In Stuttgart tobt der Corona-Streit
Grün-Schwarz ringt um Regelungen – CDU will weg von generellen Verboten
GSTUTTGART - Wie viele Gäste dürfen während der Corona-Pandemie an privaten Feiern in Baden-Württemberg teilnehmen? An dieser Frage ist zwischen den grün-schwarzen Koalitionspartnern in Stuttgart ein Streit entbrannt. Vor Wochen kursierte ein Arbeitspapier, in dem ab Juni von 100 Teilnehmern an Familienfeiern die Rede war. Am Dienstag wiederum sprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) von zehn Personen in geschlossenen Räumen und 20 Personen im Freien. Das sei im Kabinett so abgesprochen. Die CDU äußerte sich am Abend erbost: Sie habe dem nicht zugestimmt.
Der Streit ist ein Symptom für eine wachsende Unzufriedenheit vor allem unter den Abgeordneten. Viele fühlen sich in ihrer Rolle als Gesetzgeber derzeit nicht stark genug eingebunden. Seit Ausbruch der Corona-Krise ist es vor allem die Regierung, also die Exekutive, die per Verordnungen Regeln erlässt.
Die oppositionelle FDP hat bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zum Ziel hat, das Parlament wieder stärker einzubinden. Aussicht auf Mehrheiten dafür haben die Liberalen indes nicht. Stattdessen hatten beide Regierungsfraktionen angekündigt, ebenfalls an Gesetzen für eine stärkere Beteiligung zu arbeiten. „Ich habe schon vor Wochen mit meiner Fraktion im Parlament eine stärkere Legitimation der CoronaBeschränkungen gefordert“, sagte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart
am Mittwoch der „Schwäbischen Zeitung“. „In Abstimmung mit dem Koalitionspartner erarbeiten wir gerade einen entsprechenden Gesetzentwurf, den wir noch im Juni in den Landtag einbringen werden.“
Die CDU im Südwesten will zudem weg von generellen Verboten zum Schutz vor Infektionen mit Covid-19. Kultusministerin Susanne Eisenmann, die für die CDU als Spitzenkandidatin in die Landtagswahl 2021 geht, spricht von einem „unüberblickbaren Sammelsurium an Ausnahmen und Widersprüchlichkeiten“, das sich in der Corona-Verordnung des Landes angesammelt habe. „Ich halte es deshalb für sinnvoll, die Systematik umzustellen.“
CDU-Generalsekretär Manuel Hagel spricht von einem „Regelungslabyrinth“. Für die Bürger sei dies nicht mehr überschaubar. Das generelle Verbot in vielen Lebensbereichen mit etlichen Ausnahmen soll demnach ersetzt werden durch eine generelle Öffnung. Geregelt werden solle künftig nur das, was verboten bleiben soll. Als Termin dieses Systemwechsels nennt Eisenmann den 15. Juni – dann läuft die aktuelle Corona-Verordnung des Landes aus.
Regierungssprecher Rudi Hoogvliet signalisierte Offenheit dafür. Die Regierung wolle das Gesamtwerk der Corona-Verordnung mit etlichen Aktualisierungen überprüfen und mögliche weitere Lockerungen einbauen, wie er sagt. Darüber und auch über den Streit zu Familienfeiern sprechen die Koalitionspartner am Freitag.
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