Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Demonstrat­ionen und Gewalt in Italien

Unmut über Corona-Maßnahmen – Randale in mehreren Großstädte­n

- Von Thomas Migge und dpa

ROM - Mit einem Nothilfepa­ket von über fünf Milliarden Euro will Italiens Regierung die Folgen der jüngsten Corona-Beschränku­ngen abfedern – und ruft die Bürger gleichzeit­ig dazu auf, sich von den gewaltsame­n Ausschreit­ungen bei Protesten gegen die Corona-Regeln zu distanzier­en.

Vor wenigen Tagen entschied die Regierung von Ministerpr­äsident Giuseppe Conte strenge Auflagen zur Eindämmung der Pandemie in Italien. Seit Montag müssen alle Restaurant­s, Pizzerien und Bars um 18 Uhr schließen. Ab 24 Uhr gilt für das ganze Land eine Ausgangssp­erre bis 5 Uhr morgens. In Restaurant­s dürfen nicht mehr als vier Personen an einem Tisch sitzen. Besuche von Nicht-Familienmi­tgliedern daheim sollten unterbleib­en. Auch Kinos, Theater und Konzerthal­len sind betroffen.

In allen großen Städten wachen Polizisten und auch Soldaten über die Einhaltung des Verbots von Menschenan­sammlungen.

Plätze, an denen sich vor allem junge Leute treffen, werden ab 18 Uhr abgeriegel­t. Nur die politisch autonome Region Südtirol händelt die Krise anders. Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r entschied in offenem Widerspruc­h zum Regierungs­dekret aus Rom, dass Bars und Restaurant­s bis 22 Uhr geöffnet bleiben können, Kinos, Theater und Konzerthal­len dürfen Besucher empfangen. Im übrigen Italien kommt es dagegen verstärkt zu Protesten. So randaliere­n seit dem Wochenende Hunderte von Neapolitan­ern

immer wieder im Stadtzentr­um. Zunächst begannen die Demonstrat­ionen von Geschäftsl­euten friedlich, doch schnell flogen Molotowcoc­ktails und Steine, wurden Schaufenst­erscheiben eingeworfe­n, Geschäfte geplündert, parkende Autos in Brand gesteckt und Polizisten angegriffe­n. Zu ähnlichen Szenen kam es auch in Turin und Rom.

Bei allen Ausschreit­ungen gegen die neuen Anti-Corona-Bestimmung­en traten Personen als besonders gewalttäti­g hervor, die neofaschis­tischen Gruppierun­gen angehören – darunter auch radikale Anhänger von Fußballclu­bs. Gleichzeit­ig demonstrie­ren seit Tagen in rund 18 Städten Gewerbetre­ibende, Künstler und Taxifahrer. Dem Gaststätte­nverband zufolge könnten aufgrund der Schließung­en rund 360000 Mitarbeite­r ihren Job verlieren. Die Regierung zeigt sich unbeeindru­ckt. Sie will die Regeln nicht lockern. Oberste Priorität habe die Eindämmung der Pandemie. Derzeit zählt Italien mehr als 22 000 Neuinfizie­rte pro Tag.

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FOTO: PINTO /AFP In Rom protestier­ten am Mittwoch Köche.

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