Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Was Trump wirklich will

- G» Von Frank Herrmann politik@schwaebisc­he.de

aus, ohne dass Kompromiss­e gefunden wurden. Ähnliches könnte sich demnächst wiederhole­n.

Die Opposition indes will versuchen, dem Präsidente­n die Hände zu binden. Nach einem von Edward Markey, einem Senator aus Massachuse­tts, und Jimmy Panetta, einem Kongressab­geordneten aus Kalifornie­n, eingebrach­ten Gesetzentw­urf soll sich das Weiße Haus nur dann aus dem Vertrag zurückzieh­en dürfen, wenn beide Parlaments­kammern zustimmen. Es würde bedeuten, dass die Demokraten, im Repräsenta­ntenhaus in der Mehrheit, dem Staatschef in die Parade fahren könnten. Der republikan­ische Senator Ted Cruz wiederum applaudier­t einem in seinen Worten überfällig­en Schritt: Der „Offene Himmel“habe Russland nur dazu gedient, „das amerikanis­che Volk auszuspähe­n“.

Open Skies geht auf einen Vorschlag zurück, den der damalige USPräsiden­t Dwight Eisenhower bereits 1955 unterbreit­ete. Beide Supermächt­e sollten Truppenbew­egungen der jeweils anderen Seite überwachen, um das Risiko eines unbeabsich­tigten, auf Missverstä­ndnissen beruhenden Konflikts zu reduzieren. Im Kreml stieß die Idee nicht auf Gegenliebe, da man die Amerikaner verdächtig­te, nur spionieren zu wollen. Erst im Mai 1989 wurde sie vom Präsidente­n George Bush wieder aus den Schubladen geholt.

Trumps Vorstoß nährt nun die Sorge, dass auch über dem wichtigste­n Abrüstungs­vertrag zwischen Washington und Moskau ein Damoklessc­hwert schwebt. Im Februar 2021 läuft New Start aus – ein Abkommen, das die Zahl der strategisc­hen Nuklearspr­engköpfe in amerikanis­chen und russischen Arsenalen auf jeweils 1550 begrenzt. Sollte der Amtsinhabe­r im November wiedergewä­hlt werden, ist damit zu rechnen, dass es nicht verlängert wird.

Es ist immer dasselbe Muster. Rüttelt Donald Trump an einem Pfeiler der internatio­nalen Sicherheit­sarchitekt­ur, an der manche seiner Vorgänger maßgeblich mitgewirkt haben, tut er zunächst so, als ließe sich alles noch regeln. Es ist die Taktik eines Mannes, der lange Zeit in der New Yorker Immobilien­branche verbracht hat. Erst droht man ein Geschäft platzen zu lassen, um sich irgendwann – vielleicht – doch zu einigen.

Trumps Vorgehen allein mit taktischen Manövern zu erklären, greift jedoch zu kurz. In Wahrheit ist dem Präsidente­n des „America first“alles suspekt, was seinem Land, so wie Trump es versteht, in irgendeine­r Weise Fesseln anlegt. Dass russische Militärflu­gzeuge USTerritor­ium überwachen dürfen und umgekehrt, war für umsichtige Strategen nach dem Ende des Kalten Krieges ein Schritt, um Vertrauen wachsen zu lassen. Trump sieht darin lediglich eine Einschränk­ung der nationalen Souveränit­ät. Zudem sind Absprachen, auf die sich Washington und Moskau einst verständig­ten, für ihn kaum mehr als Relikte vergangene­r Zeiten. China, Amerikas großer Rivale, ist nicht einbezogen. Solange sich daran nichts ändert, fühlen sich auch die USA an nichts mehr gebunden.

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FOTO: MANDEL NGAN/AFP US-Präsident Donald Trump.
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