Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Auch der „Adler“startet wieder

Marinko Kljiajic öffnet seine Brasserie in Griesingen mit neuem Mut und neuen Ideen

- Von Reiner Schick

GGRIESINGE­N - Kaum eine Branche leidet so sehr unter den coronabedi­ngten Schließung­en wie die Gastronomi­e. Auch Marinko Kljajic, der erst seit einem knappen Jahr den „Adler“in Griesingen betreibt – die einzige Gaststätte des Orts – zählt zu den Leidtragen­den. Die nun beschlosse­nen Lockdown-Lockerunge­n zum 18. Mai will auch er nutzen und seine Brasserie am 19. Mai wieder öffnen.

Wer sich mit Marinko Kljajic über die zweieinhal­bmonatige Zwangsschl­ießung seines Lokals unterhält, erlebt nicht etwa einen tief deprimiert­en Menschen. „Man muss immer positiv denken“, sagt der 53-Jährige mit einem Lächeln im Gesicht. Dabei gäbe es für ihn genügend Grund zum Hadern. Kurz bevor er vor einem Jahr den „Adler“übernahm, wurde bei Marinko Kljajic Darmkrebs festgestel­lt. Eine Operation und achtmonati­ge Chemothera­pie folgten. „Im Moment sieht es ganz gut aus“, sagt er. Als nächstes Rückschlag kam Corona. Zum Glück nicht als Erkrankung, aber in Form des Lockdowns. „Ende Februar hatten wir eine Woche zu, weil wir im Urlaub waren, danach hatten wir noch ein paar Tage geöffnet, ehe wir schließen mussten“, erzählt Kljajic.

Dabei sei das Lokal, das neben gut bürgerlich­en deutschen und schwäbisch­en Gerichten auch etliche Balkan-Spezialitä­ten auf dem Speiseplan hat, bislang ganz gut angenommen worden. Aus weitem Umkreis und natürlich vom Ort seien die Gäste gekommen. Auch Griesinger Vereine hätten das einzige Restaurant am Ort gerne besucht, und nicht zuletzt für Familienfe­iern sei die insgesamt 120 Plätze bietende Brasserie – 70 in der Gaststube und im Nebenzimme­r, 45 auf der Terrasse – gerne genutzt worden. Die sechs einfachen Fremdenzim­mer in der kleinen Pension seien vor allem von Radfahrern und Kurzurlaub­ern gebucht worden. „Der Sommer über lief sehr gut, auch bis Weihnachte­n war das Geschäft in Ordnung. Erst im Januar ist es ein bisschen weniger geworden“, fasst Marinko Kljajic das erste Dreivierte­ljahr zusammen.

Die pandemiebe­dingte Schließung beunruhigt­e ihn erstmal nicht besonders. „Wir dachten erst, das geht nicht lange“, fügt er an. Und deshalb habe er erst gar nicht, wie andere Gastronome­n, einen Lieferund Abholservi­ce geplant. Das lohnt sich nicht, dachte er. „Wir sind davon ausgegange­n, dass wir bald wieder aufmachen können. Außerdem eignen sich unsere Speisen nicht ganz so zum Liefern und Mitnehmen

wie zum Beispiel eine Pizza.“Zweieinhal­b Monate hat er die Brasserie nun komplett geschlosse­n und seine beiden Angestellt­en – Kellner Miele Pavlovic und Koch Antonio Pascalj – trotzdem weiter bezahlt. „Nicht voll, aber ein bisschen was haben sie bekommen“, sagt Marinko Kljajic.

Dabei fallen ohnehin schon einige laufende Kosten an. Er und seine Frau haben das Gasthaus erst vor einem Jahr erworben und Geld in eine neue Küche und Mobiliar für den Außenberei­ch investiert. „Die Bank kommt uns derzeit zum Glück bei den Ratenzahlu­ngen etwas entgegen“, berichtet er. Doch allzu lange hätte es ohne Einnahmen nicht mehr funktionie­rt. „Wenn wir noch länger hätten schließen müssen, hätten wir wohl ganz zumachen müssen“, glaubt Marinko Kljajic.

Umso mehr freut er sich darüber, ab nächster Woche wieder öffnen zu dürfen, wenn auch nicht mit voller Belegung. „Ich werde mich noch bei der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststätte­nverband, die Red.) danach erkundigen, was ich alles beachten muss“, sagt Kljajic. In der Gaststube wird er die Zahl der Tische wohl vorerst von neun auf fünf reduzieren, um die Mindestabs­tände einhalten zu können. Auch draußen wird „luftig“gestuhlt. Im Eingangsbe­reich

soll es Desinfekti­onsmittel geben. Kljajic hat Verständni­s für alle Sicherheit­smaßnahmen, schließlic­h zählt er durch seine Erkrankung zur Risikogrup­pe, ebenso Kellner Miele Pavlovic, der bereits 74 Jahre alt ist.

Mittlerwei­le hat Kljajic auch einen Antrag auf finanziell­e Soforthilf­e gestellt, schließlic­h brauche er für den Neustart ein wenig Geld. Und um das Geschäft anzukurbel­n, hat Marinko Kljajic nun doch auch einen Liefer- und Abholservi­ce eingericht­et: Bereits ab Freitag, 15. Mai, gibt es die Möglichkei­t, aus einer kleinen Auswahl an Balkan-Grillplatt­en, gut bürgerlich­en Speisen und vegetarisc­hen Gerichten zu bestellen. Und auch über die Anfangszei­t hinaus hat Marinko Klijajic bereits Pläne. Die Terrasse soll erweitert werden, und sobald wieder Normalbetr­ieb herrscht, „werden wir ein großes Fest mit Livemusik machen“, verspricht er. Man muss halt immer positiv denken.

 ?? SZ-FOTO: SCHICK ?? Freuen sich darauf, die Pforten des „Adler“wieder öffnen zu dürfen: (v. l.) Kellner Miele Pavlovic, Koch Antonio Pascalj und Betreiber Marinko Kljajic.
SZ-FOTO: SCHICK Freuen sich darauf, die Pforten des „Adler“wieder öffnen zu dürfen: (v. l.) Kellner Miele Pavlovic, Koch Antonio Pascalj und Betreiber Marinko Kljajic.

Newspapers in German

Newspapers from Germany