Spiel des Jahres
Fußball, WFV-Pokal: Ehingen-Süd trifft im Donaustadion auf den Regionalligisten Ulm
● KIRCHBIERLINGEN - Für die einen ist es eine Pflichtaufgabe auf dem Weg in Richtung Finale, für die anderen das Spiel des Jahres. Im Viertelfinale des Verbandspokals stehen sich am Dienstag, 19 Uhr, der Verbandsligist SSV Ehingen-Süd und der Regionalligist SSV Ulm 1846 Fußball gegenüber. „Es ist ein Fest für unseren Verein“, sagt Helmut Schleker, Vorsitzender Fußball des SSV Ehingen-Süd. Sportlich rechnet wohl jeder mit einem Erfolg der Spatzen, aber eine kleine Chance auf den großen Coup sieht Süd-Trainer Michael Bochtler schon.
„Klar muss viel zusammenkommen“, sagt Bochtler. „Aber das haben wir vor dem Spiel gegen Ilshofen auch gesagt.“Im Achtelfinale hatte Süd den Oberligisten 5:3 geschlagen – weil Ilshofen wichtige Spieler anfangs auf der Bank gelassen hatte und vom Verbandsligisten überrumpelt wurde. Nach 30 Minuten stand es 4:0, eine Bürde, die der Favorit nicht mehr los wurde. Auch die Ulmer werden – wie in den vorangegangenen Pokal-Runden – gegen Süd nicht ihre erste Regionalliga-Besetzung aufbieten, zumal sie am Freitag gegen Offenbach ein vielleicht wegweisendes Punktspiel vor sich haben.
Klar ist aber, dass der RegionalligaAchte und aufstiegswillige SSV Ulm 1846 weit mehr Qualität im Kader hat als Ilshofen, Tabellen-13. der Oberliga. Das weiß Bochtler genau. Im Kader der Spatzen kämen „1500 RegionalligaSpiele, 400 Drittliga-Spiele und sogar einige Zweitliga-Spiele“zusammen, sagt der Süd-Trainer, für den Ulm trotz durchwachsenen Starts in die Regionalliga (zwölf Punkte aus acht Spielen) ein Top-Favorit auf den Aufstieg in die Dritte Liga ist. Physisch, technisch, läuferisch sei der Gegner normalerweise überlegen, so Bochtler – „und doch haben wir eine Chance“.
Beim Verbandsligisten ist Selbstvertrauen vorhanden nach dem guten Saisonstart mit dem erstmaligen Vorstoß ins Pokal-Viertelfinale, Platz vier in der Liga und zuletzt drei Siegen. Hinzu kommt, dass viele Spieler von Ehingen-Süd eine Vergangenheit beim Ulmer Traditionsverein haben, meist als Jugendliche, teils aber auch als Aktive noch das Spatzen-Trikot trugen:
Marco Hahn, Timo Barwan, Kevin Ruiz, die derzeit verletzten Benjamin Gralla, Jan Deiss und Narciso Filho, Nico Hummel, Semir Telalovic, Simon Dilger, Ilir Tupella, Stjepan Saric, Marvin Schmid, Max Vöhringer, Fabio Schenk und nicht zuletzt Filip Sapina, für den das Spiel aus einem weiteren Grund ein besonderes ist: Sein Bruder Vinko kickt für die Spatzen (siehe eigener Text). Anstacheln muss Michael Bochtler, in dessen etwas entfernter Vergangenheit der SSV Ulm 46 ebenfalls vorkam, seine Mannschaft vor dem Pokal-Derby nicht – im Gegenteil. „Die Spieler sind höchst motiviert.“
Zur Motivation trägt auch bei, dass die Partie in Ulm ausgetragen wird – darauf verständigten sich beide Vereine,
weil der Platz des Verbandsligisten in Kirchbierlingen kein Flutlicht hat. Man habe überlegt und diskutiert, ob man das Heimrecht abtreten soll, sagen Michael Bochtler und Helmut Schleker. Man entschloss sich dazu. „Wir machen es wegen der Mannschaft, denn wann haben unsere Spieler schon mal die Möglichkeit, im Donaustadion zu spielen“, so Schleker. In einem Stadion, in dem in der Vergangenheit auch schon Bundesliga-Fußball zu sehen war.
„Wir machen es aber auch wegen der Zuschauer“, fügt Schleker hinzu. Gerade den langjährigen Helfer und Unterstützern des Vereins wolle man die Möglichkeit geben, ein Pflichtspiel des SSV Ehingen-Süd in einem größeren Stadion zu sehen. Auch wenn der Wechsel nach Ulm finanziell ein Nachteil sei. Der Verbandsligist ist zwar an den Einnahmen aus dem Ticketverkauf beteiligt, aber ihm entgehen Einnahmen durch den Verzehr auf dem heimischen Sportplatz.
Wobei der Erlös eingeschränkt gewesen wäre durch die derzeit begrenzte Besucherzahl bei Fußballspielen. Auch ins Donaustadion sind momentan zu Spielen nicht mehr als rund 430 Zuschauer zugelassen – und so viele werden es am Dienstagabend auch sein, denn nicht nur das Kartenkontingent von Süd, sondern auch das der Spatzen war laut deren Pressesprecher Max Riek rasch vergriffen. Unter normalen Umständen hätte das Pokalderby aber vermutlich mindestens 1500 Fans – man erinnere sich nur ans Pokal-Achtelfinale im Herbst 2016 zwischen Ehingen-Süd und den Stuttgarter Kickers, als rund 1200 Zuschauer in Kirchbierlingen den 4:1-Sieg des damaligen Regionalligisten aus Degerloch sahen. „Aber die Gegebenheiten sind jetzt, wie sie sind“, so Schleker, der damit nicht groß hadert.
Davon unbeeindruckt bereitet Michael Bochtler seine Mannschaft auf den Pokal-Schlager vor – in der Kürze der Zeit, denn bis Samstag galt die Konzentration, und darauf hatte der Trainer seine Spieler eindringlich hingewiesen, dem Liga-Duell mit Neckarrems. Erst ab Sonntag an bestimmten dann die Spatzen die Gedanken. Bochtler wollte sich noch mit Videos ein Bild von der Ulmer Mannschaft machen, für sein Team hatte er für Montagabend ein Regenerationstraining anberaumt. Der für Süd günstige Spielverlauf gegen Neckarrems (5:1) half dem Trainer, einige Leistungsträger dosiert einzusetzen – Semir Telalovic, Filip Sapina und Max Vöhringer wurden erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt, andere wie Timo Barwan, Marvin Schmid und Aaron Akhabue wurden ausgewechselt, ein weiterer (Marco Hahn) war aus privaten Gründen gar nicht im Aufgebot.
Wie die Startformation des SSV Ehingen-Süd am Dienstag auch aussehen wird – eines ist klar: Alle Spieler sind heiß auf einen Einsatz. Auch werden sie darauf brennen, ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Und vielleicht sogar die große Überraschung.