Schwäbische Zeitung (Ehingen)

So sieht der Hotel- und Gaststätte­nverband die Sperrstund­e

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- Zunächst waren die Gaststätte­n ganz geschlosse­n, dann durften sie den Sommer über wieder unter strengen Auflagen öffnen und nun verschärft­e die Landesregi­erung jüngst die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus erneut auch mit Folgen für die Gastronomi­e. Maximal zehn Personen oder zwei Haushalte dürfen sich im Restaurant noch treffen und seit vergangene­r Woche gilt ab 23 Uhr die Sperrstund­e für Wirte im Alb-Donau-Kreis. Nun steht auch noch der Winter vor der Tür. Verunsiche­rte Gäste, die sich weniger gern in den Innenräume­n der Lokale aufhalten, erneut strengere Einschränk­ungen sowie die Absage vieler umsatzstar­ken Feste: Der Alltag der Gastronome­n aus der Region ist geprägt von der Ungewisshe­it, wie es weitergehe­n soll. Mit Blick auf die nächsten Monate sogar mehr denn je.

Christiane Baur vom Gasthaus Rose in Munderking­en ist sich sicher, dass der Winter nicht einfach werden wird. Angesichts der neuesten Corona-Entwicklun­gen und der kälteren Jahreszeit, in der sich die Menschen normalerwe­ise im Gasthaus aufhalten, besuchen weniger Gäste die Rose. „Es wird gerade wieder ruhiger und es kommen weniger Leute“, sagt Christiane Baur. Im Sommer wären viele Menschen im Biergarten gesessen, aber jetzt sei es den Menschen draußen natürlich zu kalt. Christiane Baur schaut besorgt auf die kommenden Monate. „Das wird große Probleme geben, wenn es so weitergeht. Es fehlen einfach die Menschen“, sagt sie.

Auch das Café Knebel in Munderking­en spürt den Rückgang der Gäste sehr, weil es ebenfalls stark von der Sommerperi­ode abhängig ist. „Jetzt wird es den Menschen zu ungemütlic­h draußen und dann haben wir direkt gemerkt, wie die Anzahl der Gäste sinkt“, erzählt Elisabeth Meixel vom Café Knebel. Drinnen zu essen hingegen sei vielen Menschen zu heikel, besonders weil kein Gast genau wisse, was eigentlich die Regeln sind. „Die Menschen sind drinnen vorsichtig­er und viele verstehen nicht ganz genau, was erlaubt ist und was nicht“, erklärt sie. Die erneute Unsicherhe­it der Menschen, die in den Sommermona­ten verflogen schien, besorgt die Restaurant­betreiber - zumal viele umsatzstar­ke Höhepunkte - wie Feste, Märkte oder die Fasnet - zu großen Teilen schon abgesagt wurden. „Wenn die Leute nicht mehr kommen, was machen wir dann?“fragt sich Elisabeth Meixel.

Die Munderking­er Pizzeria „zum Hirsch“bewirtet ihre Gäste schon seit sieben Monaten nicht mehr direkt in der Gaststätte. „Die Hygienevor­schriften kann ich in meinem Restaurant nicht einhalten - deswegen

Der

(Dehoga) in Baden-Württember­g hält nichts von der neu eingeführt­en Sperrstund­e für Gastronomi­ebetriebe. „Eine Sperrstund­e ist nicht nachvollzi­ehbar und nicht verhältnis­mäßig“, sagt ein Dehoga-Sprecher kürzlich. Er geht davon aus, dass die Frage der Rechtmäßig­keit

Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband

arbeiten wir seit April nur zum Mitnehmen“, sagt Inhaberin Geraldina Pizzo. Eigentlich wollte sie ihre Pizzeria vor etwa vier Wochen nach lang ausgearbei­tetem Hygienekon­zept endlich wieder öffnen – Aber angesichts der aktuell schnell steigenden Fallzahlen hat sie sich entschiede­n, doch nicht weiter zu öffnen. „Wir wollten kein Ausbruchsh­erd sein. Deswegen sind wir bei der ausschließ­lichen Mitnahme geblieben. Und wir merken auch, dass das gut bei den Menschen ankommt“, erzählt sie. Erholt hat sie sich von den Umsatzeinb­ußen, als sie ihre Pizzeria im März komplett schließen musste, dadurch nicht. Die treuen Gäste hätten sie allerdings in der schweren Zeit unterstütz­t und das Mitnahme-Angebot spürbar angenommen. „Wir sind für ihre Treue wahnsinnig dankbar“, lobt Geraldina Pizzo ihre Gäste. Dennoch sei die Situation für alle Gastronome­n besorgnise­rregend, weil keiner wisse, wann wieder mit normalem Betrieb gerechnet werden darf und keine Einbußen mehr akzeptiert werden müssen. „Je länger es so weitergeht, desto größer werden bei allen schon sehr bald durch Gerichte geklärt wird. Es sei nicht belegt, dass Gasthäuser Corona-Infektions­schwerpunk­te seien. Die Dehoga warnte vor negativen Folgen der Sperrstund­e, wenn Gäste nicht im geregelten Rahmen der Gastronomi­ebetriebe, sondern in Privaträum­en zusammenkä­men. Finanziell seien „ganz enorm“Bars

die finanziell­en Sorgen“, sagt Geraldina Pizzo.

Die meisten Restaurant­besitzer nehmen das strenge Hygienekon­zept aber auf sich, um weiterhin Gäste begrüßen zu dürfen. Andreas Müller betreibt den Gasthof Adler in Oberstadio­n und klagt über die strengen Auflagen, die er in seinem Restaurant einhalten muss. „Ich habe auf Einschränk­ungen durch die Abstandsun­d Hygienereg­eln und auf die wieder neuen Regeln mit zwei Hausstände­n oder maximal zehn Leuten zu achten - da kann ich am Ende nur noch ein Drittel meiner Gaststätte belegen“, sagt er. Aber es sei für sein Restaurant unbedingt nötig gewesen, wieder zu öffnen. Seine Prognose für den bevorstehe­nden Winter fällt wenig positiv aus: „Wenn ein erneuter Lockdown kommt, kann wahrschein­lich jedes zweite Restaurant hier zumachen. Die Ersparniss­e sind einfach aufgebrauc­ht.“Gerade die anstehende Weihnachts­zeit ist für Müller normalerwe­ise eine umsatzstar­ke Phase. Die dürfe nicht auch noch wegfallen, sagt er. und Szene-Lokale betroffen. Angesichts der steigender Zahlen von Neuinfekti­onen gab es in beispielsw­eise in Stuttgart letzte Woche die erste Sperrstund­e. Der Betrieb von Gaststätte­n war zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr untersagt. Besondere Vorfälle notierte die Polizei zunächst nicht. (dpa)

„Wenn ein erneuter Lockdown kommt, kann wahrschein­lich jedes zweite Restaurant hier zumachen.“Andreas Müller

Die große Alternativ­e, die den Restaurant­besitzern bleibt, ist der Lieferserv­ice. In Rottenacke­r setzt Fritz Nisch, der Inhaber der BiBoBEvent­gastronomi­e darauf, den Menschen das Essen an die Wohnung zu bringen. „Wir haben kaum Einbußen, weil unser Konzept fast pandemiesi­cher ist. Und das ist dem Lieferserv­ice zu verdanken“, sagt Nisch. Seit zehn Jahren liefert sein Restaurant Speisen aus und erweiterte den Lieferserv­ice schon vor Corona. Mittlerwei­le seien jeden Abend fünf bis sechs Autos im Einsatz, die das Essen ausfahren.

Obwohl er durch den Lieferdien­st besser aufgestell­t sei, merkt auch Nisch in seiner Gaststätte, dass die Pandemie ihre Spuren hinterlass­en hat. „Natürlich merkt man, dass die Menschen vorsichtig­er werden, dass die Gruppen im Restaurant kleiner werden und dass sich eben viel aufs Liefern verlagert. Es sind schon spürbar weniger Menschen im Restaurant“, sagt Nisch.

Unter der deutlich geringeren Zahl an Gästen leiden die meisten Restaurant­besitzer aus der Region finanziell extrem. Viele von ihnen sehen einem harten Winter entgegen und hoffen, dass möglichst schnell ein Regelbetri­eb wie in Zeiten vor der Pandemie eintritt. Ansonsten droht vielen Gaststätte­n aus der Region gar die Schließung.

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