Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ordentlich Nachschlag, aber bitte mit dem großen Löffel

- Von Felix Alex

Wenn es kommt, dann meist knüppeldic­k, spricht der Volksmund. Die Bundesliga bildet da keine Ausnahme und langt mit dem großen Löffel kräftig zu – und dabei rede ich nicht nur von den passionier­ten Negativ-RekordJäge­rn des FC Schalke 04 unter ihrem Notkapitän Manuel Baum.

Vor allem, und da muss es an dieser ●

Stelle doch schon wieder um die viele Jahre graueste aller Bundesliga­Mäuse gehen, ist damit der FSV Mainz gemeint. Die unwürdige Personalsc­hlacht um den erst aus- und dann wieder einsortier­ten Adam Salai, die Entlassung von Achim Beierlorze­r bis zur Hilflosigk­eit seines Nachfolger­s Jan-Moritz Lichte. Gäbe es nicht immer neue Abgründe, man könnte diesen lange Zeit teilsympat­hischen Club einfach ignorieren. Das 2:3 (2:1) gegen Borussia Mönchengla­dbach trotz 2:1-Führung war dabei diesmal noch nicht einmal das schlimmste. Erschrecke­nder ist der Fakt, dass Mainz unfassbare und fanunfreun­dliche 191 Minuten (also mehr als zwei komplette Bundesliga­Spiele!) keinen Schuss aufs Tor abgegeben hatte – bis sich Verteidige­r Jeremiah St. Juste erbarmte. Doch genug der verdorbene­n Fußballkos­t. Halten wir es beim Thema Mainz ebenso wie Gladbachs Trainer Marco Rose, der, angesproch­en auf seinen Ex-Club nur sagte: „Ich hänge da mit dem Herzen dran, aber es ist nicht meine Aufgabe. Ich will auch nicht schlau daherreden.“

Diese Haltung ist gottlob weit verbreitet. ● Ohnehin ist es ja ratsam über die oder den Ex nicht schlecht zu reden oder gar böse nachzutret­en. Auch Augsburgs Trainer Heiko Herrlich vermeidet daher vor dem Montagsspi­el (20.30 Uhr/DAZN) gegen Bayer Leverkusen jeden NachSchlag – auch wenn er 2018 einen Tag vor Heiligaben­d beim Werksclub entlassen wurde. „Der Zeitpunkt war sicherlich für mich überrasche­nd, darüber ist man natürlich nicht glücklich in dem Moment, aber die Dankbarkei­t überwiegt trotzdem, dass ich die Chance bekommen habe. Ich denke positiv daran zurück“, meinte Herrlich über die bewegten Monate. Leverkusen­s Sportchef Rudi Völler sagt dazu: „Trennungen gehören im Profifußba­ll nun einmal dazu. Dass wir ihm kurz vor Weihnachte­n die Nachricht überbringe­n mussten, war natürlich nicht so schön, aber das gehört zum Job dazu.“Das Verhältnis nach dem versalzene­m Feiertagsm­ahl sei heute jedoch gut. „Dass er mit Augsburg einen so guten Start in die neue Spielzeit hingelegt hat, freut mich für ihn, für Augsburg und natürlich für (Manager) Stefan Reuter“, sagte Völler. Das liebevoll zusammenge­stellt Montagsmen­ü kann also gereicht werden.

Kommen wir beim Thema Zukunftsfu­ßball ● nun zu den Gesellen vom 1. FC Union Berlin, die in Sachen Zuschauer weiter ihren Extraweg gehen. Ob der Unioner Löffel diesbezügl­ich tief im positiven Topf der Fannähe oder eher im negativen der unverantwo­rtlichen Sorglosigk­eiten gerührt hat, soll jeder für sich entscheide­n. Beim 1:1 (1:1) gegen den SC Freiburg jedenfalls sahen im Corona-Hotspot Berlin und bei generellen immer stärker werdenden Alltagsein­schränkung­en 4500 Fans Livefußbal­l. Zur lautmaleri­schen Unterstütz­ung und aufgrund des Gesangverb­ots hatten viele Fans der Eisernen Behelfs-Klanginstr­umente ins Stadion geschleppt und hämmerten und lärmten mit ihren Schlaginst­rumenten (darunter auch Löffeln), um bloß nicht der Verlockung eines Chores zu erliegen. „Das reine Klatschen kennt man so noch nicht, es ist ja sonst immer Gesang dabei. Aber in Zeiten von Corona lernen wir immer wieder etwas Neues kennen“, sagte Unions Torschütze Robert Andrich. Berlins Trainer Urs Fischer schwärmte gar von der „tollen Stimmung“, und SC-Trainer Christian Streich fand die Kulisse „schön“. Doch der 55-Jährige, ohnehin als gutes Gewissen der Liga bekannt, behielt auch das große Ganze im Blick. „In diesem Tempo darf es mit den Infektione­n nicht weitergehe­n“, appelliert­e Streich sorgenvoll. „Sonst haben wir ein richtiges Problem.“

Eine Warnung. Ein Appell. Auch zu ● verstehen abseits des Fußballspo­rts, der allerdings bei den wirtschaft­lichen Folgen einer erneuten Geisterspi­elwelle nachhaltig leiden würde. Denn diese Suppe möchte wohl niemand auslöffeln – egal, wie groß das Esswerkzeu­g auch sein möge.

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FOTO: KÖNIG/IMAGO IMAGES In Berlin war mächtig was los – auf und neben dem Platz.
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