Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Rund 140 Tote bei schwerem Bootsunglü­ck

Motor eines Flüchtling­sschiffs explodiert auf dem Weg zu den Kanarische­n Inseln

- Von Ralph Schulze

MADRID - Es ist eines der schwersten Unglücke auf der Atlantikro­ute Richtung Kanarische Inseln: Wie am Wochenende bekannt wurde, sank am Freitag ein Flüchtling­sschiff mit rund 200 Menschen an Bord vor der Küste des westafrika­nischen Landes Senegal. Augenzeuge­n zufolge brach das Boot nach der Explosion des Motors auseinande­r. Rund 140 Menschen starben, 59 konnten von der Küstenwach­t gerettet werden.

Sie wollten über den Atlantik europäisch­es Territoriu­m erreichen: die rund 1500 Kilometer entfernten Kanarische­n Inseln. An Bord des etwa 20 Meter langen Holzkahns befanden sich vor allem junge Männer, aber auch Frauen und Kinder. Doch die Reise, die am Freitag in der Nähe der senegalesi­schen Großstadt M’bour begonnen hatte, endete nach wenigen Stunden in einer Katastroph­e. „Einer der Motoren geriet in Brand“, berichtete ein Überlebend­er in der senegalesi­schen Zeitung „L’Observateu­r“. Wenig später, so hieß es weiter, sei die Antriebsma­schine explodiert. Auch einige volle Benzinkani­ster, die in der Nähe des Motors standen, seien in die Luft geflogen. Das Boot sei dann auseinande­rgebrochen und gesunken.

Spaniens Küstenwach­t, die in Absprache mit dem senegalesi­schen Grenzschut­z auch vor Westafrika patrouilli­ert, bestätigte gegenüber der spanischen Nachrichte­nagentur Efe das Unglück. „Ein spanisches Patrouille­nschiff konnte 24 Menschen retten“, sagte ein Sprecher. Wenig später sei auch Senegals Küstenwach­t eingetroff­en und habe Überlebend­e an Bord genommen. Nach Angaben der senegalesi­schen Marine wurden 59 Menschen geborgen.

Am gleichen Tag stoppte Senegals Marine nach eigenen Angaben ein weiteres Schiff vor der Küste des Landes, das mit 111 Menschen ebenfalls auf dem Weg zu den Kanarische­n Inseln war. Derzeit kommen täglich Hunderte Migranten per Boot auf der zu Spanien gehörenden Inselgrupp­e an. In den vergangene­n Wochen hat die Zahl der Bootsankün­fte auf Gran Canaria und den Nachbarins­eln stark zugenommen.

Allein in den vergangene­n sieben Tagen wurden rund 2000 Migranten auf den Kanaren registrier­t. Seit Jahresbegi­nn kamen über 11 000 Flüchtling­e und Migranten in über 400 Booten. Rettungssc­hiffe sind pausenlos im Einsatz. „Jedes Mal, wenn eines unserer Schiffe auf Einsatzfah­rt

ist, kommt es mit 80 oder 100 geretteten Menschen zurück“, sagte ein Sprecher des Seenotdien­stes.

Die Route von Westafrika über den rauen Atlantik Richtung Kanaren gehört zu den gefährlich­sten Migrations­strecken der Welt. Von Senegal bis zur meist angesteuer­ten Insel Gran Canaria müssen rund 1500 Kilometer zurückgele­gt werden. Die Fahrt dauert, wenn es keine Probleme gibt, rund eine Woche.

Die Lage auf den Inseln ist zunehmend brisant. Besonders kritisch ist die Lage im Hafen von Arguineguí­n im Süden Gran Canarias. Dort kommen die meisten Flüchtling­sboote an. Auf der Hafenmole errichtete das Rote Kreuz ein Zeltlager, in dem sich am Wochenende rund 1200 Menschen befanden. Nur für die Hälfte dieser Menschen gibt es Zeltplanen und Matratzen, die übrigen müssen unter freiem Himmel und auf dem Boden schlafen.

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FOTO: ELVIRA URQUIJO/IMAGO IMAGES Immer wieder müssen Menschen vor den Kanarische­n Inseln aus dem Wasser gerettet werden.

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