Aufstieg und Fall der Top Dogs
Landestheater Esslingen gastiert in der Lindenhalle – Erste Aufführung nach langer Pause
EHINGEN (kö) - Vom Chefsessel abgestürzt in die Bedeutungslosigkeit, das ist das Schicksal der Top Dogs im Schauspiel von Urs Widmer aufgeführt von der Landesbühne Esslingen in der Lindenhalle.
„Lorbeeren gehören in die Suppe nicht unter Ihren Hintern zum Ausruhen. Im Krieg brauche ich andere Männer als im Frieden“erklärte der Noch-Topmanager seinem Untergebenen bei der Kündigung. Noch ahnt er nicht, dass ihm ein ähnliches Schicksal blüht, doch da ist er nicht allein. Auf Pezzibällen wippen sie die fünf ehemaligen Top Dogs der Führungsetage barfuß all ihrer Macht beraubt. Namen haben ihre Rollen nicht, sie sprechen sich an so wie sie heißen: Susanne Weckerle, Insa Jebens, Gilbert Mieroph, Andreas Guglielmetti und Justin Hibberle, der im letzten Moment für einen verunglückten Kollegen eingesprungen ist. Weckerle ist Headhunterin und hat um die 1000 Stellen bei einer weltweiten Cateringfirma für Fluggesellschaften abgebaut, „zu alt, zu teuer, zu unbeweglich“sagt sie zu den ehemaligen Top-Managern. „Per Saldo kein Problem, ich bin emotional der coole Typ“, meint einer überlegen. „Entlassung, was ist das schon, du stehst auf der Straße, da stehen Millionen andere auch, da fällst du nicht weiter auf“sieht es der nächste fatalistisch. „Woher hat der Mensch nur diese Tränen alle, alles weg, Haus, Frau, Apartment auf Sylt“, jammert der Dritte und hat Suizidgedanken. Auch die Headhunterin ist inzwischen rausgeflogen, obwohl sie meint, dass Catering ohne sie gar nicht ginge. Nun wollen alle bei der „New Challenge Company“lernen mit der neuen Situation umzugehen. Jetzt sind sie mit dem Alltag konfrontiert, einer geht nach wie vor jeden Morgen aus dem Haus und verbringt die Zeit im Kino, um sich nicht um Frau und Kinder kümmern zu müssen und der Frau die neue Lage nicht eingestehen zu müssen, dabei weiß die Frau das längst vom Nachbarn.
Eiskalt erwischt die Führungskräfte nun, was sie früher ihren Untergebenen gepredigt haben: Arbeitslosigkeit als Chance zu begreifen, sie als Möglichkeit zu sehen, ihr Leben neu zu gestalten. In Rollenspielen müssen die früheren Top
Dogs lernen, die Welt von einer anderen Seite zu sehen. Ein Frühstück mit der Ehefrau mit vertauschten Rollen, ein Vorstellungsgespräch, bei dem die Gehweise eine große Rolle spielt entbehren nicht einer gewissen Komik.
„Körper machen Leute, mittelgroße Schritte, den Horizont im Blick, Biss zeigen. Die moderne Führungskraft ist Coach, nicht Chef. Selbstsicherheit, Authentizität, Ausstrahlung ihr Markenzeichen“lernen die ehemaligen Top-Manager. „Ich will ein Adler sein und keine Ente“, ist ihr Schlachtruf. Für die Damen gilt, dass die Waffe der Frau ihr Kopf ist, nicht mehr ein aufreizend geschwungenes Hinterteil.
Eine gelungene Aufführung unter der Regie von Christoph Roos mit vielen satirischen Momenten, die die wenigen erlaubten Zuschauer in der Lindenhalle nach neun Monaten Theaterpause sehr genossen haben.