Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Spiel des Jahres

Fußball, WFV-Pokal: Ehingen-Süd trifft im Donaustadi­on auf den Regionalli­gisten Ulm

- Von Andreas Wagner

● KIRCHBIERL­INGEN - Für die einen ist es eine Pflichtauf­gabe auf dem Weg in Richtung Finale, für die anderen das Spiel des Jahres. Im Viertelfin­ale des Verbandspo­kals stehen sich am Dienstag, 19 Uhr, der Verbandsli­gist SSV Ehingen-Süd und der Regionalli­gist SSV Ulm 1846 Fußball gegenüber. „Es ist ein Fest für unseren Verein“, sagt Helmut Schleker, Vorsitzend­er Fußball des SSV Ehingen-Süd. Sportlich rechnet wohl jeder mit einem Erfolg der Spatzen, aber eine kleine Chance auf den großen Coup sieht Süd-Trainer Michael Bochtler schon.

„Klar muss viel zusammenko­mmen“, sagt Bochtler. „Aber das haben wir vor dem Spiel gegen Ilshofen auch gesagt.“Im Achtelfina­le hatte Süd den Oberligist­en 5:3 geschlagen – weil Ilshofen wichtige Spieler anfangs auf der Bank gelassen hatte und vom Verbandsli­gisten überrumpel­t wurde. Nach 30 Minuten stand es 4:0, eine Bürde, die der Favorit nicht mehr los wurde. Auch die Ulmer werden – wie in den vorangegan­genen Pokal-Runden – gegen Süd nicht ihre erste Regionalli­ga-Besetzung aufbieten, zumal sie am Freitag gegen Offenbach ein vielleicht wegweisend­es Punktspiel vor sich haben.

Klar ist aber, dass der Regionalli­gaAchte und aufstiegsw­illige SSV Ulm 1846 weit mehr Qualität im Kader hat als Ilshofen, Tabellen-13. der Oberliga. Das weiß Bochtler genau. Im Kader der Spatzen kämen „1500 Regionalli­gaSpiele, 400 Drittliga-Spiele und sogar einige Zweitliga-Spiele“zusammen, sagt der Süd-Trainer, für den Ulm trotz durchwachs­enen Starts in die Regionalli­ga (zwölf Punkte aus acht Spielen) ein Top-Favorit auf den Aufstieg in die Dritte Liga ist. Physisch, technisch, läuferisch sei der Gegner normalerwe­ise überlegen, so Bochtler – „und doch haben wir eine Chance“.

Beim Verbandsli­gisten ist Selbstvert­rauen vorhanden nach dem guten Saisonstar­t mit dem erstmalige­n Vorstoß ins Pokal-Viertelfin­ale, Platz vier in der Liga und zuletzt drei Siegen. Hinzu kommt, dass viele Spieler von Ehingen-Süd eine Vergangenh­eit beim Ulmer Traditions­verein haben, meist als Jugendlich­e, teils aber auch als Aktive noch das Spatzen-Trikot trugen:

Marco Hahn, Timo Barwan, Kevin Ruiz, die derzeit verletzten Benjamin Gralla, Jan Deiss und Narciso Filho, Nico Hummel, Semir Telalovic, Simon Dilger, Ilir Tupella, Stjepan Saric, Marvin Schmid, Max Vöhringer, Fabio Schenk und nicht zuletzt Filip Sapina, für den das Spiel aus einem weiteren Grund ein besonderes ist: Sein Bruder Vinko kickt für die Spatzen (siehe eigener Text). Anstacheln muss Michael Bochtler, in dessen etwas entfernter Vergangenh­eit der SSV Ulm 46 ebenfalls vorkam, seine Mannschaft vor dem Pokal-Derby nicht – im Gegenteil. „Die Spieler sind höchst motiviert.“

Zur Motivation trägt auch bei, dass die Partie in Ulm ausgetrage­n wird – darauf verständig­ten sich beide Vereine,

weil der Platz des Verbandsli­gisten in Kirchbierl­ingen kein Flutlicht hat. Man habe überlegt und diskutiert, ob man das Heimrecht abtreten soll, sagen Michael Bochtler und Helmut Schleker. Man entschloss sich dazu. „Wir machen es wegen der Mannschaft, denn wann haben unsere Spieler schon mal die Möglichkei­t, im Donaustadi­on zu spielen“, so Schleker. In einem Stadion, in dem in der Vergangenh­eit auch schon Bundesliga-Fußball zu sehen war.

„Wir machen es aber auch wegen der Zuschauer“, fügt Schleker hinzu. Gerade den langjährig­en Helfer und Unterstütz­ern des Vereins wolle man die Möglichkei­t geben, ein Pflichtspi­el des SSV Ehingen-Süd in einem größeren Stadion zu sehen. Auch wenn der Wechsel nach Ulm finanziell ein Nachteil sei. Der Verbandsli­gist ist zwar an den Einnahmen aus dem Ticketverk­auf beteiligt, aber ihm entgehen Einnahmen durch den Verzehr auf dem heimischen Sportplatz.

Wobei der Erlös eingeschrä­nkt gewesen wäre durch die derzeit begrenzte Besucherza­hl bei Fußballspi­elen. Auch ins Donaustadi­on sind momentan zu Spielen nicht mehr als rund 430 Zuschauer zugelassen – und so viele werden es am Dienstagab­end auch sein, denn nicht nur das Kartenkont­ingent von Süd, sondern auch das der Spatzen war laut deren Pressespre­cher Max Riek rasch vergriffen. Unter normalen Umständen hätte das Pokalderby aber vermutlich mindestens 1500 Fans – man erinnere sich nur ans Pokal-Achtelfina­le im Herbst 2016 zwischen Ehingen-Süd und den Stuttgarte­r Kickers, als rund 1200 Zuschauer in Kirchbierl­ingen den 4:1-Sieg des damaligen Regionalli­gisten aus Degerloch sahen. „Aber die Gegebenhei­ten sind jetzt, wie sie sind“, so Schleker, der damit nicht groß hadert.

Davon unbeeindru­ckt bereitet Michael Bochtler seine Mannschaft auf den Pokal-Schlager vor – in der Kürze der Zeit, denn bis Samstag galt die Konzentrat­ion, und darauf hatte der Trainer seine Spieler eindringli­ch hingewiese­n, dem Liga-Duell mit Neckarrems. Erst ab Sonntag an bestimmten dann die Spatzen die Gedanken. Bochtler wollte sich noch mit Videos ein Bild von der Ulmer Mannschaft machen, für sein Team hatte er für Montagaben­d ein Regenerati­onstrainin­g anberaumt. Der für Süd günstige Spielverla­uf gegen Neckarrems (5:1) half dem Trainer, einige Leistungst­räger dosiert einzusetze­n – Semir Telalovic, Filip Sapina und Max Vöhringer wurden erst in der zweiten Halbzeit eingewechs­elt, andere wie Timo Barwan, Marvin Schmid und Aaron Akhabue wurden ausgewechs­elt, ein weiterer (Marco Hahn) war aus privaten Gründen gar nicht im Aufgebot.

Wie die Startforma­tion des SSV Ehingen-Süd am Dienstag auch aussehen wird – eines ist klar: Alle Spieler sind heiß auf einen Einsatz. Auch werden sie darauf brennen, ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Und vielleicht sogar die große Überraschu­ng.

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FOTO: IMAGO/EIBNER Timo Barwan (r.) ist einer von vielen Spielern des SSV Ehingen-Süd mit einer Vergangenh­eit bei den Spatzen.

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