„Geisterspiele sind für Vereine und Liga keine Alternative“
Basketball: Zweitliga-Geschäftsführer Christian Krings über die Lizenvergabe und Pläne für die Saison 2020/21
EHINGEN - Das Team Ehingen Urspring und die anderen BasketballZweitligisten sind derzeit dabei, unter schwierigen Bedingungen die Voraussetzungen für die Teilnahme am Spielbetrieb der ProA oder ProB in der kommenden Saison zu schaffen. In wenigen Tagen endet die zweite Frist im Lizenzierungsverfahren. Danach entscheiden die Verantwortlichen der 2. Basketball Bundesliga GmbH über die Vergabe der Lizenzen. SZ-Redakteur Andreas Wagner sprach mit dem LigaGeschäftsführer Christian Krings über das Lizenzierungsverfahren im Corona-Jahr, Standards in der ProA und mögliche Erleichterungen für eine Teilnahme am Spielbetrieb 2020/21.
SZ: Bis 15. April waren die Lizenzanträge einzureichen, Ende Mai läuft für die Vereine eine weitere Frist ab. Da die Planung im CoronaJahr vermutlich schwieriger ist als sonst: Wie detailliert müssen die Unterlagen der Vereine, beispielsweise Finanzpläne, zum bevorstehenden Stichtag sein?
Krings: Wir haben in dieser Saison aufgrund der Corona-Krise das Lizenzierungsverfahren zweigeteilt. Zum 15. April musste der erste Teil der Lizenzunterlagen eingereicht werden. Zum 1. Juni müssen nun die weiteren Unterlagen eingereicht werden. Dabei geht es besonders um die Nachweise der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Auch wenn die Planungen wegen der Corona-Maßnahmen deutlich schwieriger sind als in den vergangenen Jahren, muss eine Überprüfung stattfinden, sodass die Unterlagen genauso detailliert eingereicht werden müssen wie in den vergangenen Jahren.
Es gibt neben Vereinen, die für ProA und ProB einen Antrag gestellt haben, auch BBL-Klubs, die im April zusätzlich eine ProA-Lizenz beantragt hatten. Müssen sich die Vereine, die bisher mehrgleisig fahren, nun entscheiden, für welche Liga sie eine Lizenz beantragen?
Bis zum 29. Mai muss ein Verein, der derzeit das sportliche Teilnehmerrecht an der ProA oder ProB hält, den Verzicht auf das sportliche Teilnahmerecht in der ProA schriftlich gegenüber der 2. Basketball Bundesliga GmbH erklären. Somit müssen sich die ProA-Ligisten, die einen Antrag für die ProA und ProB gestellt haben, bis 29. Mai entscheiden. Bei den Vereinen aus der BBL gelten andere Fristen, da wir hier auch von deren Lizenzierungsverfahren abhängig sind.
Seit Jahren müssen ProA-Klubs für die Lizenz Auflagen erfüllen – zum Beispiel eine bestimmte Anzahl hauptamtlicher Mitarbeiter. Wird im Corona-Jahr grundsätzlich oder werden einzelne Vorgaben von Seiten der Liga gelockert?
Die in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelten Standards in der Barmer 2. Basketball Bundesliga gewährleisten die professionelle Umsetzung der bei den Vereinen anfallenden Aufgaben, eine gute Außendarstellung und dienen zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbes. Als Liga ist es uns wichtig, dass wir diesen fairen Wettbewerb auch in der kommenden Saison, trotz Corona, bestmöglich gewährleisten können. Somit werden wir nur in Ausnahmefällen in gewissen, bereits festgelegten Bereichen von bestehenden Standards abweichen. Dies werden wir von Fall zu Fall prüfen, wenn ein Verein auf uns zukommt. Klar muss jedoch immer sein, dass die Vereine, die eine Ausnahme für einen festgelegten Bereich erhalten, keinen Vorteil gegenüber anderen Vereinen haben, sodass eine mögliche Ausnahmegenehmigung immer nur mit einhergehenden Auflagen für den jeweiligen Verein möglich sein werden. Diese Auflagen stellen sicher, dass kein Vorteil entsteht und der faire Wettbewerb bestmöglich gewährleistet bleibt.
Betrifft eine Auflage die Jugendarbeit und müssen ProA-Klubs allein oder in Spielgemeinschaft NBBLoder JBBL-Mannschaften stellen? Zum jetzigen Zeitpunkt müssen die Zweitliga-Vereine allein oder in einer Spielgemeinschaft eine JBBL-Mannschaft nachweisen. ProB-Nachwuchsstandorte müssen zudem den Nachweis erbringen, dass sie über einen leistungssportlichen Unterbau verfügen. Dieser ist definiert durch eine Mannschaft, die in der NBBL oder im
Herrenbereich mindestens in der 2. Regionalliga startet. Derzeit gibt es ligaseitig keine Planungen, diese Vorgaben zu ändern.
Wie geht es weiter im Lizenzierungsverfahren?
Nach Erhalt der Lizenzierungsunterlagen am 1. Juni werden die Liga und der Gutachterausschuss die Unterlagen prüfen und dann entscheiden, welche Vereine für die kommende Saison eine Lizenz erhalten. Sobald die Entscheidungen gefallen sind, werden wir als Liga die Mannschaften für die kommende Saison veröffentlichen.
Schon in der Vergangenheit wurden Lizenzen mit der Aufforderung zu Nachbesserungen bei den Auflagen erteilt. Ist das auch mit Blick auf die Saison 2020/21 zu erwarten? Und wenn ja: Wie viel Zeit wird Vereinen eingeräumt, die fehlenden Voraussetzungen zu erfüllen? Man muss hier zwischen der Erteilung der Lizenz unter Auflagen und der Erteilung einer Lizenz unter aufschiebenden Bedingungen unterscheiden. Zudem hängt es davon ab, um welchen Bereich es sich genau handelt. So gibt es Auflagen, die während der Saison immer wieder nachgewiesen werden müssen und dann auch überprüft werden, und anderseits aber auch Bedingungen oder Auflagen, die innerhalb von 14 Tagen nachgewiesen werden müssen. Pauschal kann man dies also nicht sagen, sondern es hängt damit zusammen, in welchem Bereich ein Verein nachbessern beziehungsweise Nachweise erbringen muss.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass ProA und ProB in der kommenden Saison so viele Teams haben wie 2019/20? Oder befürchten Sie nach den Basketballern von Schalke 04, die keine Lizenz beantragt haben, den Rückzug weiterer Vereine, weil die Zweite Liga finanziell nicht mehr zu stemmen ist?
Mein Gefühl ist, dass wir auch in der kommenden Saison mit der geplanten Stärke von 16 Mannschaften in der ProA und 24 Mannschaften in der ProB in die neue Saison gehen werden. Die erste Phase des Lizenzierungsverfahrens hat gezeigt, dass bei den Vereinen weiter ein großes Interesse daran besteht, auch in der kommenden Saison in der Barmer 2. Basketball Bundesliga zu spielen. Auch die acht Bewerbungen aus den Regionalligen verdeutlicht diesen Eindruck. Die Vereine arbeiten sehr gut und hart daran, die Voraussetzungen für eine weitere Teilnahme in ProA oder ProB umzusetzen. Dies freut uns natürlich. Bis 29. Mai haben die Vereine nun noch die Möglichkeit, freiwillig ihren Verzicht auf das sportliche Teilnahmerecht zu erklären. Anschließend muss man noch die zweite Phase des Lizenzierungsverfahrens abwarten, jedoch bin ich zuversichtlich, dass wir die beiden Ligen gut besetzt bekommen.
Wie sind die Planungen der Liga für die Saison 2020/21? Wann will man starten und wird an einem Konzept gearbeitet – eventuell auch mit Geisterspielen?
Derzeit werden verschiedene Konzepte und Alternativspielpläne erarbeitet, um für alle Fälle gewappnet zu sein. Da sich die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern jedoch gefühlt täglich ändert, ist es noch zu früh, eine konkrete Aussage über den Zeitpunkt des
Saisonbeginns zu treffen. Wir werden hier die Entwicklung in den nächsten Wochen noch etwas beobachten müssen. Aus meiner Sicht sind Geisterspiele für die Vereine und die Liga jedoch keine Alternative, da die Zuschauereinnahmen eine wichtige Einnahmequelle der Vereine darstellt.
ProA-Spiele werden von Airtango im Internet übertragen – besteht mit Blick auf mögliche Geisterspiele nicht die Hoffnung, über weiter verbesserte Streams und Zusatzangebote Erlöse zu erzielen?
Ein Stream der Spiele ins Internet ist gut und hilft sicher auch in der Bekanntheitssteigerung der Liga, wird aber die Zuschauereinnahmen der Vereine nicht ersetzen. Beim Wegfall der Zuschauereinnahmen durch Geisterspiele würde die zweitwichtigste Einnahmequelle der Vereine wegbrechen. Dies ist durch einen Stream nicht aufzufangen. Zudem steht das Sponsoring vieler Vereine im Zusammenhang mit Zuschauern in den Hallen. Viele Vereine haben regionale Unternehmen, denen es nicht wirklich etwas nützt, wenn sie in ganz Deutschland im Internetstream zu sehen sind. Diese Unternehmen möchten die Menschen in der Region auf ihr Unternehmen aufmerksam machen und mit den Menschen in der Region über Promotion-Aktionen in Kontakt kommen. Sollten wir Geisterspiele haben und diese nur ins Internet übertragen, würden diese Unternehmen sicher auf ein Sponsoring verzichten, was für die Vereine weitere Einnahmeverluste bedeuten würde. Somit brauchen wir Spiele mit Zuschauern.