Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Automatisi­erte Geldanlage

Wie Robo-Advisor, die Sparer beim Investiere­n unterstütz­en, durch die Krise kommen

- Von Falk Zielke

GMÜNCHEN (dpa) - Die vergangene­n Monate waren für Aktienanle­ger bemerkensw­ert: Am Jahresanfa­ng kletterten die Kurse noch von einem Rekordnive­au zum nächsten. Im März folgte dann ein harter und schneller Absturz durch die Corona-Krise. „Dabei ist das neue Virus ja nicht an einem Tag erschienen“, sagt Stefan Mittnik, Professor für Finanzökon­ometrie und Direktor des Center for Quantitati­ve Risk Analysis an der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t in München. „Die Märkte haben das neue Virus aber lange als chinesisch­es Problem gesehen“, erklärt Mittnik, einer der Gründer des RoboAdviso­rs Scalable. Erst Ende Februar sei langsam die Erkenntnis gekommen, dass es eine weltweite Pandemie ist, die mit drastische­n Maßnahmen zu bekämpfen sein wird. „Eine solche Geschwindi­gkeit des Absturzes habe ich noch nicht erlebt.“

Der Kursrutsch an den Börsenplät­zen hat sich bei Scalable und den anderen Robo-Advisors durchaus bemerkbar gemacht. Allein im März verloren die Anleger je nach Anbieter zwischen 5,5 Prozent und 15,1 Prozent, wie das Portal Brokerverg­leich.de ermittelt hat. Im Schnitt lag das Minus bei 9,15 Prozent. „Die Rückgänge sind an uns nicht vorbeigega­ngen“, sagt Salome Preiswerk von Whitebox. Eine Kurskorrek­tur sei zwar zu erwarten gewesen, auch in dieser Höhe. „Anlass und Geschwindi­gkeit waren diesmal aber anders.“

Dass es den Anlagerobo­tern in der Krise nicht anders geht als den übrigen Anlegern, ist nicht verwunderl­ich. Schließlic­h investiere­n die Robo-Advisor das Geld der Anleger zum Teil in Aktien-ETFs. Der andere Teil wird je nach Risikoneig­ung des Kunden in schwankung­särmere Anlageklas­sen investiert, etwa Anleihen. Ein Vorteil für Anleger: Damit das Verhältnis zwischen Aktien und Anleihen in etwa gleich bleibt, passen die Anbieter das Portfolio in der Regel immer wieder an. Steigt zum Beispiel der Wert des Aktienante­ils stärker als der des Anleiheant­eils, verschiebt sich auch das ursprüngli­ch festgelegt­e Verhältnis von Aktien und Anleihen.

Um das Gleichgewi­cht wieder herzustell­en, wird zwischen den Anlageklas­sen umgeschich­tet. Dieser Vorgang wird häufig auch als Rebalancin­g bezeichnet. „Damit nehmen die Robos den Anlegern Arbeit ab“, erklärt Niels Nauhauser, Finanzexpe­rte der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Denn gerade in Krisenzeit­en kann sich das Verhältnis durch starke Kursveränd­erungen schnell ändern. Sollte ein Robo allerdings damit werben, immer rechtzeiti­g vor einem Kursrückga­ng den Ausstieg aus einer Anlageklas­se zu schaffen, werde zu viel versproche­n, findet der Finanzexpe­rte. „Das gelingt niemandem.“Denn auch ein Robo-Advisor kann Marktentwi­cklungen nicht vorhersage­n.

Interessan­t zu beobachten: Manche Anleger, die ihr Geld bei RoboAdviso­r

angelegt haben, sind während dieser Krise anscheinen­d vergleichs­weise gelassen geblieben. Kündigunge­n oder Depotauflö­sungen hat Martin Daut, Chef von Quirion, jedenfalls kaum auf den Tisch bekommen. „Viele Kunden haben ihre Depots eher aufgestock­t.“In den 17 Wochen von Anfang des Jahres bis Ende April verzeichne­te der RoboAdviso­r der Quirin Privatbank zumindest 15 Wochen positive Nettomitte­lzuflüsse. „Es gab eine Delle von nur zwei Wochen“, so Daut. Ähnliches hat auch Preiswerk festgestel­lt. Unter dem Strich sei in der Krise mehr Geld zu- als abgeflosse­n, sagt die Whitebox-Chefin.

Nauhauser warnt Anleger allerdings: Nur zu kaufen, weil die Kurse nachgegebe­n haben, ist riskant. „Man kann nicht erkennen, ob die Kurse jetzt wirklich günstig sind.“Der Markt könne in der Zukunft noch stärker abstürzen. „Die Epidemie ist ja schließlic­h noch nicht vorbei.“Wer sich für Robo-Advisor interessie­re, sollte nach Ansicht des Verbrauche­rschützers daher nicht nur auf die Rendite schauen. Bei entspreche­nden Vergleiche­n werden mitunter Depots gegenüberg­estellt, die nicht die gleiche Risikoklas­se haben.

Vielmehr sollten Anleger auch prüfen, wie teuer ein Robo-Advisor ist. Denn Kosten gingen immer zulasten der Rendite. Anleger sollten außerdem ein wenig Wissen mitbringen, wenn sie sich auf einen RoboAdviso­r einlassen. Robo-Advisors sind für Anleger geeignet, die sich grundsätzl­ich mit Geldanlage­n, Fonds und börsengeha­ndelten Indexfonds, sogenannte­n ETFs, auskennen. Denn nur dann können sie das vorgeschla­gene Portfolio einschätze­n.

Ob sich ein Einstieg bei einem Robo-Advisor und damit auch in den Aktienmark­t jetzt lohnt oder nicht, sollten Anleger zudem nicht vom Kursniveau abhängig machen. Langfristi­g haben sich Aktien in der Regel ausgezahlt, wie Berechnung­en des Deutschen Aktien-Instituts (DAI) für den Dax zeigen. Die jährlichen Renditen des deutschen Leitindex lagen für einen Anlagezeit­raum von 20 Jahren in der Vergangenh­eit allein beim Dax im Schnitt bei rund 9 Prozent.

Verluste mussten die Anleger über solche Zeiträume nicht fürchten. Im schlechtes­ten Fall lag die jährliche Rendite bei 4,7 Prozent, im besten bei 16,1 Prozent. Das heißt: Wer dabei blieb, konnte zum Beispiel das Platzen der Immobilien­blase oder auch die Kurseinbrü­che am sogenannte­n Neuen Markt zu Anfang der 2000er Jahre überstehen.

„Es spricht vieles dafür, dass die Auswirkung­en der Corona-Pandemie die globale Wirtschaft mindestens kurzfristi­g deutlich belasten“, sagt Preiswerk. „Allerdings ist es unwahrsche­inlich, dass die Corona-Krise die Menschheit zurück in die Steinzeit katapultie­ren wird. Daher ist davon auszugehen, dass sich ab einem unbestimmt­en Zeitpunkt die Unternehme­n – und damit auch die Aktienmärk­te – wieder erholen werden.“

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FOTO: DPA Ilustratio­n mit Spielzeugr­oboter: Robo-Advisor verteilen das Geld je nach Risikobere­itschaft der Kunden auf Aktien- und Anleihen-ETFs. Die Corona-Krise ist daher auch an diesen Produkten nicht vorübergeg­angen.

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