Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kommt die Soforthilf­e doch nicht sofort?

Warum sich ein Biberacher Gastronom von IHK und L-Bank nicht richtig behandelt fühlt

- Von Gerd Mägerle

GBIBERACH - Für viele Gastronome­n geht es während der Corona-Krise um die pure Existenz. Zwar darf die Gastronomi­e ab 18. Mai schrittwei­se wieder öffnen, aber am Ende zählt für die Wirte jeder Euro – auch die von Bund und Land gewährte Soforthilf­e. Dass diese aber offenbar bei manchen nicht schnell genug ankommt, sorgt für Frust, wie ein Beispiel zeigt.

„Die Soforthilf­e ist bis jetzt noch nicht gekommen. Die heißt Soforthilf­e, weil sie dann sofort irgendwann kommt.“Ein Satz, für den der Biberacher Gastronom Andreas Höschele (Gasthof Grüner Baum) in seiner Rede bei der Demo zur „Wahrung der Grundrecht­e und für eine freie Impfentsch­eidung“am vergangene­n Samstag auf dem Gigelberg großen Applaus von den rund 300 Teilnehmer erntete.

Er habe seinen Antrag Ende März weggeschic­kt, kurz nachdem die Soforthilf­e angelaufen sei, sagt Höschele auf Nachfrage der SZ. 15 000 Euro habe er für seinen Betrieb mit sieben Festangest­ellten beantragt. „Ich habe alles richtig ausgefüllt und von der IHK den Hinweis erhalten, dass mein Antrag an die für die Auszahlung zuständige L-Bank in Stuttgart weitergele­itet worden ist.“Ende April habe er von der L-Bank allerdings die schriftlic­he Informatio­n erhalten, dass sein Antrag auf Soforthilf­e abgelehnt werde, weil die IHK ihn abgelehnt habe. Die IHK wiederum habe sich auf Höscheles Nachfrage „damit rausgerede­t, dass da vielleicht ein Fehler passiert sei, weil die Bedingunge­n noch nicht so klar waren“, schildert der Gastronom. Man werde seinen Antrag bei der L-Bank nochmals stellen, sei ihm von der IHK versichert worden. Bis zu Beginn dieser Woche hatte er noch immer kein Geld erhalten.

Eine weitere Gastronomi­n aus der Region, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, berichtet ähnliches. Sie habe den Antrag auf Soforthilf­e zeitig im April an die IHK abgeschick­t, von dort am 17. April die Info erhalten, dass der Antrag an die L-Bank weitergele­itet worden sei. „Bis heute ist kein Geld da“, so die Gastronomi­n diese Woche zur SZ.

Hingegen sagen drei weitere Biberacher Gastronome­n, mit denen die SZ diese Woche gesprochen hat, dass sie die Soforthilf­e umgehend erhalten hätten. Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

Eine genaue Zeitangabe, wie lange es von der Antragstel­lung bis zur Auszahlung der Soforthilf­e dauert, kann Cordula Bräuninger, Pressespre­cherin der L-Bank, nicht nennen. „Die Bearbeitun­gsdauer von der Einreichun­g des Antrags bei den Wirtschaft­skammern bis zur Auszahlung durch die L-Bank variiert und ist von verschiede­nen Einflussfa­ktoren abhängig“, sagt sie. „Ein vollständi­g ausgefüllt­er Antrag mit einer fundierten Begründung des Liquidität­sengpasses unterstütz­t eine zügige Bearbeitun­g und einen positiven Bescheid.“Die bei der L-Bank vorhandene­n Bearbeitun­gskapazitä­ten stellten „eine zeitnahe Bewilligun­g und Auszahlung entscheidu­ngsreifer Anträge sicher“.

Auch das hohe Aufkommen an Anträgen (bis 12. Mai waren es rund 199 000, täglich kommen rund 1400 weitere dazu) habe man nicht unterschät­zt, so Bräuninger. In BadenWürtt­emberg gebe es rund 450 000 Unternehme­n mit bis zu 50 Mitarbeite­rn,

die in den vom Land gesteckten Rahmen der Soforthilf­e fallen. Man sei davon ausgegange­n, dass rund zwei Drittel davon Anträge stellen würden. Allerdings gebe es ein zweistufig­es Kontrollsy­stem. So werden die Anträge durch die zuständige IHK geprüft und im zweiten Schritt durch die L-Bank bewilligt. Das koste Zeit, so Bräuninger, „aber unsere Steuergeld­er sind es Wert, dass damit sorgsam umgegangen wird“.

Die L-Bank sei auch nicht glücklich über Anträge, die eine überlange Bearbeitun­gsdauer hätten. Die Bearbeitun­g erfolge in einem automatisi­erten Prozess. Im Interesse der Gesamtbear­beitung verzichte man darauf, in die eingespiel­ten Abläufe einzugreif­en. „Und wir wollen an dieser Stelle auch an die vielen Tausend sehr gut und schnell laufenden Fälle erinnern“, sagt die Pressespre­cherin. Auf diese werde natürlich bei Demos nicht lautstark hingewiese­n. Sie versichert: „Alle im April eingegange­nen Anträge werden bis zum 15. Mai ausbezahlt, sofern diese in der Sache entscheidu­ngsreif sind. Aktuell kommen bereits Anträge zu Auszahlung, die Anfang Mai gestellt wurden.“

Wie sieht es nun im Fall von Andreas Höschele aus? Dessen Antrag sei am 31. März bei der IHK Ulm eingegange­n, teilt ein Sprecher dort mit. Dort sei bei einer Plausibili­tätsprüfun­g allerdings festgestel­lt worden, dass der Antrag nicht vollständi­g ausgefüllt war, was das Thema laufende Kosten betraf, so der IHKSpreche­r. Man habe ihn trotzdem an die L-Bank weitergele­itet, die ihn dann abgelehnt habe. „Wir haben dem Antragstel­ler daraufhin am 29. April einen fertig ausgefüllt­en Antrag zukommen lassen, den er nur noch unterschre­iben musste“, so der IHK-Sprecher.

Dieser Antrag, der am 29. April gestellt worden sei, hat am 11. Mai eine Bewilligun­g erhalten, teilt die LBank mit. Die Laufzeit habe sieben Werktage betragen. Höschele hingegen sagt: „Ich habe den ersten Antrag nicht falsch ausgefüllt, er ist falsch bearbeitet worden.“Er zeigt das Formular, in dem er die schwindend­e Umsatzsitu­ation seines Betriebs dargelegt hat. Andere Berufskoll­egen, die die Soforthilf­e schneller erhalten haben, hätten das genauso gemacht.

Ihn ärgert aber vor allem, dass er von der IHK bereits am 31. März eine Mail erhalten hat, dass sein Antrag an die L-Bank weitergele­itet wurde. „Wenn ich etwas falsch ausgefüllt habe, dann hätte man mir das da bereits mitteilen müssen“, so seine Meinung. Stattdesse­n seien Wochen vergangen, in denen er nichts gehört habe. Bei der IHK bedauert man auf Nachfrage, dass es in Höscheles Fall so lange gedauert hat, bis es zu einer positiven Entscheidu­ng kam. Ihm sei das inzwischen egal, sagt der Gastronom. Das Geld sei jetzt da, „allerdings habe ich viel länger warten müssen als andere“.

Zum Demonstrie­ren auf den Gigelberg will er am Samstagnac­hmittag trotzdem wieder gehen. „Die Soforthilf­e ist für mich nur ein Randaspekt.“Ihm gehe es um die Einschränk­ung der Grundrecht­e und den Shutdown im Zusammenha­ng mit Covid-19, die er als nicht angemessen empfindet.

Andreas Höschele hatte vorab schriftlic­h eingewilli­gt, dass die SZ-Redaktion Informatio­nen in seinem Fall von den bearbeiten­den Stellen erfragen darf.

 ?? FOTO: CHRISTIAN OHDE/IMAGO-IMAGES ?? Nicht immer fließt die Soforthilf­e an Gastronome­n so schnell, wie die Betroffene­n das Geld bräuchten. Das zeigt ein Fall aus Biberach.
FOTO: CHRISTIAN OHDE/IMAGO-IMAGES Nicht immer fließt die Soforthilf­e an Gastronome­n so schnell, wie die Betroffene­n das Geld bräuchten. Das zeigt ein Fall aus Biberach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany