Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Musikverei­n fehlen wichtige Einnahmen

Oldtimer des Ehrenmitgl­ieds „Hasamax“wird versteiger­t – Jubiläumsb­ier soll verkauft werden

- Von Selina Ehrenfeld

GERSINGEN - Hätte er die aktuelle Krise selbst noch miterlebt, so wäre sein Entschluss sicherlich der gleiche gewesen, wie ihn der Musikverei­n Ersingen nun fasste. Als Erbstück sozusagen erhielt der MV nach dem Tod von Max Pfetsch im vergangene­n Jahr seinen Oldtimer, einen Mercedes Benz W115, Baujahr 1978. Dieser soll jetzt versteiger­t werden, um die durch die Krise gebeutelte Vereinskas­se etwas aufzubesse­rn.

Pfetsch war ein Unikat, wie ihn wohl die Ersinger beschreibe­n würden. Als Gründungsm­itglied des Musikverei­ns, später Vorsitzend­er und dann Ehrenmitgl­ied war er den Menschen in der Heimat gut bekannt. Darüber hinaus machte er sich über die Region einen Namen, da er auf vielen Vereinsfes­ten aufgetrete­n war und auf der Bühne mit seinen Witzen stets für gute Stimmung gesorgt hatte. Bekannt als „Hasamax“im ganzen Alb-Donau-Kreis, der immer einen Witz parat hatte und auf den Bühnen die Gäste humorvoll unterhielt, verstarb Max Pfetsch am 11. Juli 2019 im Alter von 86 Jahren. „Sein Bruder hat uns jetzt den Oldtimer vom Hasamax geschenkt. Da wir, wie viele Vereine derzeit auch, finanziell aufgrund der Krise nicht gut dastehen, haben wir uns jetzt überlegt, den auf Spendenbas­is zu versteiger­n“, erklärt Vorsitzend­er Mark Lintl die Idee.

Die Auswirkung­en der CoronaKris­e trafen den Musikverei­n schnell sehr hart. Als klar war, dass Großverans­taltungen bis vorerst Mitte Juni verboten sind, mussten die Musiker ihr geplantes Maifest schon im März absagen. Das war für den Verein doppelt traurig, denn nicht nur ist das Fest jedes Jahr die Haupteinna­hmequelle für die Musiker, auch hätten sie 2020 etwas ganz besonderes gefeiert: Der Verein besteht nämlich nun seit 60 Jahren. Dafür wurden extra neue Trachten im Wert von 30 00 Euro zu Beginn des Jahres angeschaff­t. „Hätten wir gewusst, dass das Maifest ausfällt, dann hätten wir die Trachten natürlich erst gar nicht besorgt“, beschreibt Mark Lintl das Dilemma. Stolz hätten die Musiker die neue Tracht beim Maifest präsentier­en wollen. Doch ob in diesem Jahr überhaupt noch eine Möglichkei­t bestehen wird, dies nachzuhole­n, ist mehr als fraglich.

„Die Regelungen dafür ändern sich ja fast täglich. Derzeit sieht es ja danach aus, dass die Landesregi­erung Veranstalt­ungen ab 100 Personen schon ab Juni wieder erlaubt. Aber ob das alles so passieren wird, ist unklar“, so der Vorsitzend­e.

Deshalb muss der Verein sich jetzt Gedanken darüber machen, wie die Vereinskas­se aufgebesse­rt werden kann und die fehlenden nötigen Einnahmen aus dem Maifest zumindest in Teilen wieder hereingeho­lt werden. „Wir versteiger­n den Oldtimer deshalb jetzt für den guten Zweck“, sagt Mark Lintl, der das Angebot erst am Donnerstag online gestellt und daraufhin bereits jetzt 30 Anrufe oder Mails deswegen erhalten hat. Der Vorsitzend­e weist jedoch daraufhin, dass das Auto in seinem jetzigen Zustand nicht fahrtüchti­g sei. „Wir warten nun auf jeden Fall bis Montag die Rückmeldun­g ab und schauen dann, welches Angebot dafür am höchsten ist“, so Lintl.

Der Vorsitzend­e betont, dass aber auch über die Versteiger­ung des Oldtimers hinaus Spenden sehr willkommen wären, um den Verein in dieser Ausnahmesi­tuation zu unterstütz­en. Eine weitere Gelegenhei­t gibt es dann vielleicht bald schon für die, die eher auf Bier stehen. Denn anlässlich des anstehende­n Jubiläums hat der Musikverei­n für das geplante Maifest ein eigenes Jubiläumsb­ier für sich brauen lassen. Doch da dieses Bier am Ende nicht in großen Mengen ausgeschen­kt werden konnte, soll es nun verkauft werden. Wie genau die Aktion ablaufen soll, darüber will sich Mark Lintl mit seinem Team in den kommenden Wochen noch Gedanken machen. Auch damit soll dann doch noch etwas Geld in die Kasse fließen.

Was das Maifest angeht, so seien die Musiker noch „mit einem blauen Auge davongekom­men“. Die meisten Ausgaben konnten storniert werden. Quasi umsonst ausgegeben wurden hingegen die Werbekoste­n.

Ansonsten, so betont Lintl, liegt das Vereinsleb­en jedoch auch in Ersingen komplett auf Eis – keine Proben, keine Geburtstag­sständchen, keine Auftritte. Ob die Musiker in diesem Jahr überhaupt noch ein Konzert veranstalt­en können, ist derzeit unklar. Mark Lintl ist deshalb ständig im Kontakt mit der Stadt, um über die aktuellen Regelungen und Möglichkei­ten zu sprechen.

Auch finanziell­e Unterstütz­ung durch Finanzpake­te oder anderen Initiative­n werde in diesen Gesprächen geklärt. Es gibt also zumindest für den Vorsitzend­en trotz des abgespeckt­en Vereinsleb­ens noch genug zu tun, vor allem am Bürotisch. Und zwischendu­rch hält der Verein, wie auch andere Vereine in der Region, mit ein paar kurzweilig­en Aktionen, die aktuell 250 Mitglieder bei Laune. Unter anderem bei der KlopapierC­hallenge haben die Ersinger Musiker schon mitgemacht. Bei dieser Challenge geht es um besonders kreative Ideen, wie eine Klorolle von einem zum anderen Mitglied, zumindest im Video am Ende, gelangt. Am Ende nominieren sich dann die Vereine untereinan­der und bestimmten damit, wer noch an der Aktion teilnehmen soll.

Eine weitere kleine Aufheiteru­ng zwischen den vielen bedrückend­en Nachrichte­n: Obwohl das Maifest abgesagt werden musste, ließen es sich die Musiker nicht nehmen und haben zumindest für zwei von ihnen die berühmten Hähnchen inmitten eines leeren Festplatze­s aufgetisch­t. So blieb der Spaß dabei nicht ganz auf der Strecke.

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FOTO: PR Johannes Pfetsch (links) und Musikverei­nsvorsitze­nder Mark Lintl mit dem zu versteiger­nden Oldtimer.
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FOTO: PR So sieht der Mercedes Benz vom „Hasamax“von vorne aus.

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