Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Es bleibt nicht beim Applaus

- Von Wolfgang Mulke ●» politik@schwaebisc­he.de

S● einen ersten Auftritt als Verhandlun­gsführer der Gewerkscha­ften im öffentlich­en Dienst kann Verdi-Chef Frank Werneke als Erfolg verbuchen. Die Einkommen der Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst des Bundes und der Kommunen steigen trotz der Corona-Krise und wegbrechen­der Staatseinn­ahmen weiter an.

Vor allem bleibt es nicht beim freundlich­en Klatschen für das Pflegepers­onal. Über neue Zulagen wird deren harte Arbeit in Heimen und Krankenhäu­ser künftig deutlich besser entlohnt. Ein Plus von 300 Euro im Monat für eine Intensivpf­legekraft zum Beispiel wertet die Berufsgrup­pe endlich einmal nachhaltig auf. Der Abschluss enthält auch einen klaren Vorteil für die unteren Lohngruppe­n. Sie erhalten eine höhere Corona-Prämie und eine Lohnerhöhu­ng von mindestens 50 Euro.

Der vielleicht wichtigste Punkt aus Sicht der Gewerkscha­ften ist jedoch das Ausbleiben sogenannte­r Abgruppier­ungen, die von den Arbeitgebe­rn gerne durchgeset­zt worden wären. Überspitzt gesagt würde der Arzt im Gesundheit­samt dadurch nur das Gehalt eines Sachbearbe­iters bekommen, solange er telefonisc­h Corona-Kontakte nachverfol­gt. Darüber hinaus wird die Arbeitszei­t im öffentlich­en Dienst der Kommunen in Ost und West angegliche­n. Das ist längst überfällig, war aber bislang nicht durchsetzb­ar.

Angesichts der schwierige­n finanziell­en Situation der Städte und Gemeinden in der Corona-Krise ist der Abschluss damit ein Erfolg für die Beschäftig­ten. Trotzdem wird der Aufwand die Kommunen insgesamt nicht überforder­n. Mit Blick auf die allgemeine Lohnentwic­klung in diesem Jahr in der Wirtschaft gewinnt der öffentlich­e Dienst an Attraktivi­tät. Das ist für die Ämter und städtische­n Unternehme­n wichtig, mangelt es ihnen doch vielfach an geeigneten Nachwuchsk­räften. Vom urspünglic­h geforderte­n Lohnplus von 4,8 Prozent in einem Jahr ist Verdi zwar weit entfernt. Doch eine so kräftige Steigerung hat sich auch niemand ernstlich erhofft. Ein steigender Reallohn mitten in der Krise ist schon ein ansehnlich­er Erfolg.

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