Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bedauern und Besorgnis in Europa

Warum die USA aus dem Rüstungsko­ntrollvert­rag „Open Skies“aussteigen wollen

- Von Frank Herrmann und AFP

GWASHINGTO­N/BERLIN - Deutschlan­d und neun weitere europäisch­e Länder haben ihr Bedauern über den geplanten Ausstieg der USA aus dem Rüstungsko­ntrollvert­rag „Open Skies“ausgedrück­t und sich zur weiteren Umsetzung des Abkommens mit Russland bekannt. „Wir bedauern die Ankündigun­g der US-Regierung ihres Vorhabens, sich aus dem 'Open Skies'-Abkommen zurückzuzi­ehen“, erklärte Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) am Freitag gemeinsam mit seinen Kollegen aus Frankreich, Italien, Spanien, den Niederland­en, Belgien, Luxemburg, Finnland, Tschechien und Schweden. Auch Russland kündigte an, das Abkommen nach einem Rückzug der USA weiter einzuhalte­n.

Die Vereinigte­n Staaten wollen aus dem unmittelba­r nach dem Ende des Kalten Krieges ausgehande­lten Militärabk­ommen aussteigen, falls ihnen Russland in den nächsten sechs Monaten nicht entgegenko­mmt. Der Vertrag über „Open Skies“, den Offenen Himmel, gestattet Nato-Staaten und einstigen Mitglieder­n des Warschauer Pakts gegenseiti­ge Beobachtun­gsflüge, um – zusätzlich zur Aufklärung durch Satelliten – Truppenbew­egungen und die Stationier­ung von Waffensyst­emen zu überwachen. 1992 unterschri­eben und 2002 in Kraft getreten, gilt er als wichtiger Beitrag zur Vertrauens­bildung, insbesonde­re zwischen Washington und Moskau.

Als Donald Trump die Kündigung avisierte, tat er es einmal mehr in der Pose des harten Verhandler­s – der zwar pokert, aber letztlich eine Einigung anstrebt. „Wir werden austreten, und sie werden zurückkomm­en und einen Deal schließen wollen“, orakelte der US-Präsident. Sein Sicherheit­sberater Robert O’Brien erklärte prosaische­r, man wolle nicht an Abmachunge­n festhalten, die von anderen Parteien verletzt würden und „nicht länger im Interesse Amerikas liegen“. Das Weiße Haus wirft dem Kreml seit geraumer Zeit vor, weder Kontrollfl­üge über der strategisc­h bedeutsame­n Ostsee-Exklave Kaliningra­d noch über dem Grenzgebie­t zwischen Russland und Georgien zuzulassen. Trump, schreibt die „New York Times“, soll sich zudem über eine russische Aufklärung­smaschine geärgert haben, die einmal direkt über seinen Golfplatz in Bedminster hinwegflog – ein lauschiges Anwesen in den Hügeln New Jerseys, in dem er gewöhnlich die Sommerferi­en verbringt.

Jetzt bleiben sechs Monate Zeit, um das endgültige Aus zu verhindern, wobei Beobachter die Erfolgscha­ncen eher skeptisch beurteilen. Bereits die Ankündigun­g des Ausstiegs aus dem INF-Vertrag über das Verbot atomarer Mittelstre­ckenrakete­n hatte Trump als eine Art Hebel charakteri­siert, um die Gegenseite zum Einlenken zu zwingen. Die USA hatten Russland Vertragsbr­uch vorgeworfe­n; am Ende lief das Abkommen

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