Feuerwehr Neu-Ulm braucht Verstärkung
Gutachter stellt erhebliche Defizite fest und fordert, dass die Stadt mehr Geld in die Hand nimmt
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NEU-ULM - Stephan Rudolph war selbst mehrere Jahre lang Chef der Neu-Ulmer Feuerwehr, von 1999 bis 2004. Jetzt hat er als Gutachter den Feuerwehrbedarfsplan der Stadt Neu-Ulm unter die Lupe genommen. Er stellte zum Teil erhebliche Defizite fest.
Für seine Bewertung des Feuerwehrwesens in der Stadt legte Rudolph die Bemessungskriterien Zeit, Mannschaftsstärke, Fahrzeuge und Geräte an. Zeit bedeutet: Von der Alarmierung bis zum Eintreffen an der Einsatzstelle dürfen maximal acht Minuten vergehen. Und zwar in einer bestimmten Mannschaftsstärke und der benötigten Anzahl unterschiedlicher Funktionen, beispielsweise Maschinist oder Atemschutzgeräteträger. Die Verfügbarkeitsanalyse ergab: Der Ist-Zustand weist gegenüber dem Soll zum Teil erhebliche Defizite auf.
Vor allem in der Innenstadt, in Ludwigsfeld und Offenhausen könne die Einsatzzeit mit den geforderten Funktionen nicht immer gewährleistet werden, erläuterte Rudolph den Neu-Ulmer Stadträten. Die Verfügbarkeit sei sowohl tagsüber als auch nachts eingeschränkt.
Der Sachverständige kommt zum Ergebnis, dass ab 2021 eine ständige Wache mit einer Besetzung von sieben Funktionen rund um die Uhr umzusetzen ist. Zwei Stellen wurden dafür bereits dieses Jahr genehmigt. Zur weiteren Ergänzung sollen 2021 mindestens drei weitere hauptamtliche Stellen geschaffen werden. Die zusätzlichen Kosten für die insgesamt fünf Stellen belaufen sich auf etwa 250 000 Euro im Jahr.
Rudolph betonte aber auch, dass die Stadt besonderes Gewicht auf die
Stärkung des Ehrenamts bei den freiwilligen Feuerwehren legen müsse, also in Neu-Ulm, Burlafingen, Pfuhl, Reutti und Steinheim. Entgegen dem bayernweiten Trend hat die Zahl der Ehrenamtlichen bei der Feuerwehr in Neu-Ulm von 2014 bis 2019 um 2,3 Prozent zugenommen. Derzeit gibt es 400 Aktive bei der freiwilligen Feuerwehr. Weitere Anstrengungen zur Personalgewinnung und -sicherung sowie zur Qualifizierung sind nach Ansicht des Experten dennoch nötig.
„Wichtig ist die enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen der Feuerwehr in der Innenstadt und den Feuerwehren in den Stadtteilen“, betonte Rudolph. Zur Personalgewinnung sollen unter anderem Studenten, Frauen, Pendler und Mitarbeiter der Stadt Neu-Ulm als Zielgruppen beworben werden. In der Stadt Neusäß (Landkreis Augsburg) sei ein Konzept zur Stärkung der Feuerwehr mit Unterstützung der Stadt umgesetzt worden mit gemeinsamem Erscheinungsbild und Auftreten der Wehren und Werbung in sozialen Medien. „Der Erfolg war sehr beeindruckend“, so Rudolph. Ein weiterer Baustein zur Stärkung des Ehrenamts sind die Kinderfeuerwehren. Derzeit nehmen etwa 40 Kinder das Angebot wahr. Eine weitere Kinderfeuerwehr soll 2021 im Löschzug Holzschwang gegründet werden.
Nachholbedarf gibt es aber auch bei der Ausstattung. Manche Feuerwehrgerätehäuser sind in keinem guten Zustand. Insbesondere in Holzschwang und Finningen, aber auch an der Hauptwache in Neu-Ulm soll sich bald etwas tun. Die Verwaltung soll für die Sanierung und Erweiterung ein Konzept erarbeiten, ebenso für die Beschaffung von neuen Feuerwehrfahrzeugen.