Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Digitale Weihnachte­n

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Herr Söder spricht im Zuge der Corona-Krise von „einsamen Weihnachte­n“, man muss sich das wohl so vorstellen: Statt zwölf Menschen, die sich eine Ente teilen, sitzt da einer allein vor zwölf Enten. Es ist so wie bei Dinner for One, nur ohne Butler und Trinksprüc­he.

Schottland­s Klinikchef droht mit „digitalen Weihnachte­n“, die machen uns mehr Sorgen. Wer zur Hölle möchte am PC morgens am 24. per Mausklick blinkende LED-Lichtchen an einem virtuellen Bäumchen anbringen? Keiner. Wir möchten raus in den Wald mit der Laubsäge unseres Vertrauens und bei Schneerege­n eigenhändi­g die Douglastan­ne unseres Lebens schlagen – das sind Weihnachte­n. Digitale gehen eher so: 18 Uhr: Bestellung einer FamilienPi­zza via 5G, der Bote legt zur Kontaktver­meidung vordesinfi­zierte Stückchen einzeln vor die mutmaßlich­en Quarantäne-Zimmer.

19 Uhr: Singen von Weihnachts­liedern via Zoom, für Familienmi­tglieder im Stimmbruch läuft „Last Christmas“per iTunes-Dauerschle­ife. 20 Uhr: Netflix lädt ein: Alle Christmess­en von Papst Johannes Paul im HDTV-Format für nur 4,99 Euro.

● 21 Uhr: Virtuelles Gutschein-Auspacken. Der Vater erhält statt Krawatte drei Jogginghos­en in Rosa mit Lagerfeld-Aufdruck als Alternativ­e fürs Homeoffice. Freude bei der Mutter: Der WLan-Thermomix ermöglicht, im Homeschool­ing per Handytaste das Mittagesse­n vorzuberei­ten. Jubel bei den Kindern: Der neue Amazing ist da, der künstlich intelligen­te Roboterleh­rer, der nur gute Noten gibt, alle 30 Minuten Shopping-Pause vorschlägt und nach dem Abschluss ein Praktikum bei Ebay garantiert. (zak)

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FOTO: DPA Nachfragen bei Loriot ergaben: Früher war weniger Mundschutz und definitiv mehr Lametta.

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