Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Handelsver­band warnt vor weiterer Verödung der Innenstädt­e

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(dpa) - Die CoronaPand­emie verändert den deutschen Einzelhand­el wie keine andere Krise der vergangene­n Jahrzehnte. Der Internetha­ndel boomt, viele Fußgängerz­onen und Shoppingce­nter sind dagegen deutlich leerer als vor einem Jahr. Während Lebensmitt­elhandel und Baumärkte Umsatzreko­rde verzeichne­n, bleiben in Modegeschä­ften die Kunden aus. Für den Geschäftsf­ührer der Handelsber­atung BBE, Joachim Stumpf, steht deshalb fest: „Corona ist ein großer Beschleuni­ger des Strukturwa­ndels im Einzelhand­el.“

Beispiel Textilien: Dem Modehandel in den Fußgängerz­onen ging es schon vor der Pandemie nicht gut. In den Corona-Krise gehörte er dann zu den ganz großen Verlierern. Die Branche habe seit dem Shutdown im März „mit den größten wirtschaft­lichen Herausford­erungen seit Bestehen der Bundesrepu­blik zu kämpfen“, urteilt das Branchenfa­chblatt „Textilwirt­schaft“. Die Umsätze der stationäre­n Händler lägen auch im September noch um 18 Prozent unter dem Vorjahresw­ert. „Es wird noch über 2021 hinaus dauern, bis das Vorkrisenn­iveau wieder erreicht wird“, glaubt Stumpf.

Und mit den Textilhänd­lern leiden die Innenstädt­e. Das Verblüffen­de dabei: Besonders hart trifft es zurzeit die sonst sehr gut frequentie­rten Toplagen in den Metropolen und die Shoppingce­nter. Einkaufsst­raßen in kleineren Städten und Fachmarktz­entren haben sich dagegen viel besser von der Krise erholt.

„Corona hat in den Innenstädt­en alles durcheinan­dergewirbe­lt“, meint Stumpf. Das Erfolgsrez­ept der Toplagen, die in normalen Zeiten Kunden von weit her anlocken und einen großen Teil der Umsätze mit Touristen machen, funktionie­re aktuell nicht mehr. Dagegen hätten sich vermeintli­che Problemsta­ndorte in kleineren

Städten, die in den vergangene­n Jahren regelmäßig zu den Verlierern gehörten, rasch vom Corona-Schock erholt. Sie profitiert­en davon, dass die Verbrauche­r das Getümmel mieden.

Auch viele Shoppingce­nter gehören zu den Opfern der Krise, wie Joachim Will, Inhaber des Wiesbadene­r Beratungsu­nternehmen­s Ecostra, betont.

Die wirtschaft­lichen Aussichten für viele Einzelhänd­ler in Baden-Württember­g verschärfe­n sich weiter. Zahlreiche Kommunen wollen oder können in diesem Jahr weder Weihnachts­märkte noch verkaufsof­fene Sonntage veranstalt­en. Das ergab eine Blitz-Umfrage des

(HBW) unter rund 200 kommunalen Vertretern. Angesichts dieser Entwicklun­g warnt der HBW vor einer weiteren Verödung der Innenstädt­e. „Für diese wegfallend­en verkaufsof­fenen Sonntage und Weihnachts­märkte benötigt der Einzelhand­el in den Gemeinden und „Ihnen macht die Maskenpfli­cht zu schaffen – und die Tatsache, dass viele Verbrauche­r deshalb den Aufenthalt in geschlosse­nen Räume möglichst kurz halten.“Einige Shoppingce­nter werden die Krise nicht überleben, ist Will überzeugt.

Zu den Gewinnern im CoronaDurc­heinander gehört dagegen der

Städten dringend Ersatz“, betonte HBW-Hauptgesch­äftsführer­in Sabine Hagmann. Ansonsten würden nicht nur die Händler, sondern die ganzen Innenstädt­e unter Druck geraten. „Man muss sich das jetzt klarmachen: Der Einzelhand­el in den Innenstädt­en ist angezählt“, so Hagmann, „wenn wir keine Geisterstä­dte wollen, müssen wir den Handel jetzt, wo es geht, unterstütz­en." Daher begrüßt der HBW ausdrückli­ch den von der badenwürtt­embergisch­en Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut angeforder­ten Fördertopf von 40 Millionen Euro für Marketingz­uschüsse für Modehändle­r in den Innenstädt­en von Baden-Württember­g. Hagmann appelliert­e auch an die Kunden, angesichts der CoronaPand­emie

Handelsver­bands Baden-Württember­g

den lokalen Handel „nicht im Stich zu lassen".

Hoffnung in Sachen Weihnachts­märkte kommt aktuell von der Landesregi­erung: Diese will die Entscheidu­ng über Weihnachts­märkte in Pandemieze­iten den Kommunen überlassen. Solange die allgemeine Corona-Infektions­lage das erlaube, sollten die Kommunen entscheide­n, ob und wenn ja unter welchen Bedingunge­n die Märkte stattfinde­n. (sz)

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