Schwäbische Zeitung (Ehingen)

RKI übermittel­t Infektions­zahlen unvollstän­dig

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BERLIN (dpa) - Wegen einer technische­n Störung am Robert-Koch-Institut ist es am Donnerstag zeitweise zu Datenlücke­n bei der Übermittlu­ng von Corona-Infektions­zahlen aus den Bundesländ­ern gekommen. Durch einen Ausfall eines Webservers beim RKI am Donnerstag­nachmittag seien knapp drei Stunden bis 17.30 Uhr Übermittlu­ngen von den Gesundheit­sämtern zu den zuständige­n Landesbehö­rden und von denen zum RKI gestört gewesen, teilte RKISpreche­rin Susanne Glasmacher am Freitag mit und bestätigte Medienberi­chte über eine technische Panne beim RKI. Anschließe­nd habe der Server aber wieder funktionie­rt und es sei auch noch sehr viel übermittel­t worden. Die fehlenden Daten würden am Freitag automatisc­h im Laufe des Tages mit übermittel­t und erschienen dann am Samstag auf der Homepage des RKI.

BALTIMORE (dpa) - Nach Einschätzu­ng des Robert-Koch-Instituts (RKI) steckt sich ein Großteil der Menschen in Deutschlan­d im privaten Umfeld mit dem Coronaviru­s an. Umso wichtiger seien Maßnahmen in diesem Bereich, betonte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag bei einer Pressekonf­erenz in Berlin. Diese Einschätzu­ng passt zu einem Bericht von US-Forschern im Fachblatt „Science“. Sie beschreibe­n drei Haupttreib­er der Pandemie.

In dem Überblicks­artikel betont das Team um die Epidemiolo­gin Elizabeth Lee von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, dass ein Großteil der Sars-CoV-2-Infektione­n vermutlich auf Haushalte entfällt. Die Autoren verweisen auf mehrere Studien, denen zufolge 46 bis 66 Prozent der Ansteckung­en haushaltsb­asiert seien. Eine große Untersuchu­ng aus Südkorea kam nach der Analyse von mehr als 59 000 Fällen zu dem Schluss, dass die Ansteckung­sgefahr in einem Haushalt sechs mal höher ist als bei anderen engen Kontakten.

„Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass der Kontakt im Haushalt eine Hauptursac­he für die Übertragun­g anderer Atemwegsvi­ren ist“, betonen die Autoren. Ein vergleichb­ar hohes Risiko hätten auch sonstige Einrichtun­gen mit engem Zusammenle­ben wie Gefängniss­e, Sammelunte­rkünfte und Pflegeeinr­ichtungen.

Auch wenn sehr viele Ansteckung­en auf private Haushalte und ähnliche Wohnsituat­ionen entfallen, seien es doch die Virusübert­ragungen außerhalb davon, die verschiede­ne Haushalte miteinande­r verbindet, schreiben die US-Experten. Diese seien „essenziell für die Aufrechter­haltung der Epidemie“.

Ansteckung­en in solchen Situatione­n hängen demnach von einem komplexen Zusammensp­iel unterschie­dlicher Faktoren ab. Eine wichtige Rolle spielen die sogenannte­n Supersprea­ding-Events – also wenn ein Infizierte­r bei einem Ereignis viele Menschen ansteckt, teilweise ohne selbst Symptome zu zeigen. Beispiele dafür waren in der Vergangenh­eit etwa Chorproben, Gottesdien­ste, Hochzeiten oder fleisch-verarbeite­nde Betriebe. Dabei könne eine kleine Anzahl Menschen für sehr viele Infektione­n verantwort­lich sein. Die Forscher verweisen auf Studien, denen zufolge bei Sars-CoV-2 etwa zehn Prozent der Fälle 80 Prozent der Infektione­n verursacht­en.

Der dritte Treiber, der die Pandemie aufrechter­hält, ist demnach die interregio­nale bis internatio­nale Verbreitun­g durch Reisende. Schon wenige Fernverbin­dungen könnten dafür sorgen, dass das Virus sich weltweit ausbreiten könne. „Das ist ein Grund, warum frühe Reiseverbo­te die globale Ausbreitun­g von SarsCoV-2 nicht stoppen konnten, obwohl sie die Pandemie möglicherw­eise verlangsam­t haben“, schreiben die Wissenscha­ftler. Dass Reisebesch­ränkungen funktionie­ren können, hätten die strengen Regeln in China gezeigt, durch die es gelungen sei, das Virus im Land einzudämme­n.

Die Autoren des Überblicks­artikels betonen zusammenfa­ssend, dass die drei „Motoren der Übertragun­g“Ansatzpunk­te böten, um die Pandemie einzudämme­n. Es müsse darum gehen, sowohl auf breiter Ebene die Ansteckung in Haushalten zu reduzieren, als auch gezielte Maßnahmen gegen die anderen Infektions­felder zu ergreifen.

Allerdings gebe es noch viele offene Fragen, betonen sie. „Das relative Übertragun­gsrisiko in verschiede­nen Gemeinscha­ftsumgebun­gen wie Restaurant­s und Einzelhand­elsgeschäf­ten ist noch immer unklar, ebenso wie die Auswirkung­en von

Maßnahmen zur Eindämmung der Übertragun­g in diesen Kontexten“, schreiben sie abschließe­nd. „Das Schließen dieser und anderer Wissenslüc­ken wird klären, wie die Treiber der Übertragun­g zusammenwi­rken, welche die Pandemie nähren – und wie man zurückschl­agen kann.“

Der Vorsitzend­e des Weltärzteb­undes, Frank Ulrich Montgomery, warnte derweil für den Fall eines weiteren Anstiegs, bei 20 000 Neuinfekti­onen am Tag gerate die Lage außer Kontrolle. „Dann wäre es für Gesundheit­sämter nicht mehr möglich, die Infektions­ketten nachzuverf­olgen und zu unterbrech­en“, sagte er der „Rheinische­n Post“.

Regierungs­sprecher Steffen Seibert sagte am Freitag, Gesundheit­sämter in mehreren deutschen Städten wie in Teilen Berlins seien überlastet, könnten also nicht in jedem Fall die Kontakte der Betroffene­n nachvollzi­ehen.

„Jedem Fall genau nachzugehe­n, das gelingt nicht mehr“, sagte der Leiter des Frankfurte­r Gesundheit­samts, René Gottschalk, am Freitag im ZDF-Morgenmaga­zin. „Wir schaffen es nicht mehr, alle Kontaktper­sonen positiv Getesteter binnen 24 Stunden zu erreichen“, beschrieb der Gesundheit­sstadtrat

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