sehen daher keine Möglichkeit mehr, die Meisterschaftsrunden regulär zu beenden.
Offen lassen wollen die Verbände allerdings die Möglichkeit, ihre Pokalwettbewerbe zu einem späteren Zeitpunkt auszutragen – dies gilt im Fall von Württemberg sowohl für die WFV-Pokal-Runde als auch für die Bezirkspokalwettbewerbe. „Hier können individuelle Lösungen mit den wenigen im Pokal verbliebenen Vereinen gesucht werden“, heißt es in der Pressemitteilung.
Die Meisterschaftssaison 2019/20 soll dagegen nach dem Willen des WFV wie auch der badischen Verbände vorbei sein und die Saison – was auch mit Blick auf die Wechselfrist, die damit unberührt bliebe, wichtig ist – am 30. Juni enden. Dass durch eine Entscheidung für Aufsteiger und gegen Absteiger die meisten Ligen in der kommenden Saison mehr Mannschaften haben, ist den Verbänden bewusst. In der Spielzeit 2020/21 soll es einen verschärften Abstieg geben, schreibt der WFV. „Das erscheint vertretbar.“
Am Freitag steht eine Beiratssitzung des WFV an, bis 20. Mai will der Verbandsvorstand entscheiden, ob man den jetzt vorgelegten Antrag weiterverfolgt. Bis dahin wollen die Verbände aber auch noch die Meinung ihrer Vereine hören. Das letzte Wort haben dann die Delegierten beim außerordentlichen Verbandstag am 20. Juni. „Mir ist bewusst, dass sich viele Vereine eine frühere verbindliche Entscheidung wünschen. Aber es ist uns wichtiger, dass auch die Delegierten eines außerordentlichen Verbandstages durch ihr Votum unsere Haltung bestätigen“, so WFV-Präsident Matthias Schröck.
Alternativlos ist der Vorschlag für ein Saisonende zum 30. Juni aber nicht. „Im Rahmen der Beschlussfassung soll auch die Möglichkeit bestehen, alternativ für eine Saisonfortsetzung ab 1. September zu stimmen“, schreibt der WFV. Diese Alternative, wie vom Bayerischen Fußballverband beschlossen, haben Schöck und seine badischen Kollegen in den vergangenen Wochen ebenfalls geprüft. Sie haben dabei aber erhebliche rechtliche Bedenken, sehen sportliche Risiken und die Gefahr von Wettbewerbsverzerrung. Die bessere Löung ist für sie der Schlussstrich zum 30. Juni.