Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Scharfmach­er Kalbitz muss gehen

Bisheriger AfD-Landesvors­itzender in Brandenbur­g wird aus der Partei ausgeschlo­ssen

- Von Anne-Béatrice Clasmann

GBERLIN (dpa) - Der rechtsnati­onale Flügel der AfD hat im internen Machtkampf eine herbe Niederlage erlitten. Der Bundesvors­tand der Partei entschied am Freitag nach mehrstündi­ger Sitzung in Berlin, einem ihrer wichtigste­n Vertreter – dem bisherigen AfD-Landesvors­itzenden in Brandenbur­g, Andreas Kalbitz – wegen früherer Kontakte zu rechtsextr­emistische­n Gruppen die Mitgliedsc­haft abzuerkenn­en.

Ob sein Rauswurf den Austritt einer größeren Anzahl von AfD-Mitglieder­n nach sich ziehen wird, ist noch offen. Vorerst wohl nicht, denn Kalbitz will sich juristisch zur Wehr setzen. Eins ist aber jetzt schon gewiss: Diese Entscheidu­ng wird Schockwell­en in der Partei auslösen.

Zumindest Parteichef Jörg Meuthen dürfte, wenn das Ausscheide­n von Kalbitz weitere Funktionär­e des Rechtsauße­n-Flügels aus der Partei treiben sollte, darüber nicht unglücklic­h sein. Denn er und seine Unterstütz­er sind zwar auch gegen eine liberale Flüchtling­spolitik. Den zuletzt gewachsene­n Einfluss der sogenannte­n Neuen Rechten auf die Partei sieht der wirtschaft­sliberale Volkswirt aber mit großem Misstrauen.

Außerdem fürchtet er, ein weiteres Erstarken der rechtsnati­onalen Kräfte in der AfD könnte langfristi­g dazu führen, dass die gesamte Partei ein Fall für den Verfassung­sschutz wird. Vor allem in den östlichen Landesverb­änden der AfD, wo die Rechtsnati­onalen besonders zahlreich sind, können viele diese Sorge nicht verstehen.

Der Inlandsgeh­eimdienst beobachtet die maßgeblich von Kalbitz und dem Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke gesteuerte Strömung der Partei, die bis vor einigen Tagen noch unter dem Namen „Flügel“firmierte, seit März als rechtsextr­emistische Gruppierun­g. Das hat die Kontrovers­e zwischen den Rechtsnati­onalen und denen, die sich selbst als Gemäßigte bezeichnen, noch einmal verschärft. Vor allem Beamte in der AfD fragten sich, ob das für sie berufliche Konsequenz­en nach sich ziehen könnte. Bei Meuthen, der einst ein gern gesehener Gast bei den alljährlic­hen „Kyffhäuser­treffen“des „Flügels“war, hat das Umdenken schon etwas früher begonnen. Spricht man ihn heute darauf an, dass er Kalbitz vor Jahren noch verteidigt hatte, räumt Meuthen ein, er habe für diesen Erkenntnis­prozess wohl etwas länger gebraucht.

Dass sich im Parteivors­tand jetzt eine Mehrheit gegen Kalbitz gestellt hat, hat auch damit zu tun, wie die Hinweise auf rechtsextr­eme Bezüge in seiner Vita ans Licht gekommen sind: durch Medienberi­chte und interne Gutachten des Verfassung­sschutzes, die ihren Weg an die Öffentlich­keit fanden. Kalbitz räumte manches ein, relativier­te anderes. Am Schluss wollten Parteifreu­nde, die sich über diese „Salamitakt­ik“ärgerten, dann doch lieber alles schriftlic­h und im Detail von ihm wissen. Nach dem Motto: Wer weiß, was da noch alles kommt.

„Wer bei seiner Aufnahme vorsätzlic­h falsche Angaben macht, hat jedes Vertrauen verspielt“, sagt Georg Pazderski, Vorsitzend­er der AfDFraktio­n im Berliner Abgeordnet­enhaus. Er wertet den Beschluss des Parteivors­tandes als „deutliches Zeichen, dass wir es mit dem Kampf gegen rechtsextr­emes Gedankengu­t in den eigenen Reihen sehr ernst nehmen“.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Andreas Kalbitz wird aus der AfD ausgeschlo­ssen.

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