Der letzte Weg in Zeiten der Krise
Wie die Hospizgruppe Ehingen trotz Corona Sterbende und Trauernde begleiten kann
GEHINGEN - Sie begleiten Menschen auf dem letzten Abschnitt des Lebensweges: 36 Ehrenamtliche engagieren sich derzeit in der Hospizgruppe Ehingen. Eine gewisse Schwere, Tränen und auch manchmal Wut ist bei diesem Ehrenamt unumgänglich. Für diese Arbeit braucht es deshalb persönlich Nähe und Vertrauen. Doch in Zeiten von Corona ist Kreativität gefragt. Denn die Arbeit der Hospizgruppe wird trotz oder gerade wegen der Krise dringend gebraucht.
Seit Gründung der Hospizgruppe Ehingen 1996 ist Gabi Zügn mit Leib und Seele bei ihrem Ehrenamt dabei. Wer Sterbende begleitet, der hat schon viel erlebt. Doch so eine Situation wie diese derzeit ist auch für Gabi Zügn und alle anderen Mitglieder der Gruppe eine Bewährungsprobe. Denn wie soll die Begleitung gelingen, wenn Abstand und so wenig Kontakt wie möglich zu anderen derzeit das Gebot der Stunde ist? Gabi Zügn erinnert sich an die dynamische Entwicklung vor einigen Wochen: „Noch im November hatte eine neue Gruppe ihre Ausbildung abgeschlossen. Diese zehn Leute wollten wir dann im März bei einem Wochenende mit den Erfahrenen zusammenbringen, damit man sich kennenlernt. Doch erst hat die Referentin abgesagt und dann kamen die Kontaktbeschränkungen. Aus dem Treffen wurde also nichts.“
Auswirkungen hatten diese Kontaktbeschränkungen dann auch schnell auf die eigentliche Arbeit der Ehrenamtlichen. Sämtliche Angebote
mussten auf unbestimmte Zeit eingestellt werden. So etwa das Trauercafé oder die Trauerwanderungen. Auch die Sterbenden, die in Seniorenheimen wohnen oder sich im Krankenhaus befinden, konnten nicht mehr besucht werden. „Unsere Arbeit musste also stark zurückgefahren werden“, so Gabi Zügn.
Trotzdem wollen sich die Ehrenamtlichen weiter um Menschen im Sterben und die Angehörigen kümmern, ein Besuch könnte mit bestimmten Maßnahmen sogar weiterhin stattfinden. „Wer sich meldet und das wünscht, zu dem kommen wir natürlich ins private Haus“, so die Ehrenamtliche. Viele Gespräche werden ihr zufolge jetzt aber über das Telefon geführt – auch Briefe an die Menschen im Sterben sollen das Gefühl vermitteln, dass niemand in dieser Situation allein gelassen wird. Denn das ist der Grundgedanke hinter der Hospizarbeit: Menschen in Würde sterben lassen, sie begleiten und die Angst nehmen, keinen alleine sterben lassen. Doch die Krise könne genau das nun verstärken, Menschen einsam machen und isolieren.
Gabi Zügn und die anderen Ehrenamtlichen wollen dem entgegenwirken und darauf aufmerksam machen, dass sie weiterhin begleiten, wenn auch teilweise eingeschränkt. Auch Angehörige, die Unterstützung in der Situation brauchen, könnten sich jederzeit melden. Denn unter der Krise leide auch die Trauer- und Beerdigungskultur. Abschied nehmen in Ausnahmesituationen verursacht da schnell schwere Gefühle. „Es ist wichtig, zu signalisieren, dass hier eine große Not in der Krise entsteht. Das alles muss später einmal gut aufgearbeitet werden“, so Zügn. Die Ehrenamtliche wünscht sich auch, dass das Thema Tod nicht einfach beiseite geschoben wird, wenn es unangenehm wird. Sterben gehört zum Leben.
Was den Ehrenamtlichen in ihrer Arbeit derzeit besonders schwer falle, seien die Berührungen und Umarmungen,
die jetzt eigentlich vermieden werden sollten, einem Menschen in Trauer oder im Sterben aber so viel Wärme schenken könnte. Doch die Hospizgruppe versucht, so gut es geht zu begleiten und zu unterstützen. Hoffnung vor allem für die pausierenden Besuche in Seniorenheimen, sind die neuen Regelungen der Landesregierung. Bisher war kein Besuch gestattet, ab sofort kann zumindest eine Person einen Bewohner besuchen – und die Lockerungen sollen in naher Zukunft noch weiter gehen, sodass auch die Ehrenamtlichen der Hospizgruppe wieder in die Einrichtungen können.
„Die Krise geht an keinem spurlos vorbei. Wir alle sind sozial zurückgefahren. Deshalb müssen wir uns um die Menschen sorgen“, sagt Gabi Zügn ganz allgemein betrachtet, aber auch spezifisch auf ihre Arbeit gerichtet.
Wie wichtig diese Fürsorge ist, erlebt sie auch in ihrem beruflichen Alltag, denn sie ist Intensiv-Krankenschwester und betreut derzeit auch Corona-Patienten. „Das hat mich damals auch zur Hospizarbeit gebracht. Ich wusste schnell, dass ich da gerne Arbeit reinstecken möchte, die Menschen zu begleiten“, sagt sie. Die Ehrenamtliche ist zuversichtlich, dass die Hospizarbeit trotz Krisensituation weitergehen kann, „denn es wird immer einen Weg geben, dass wir den Menschen mit Rat und Tag zur Seite stehen.“Sie ist immer wieder berührt über das Engagement der anderen Gruppenmitglieder. „Die Ehrenamtlichen nehmen sich stets die Zeit und eine große Bereitschaft ist da“, freut sich Gabi Zügn.