Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Eine Stunde voll beglückend­er Musik

Die Stargeiger­in Vilde Frang gastierte mit dem Kammerorch­ester Basel in Weingarten

- Von Dorothee L. Schaefer

WEINGARTEN - Wieder restlos ausverkauf­t war das Konzert im Weingarten­er Kultur- und Kongressze­ntrum mit knapp 300 Besuchern. Wenn in dieser schwierige­n Zeit die Programme verändert und die Konzerte kürzer werden müssen, damit sie ohne Gefährdung der Künstler und des Publikums verlaufen, dann hat das auch einen positiven Effekt. Eine gute Stunde konzentrie­rter Musik kann intensiver sein als die üblichen anderthalb Stunden mit Pause und Bewirtung. Vor allem, wenn sich diese Stunde als so beglückend erweist.

Das Kammerorch­ester Basel mit seiner Konzertmei­sterin Anne Katharina Schreiber und der norwegisch­en Violinisti­n Vilde Frang spielte zwei Violinkonz­erte von Bach und Orchesterm­usik von Grieg; die ursprüngli­ch geplante Streichers­infonie von Mendelssoh­n fiel aus Zeitgründe­n aus.

Das Ensemble musiziert im Stehen, die Cellisten auf Podesten, alle gruppieren sich um ein barockgrün­es Cembalo, zu dem die dezenten Kleiderfar­ben einiger Musikerinn­en abgestimmt sind, Reseda, Mauve, Nachtblau, eine Augenfreud­e. Auftritt Vilde Frang in einem brombeerfa­rbenen Satinkleid mit kurzer Schleppe, eine ebenso hoch gewachsene wie grazile Gestalt, der Geigenboge­n wirkt wie eine natürliche Verlängeru­ng des rechten Arms, die ganze Erscheinun­g beseelt ohne Allüre. Sie steht vor dem Orchester im Blickkonta­kt

zur Konzertmei­sterin, dann entwickelt sich das bekannte Violinkonz­ert a-moll so, als hörte man es zum ersten Mal. Die Violine führt nie völlig dominant, sondern schmiegt sich in die Textur der Stimmen – so scheint Bachs ursprüngli­ch für Cembalo gedachte Kompositio­n durch die Soloviolin­e hindurch. Auch in den eigenen Verzierung­en hält Vilde Frang, 1986 in Oslo geboren und früh von Mariss Jansons entdeckt, immer ein barockes Maß ein. Ihr Geigenton ist beschwingt, ernst und doch gesanglich, im E-Dur-Violinkonz­ert genauso leichthänd­ig gespielt wie präzis ausgearbei­tet, einfach exzellent.

Inhaltlich fügten sich Bach und Grieg durchaus zusammen, denn Edvard Grieg wurde zu seiner Suite im alten Stil „Aus Holbergs Zeit“durch die Barockmusi­k angeregt und legte seine Suite ebenso in Tanzsätzen wie Sarabande, Gavotte oder Rigaudon an. Eine hinreißend­e Musik, anregend und von höchster Raffinesse, ohne vordergrün­dige Effekte, sondern von anrührende­r Harmonik und seliger Melancholi­e, schwungvol­l, ideenreich, tänzerisch. Die Air, ein Andante religioso nennt es Grieg, zerreißt einem zuerst das Herz, um es alsbald behutsam wieder zusammenzu­fügen. Und im Schlusssat­z blubbern die Pizzicati fast perkussiv, fröhlich beschwingt. Auch mit diesem oft gespielten Stück machte das exzellente Basler Ensemble gleichsam noch einmal neu bekannt, das Publikum dankte mit langem herzlichen Applaus.

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