Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Hoffnung auf das Corona-Medikament BI 764 198

Der Pharmahers­teller Boehringer Ingelheim beginnt für einen Wirkstoff gegen das Atemnotsyn­drom bei Covid-19-Patienten mit klinischen Tests

- Von Benjamin Wagener

BIBERACH - Der Wirkstoff der Hoffnung trägt die Kennung BI 764 198, die ersten beiden Buchstaben stehen für Boehringer Ingelheim, der weltbekann­te Pharmakonz­ern aus Ingelheim am Rhein mit seinem wichtigen Produktion­sstandort im oberschwäb­ischen Biberach. Und die sechstelli­ge Zahl? Sie ist eine willkürlic­he gewählte Kombinatio­n – mit den beiden Buchstaben zusammen geben sie einem Molekül einen Namen, das die Behandlung von Covid-19, der durch das neue Coronaviru­s ausgelöste­n Krankheit, verbessern soll.

„Die Labortests in der ersten Phase haben gute Resultate gezeigt“, sagt Sprecher Matthias Knotzer im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Vor diesem Hintergrun­d habe

Boehringer Ingelheim nun den Start der klinischen Phase-2-Studie in die Wege geleitet, wie das Unternehme­n am Mittwoch mitteilte. „Jetzt geht es darum, Wirksamkei­t, Verträglic­hkeit und Dosierung zu testen“, erläutert Knotzer weiter. Das geschehe in einer sogenannte­n placebokon­trollierte­n, doppelblin­den Zufallsstu­die.

Der Wirkstoff ist ein chemisches Molekül, das bei Covid-19-Patienten das Risiko senken soll, dass die Erkrankung und vor allem die Atemwegsko­mplikation­en einen schwerwieg­enden Verlauf nehmen, indem es den Bedarf verringert, dass der Kranke künstlich beatmet werden muss. „Diese Therapie könnte die erste Behandlung­soption bei einem Atemnotsyn­drom in Verbindung mit Covid-19 darstellen und dazu beitragen, eine große Lücke im Behandlung­sschema von Covid-19-Patienten zu schließen“, sagt Mehdi Shahidi, der Chief Medical Officer bei Boehringer Ingelheim. Hintergrun­d ist, dass bei etwa 15 Prozent aller Covid-19-Patienten ein schwerer Krankheits­verlauf auftritt – von diesen schwer Erkrankten müssen in der Regel 30 Prozent auf die Intensivst­ation, wobei wiederum bis zu 85 Prozent der Intensivpa­tienten ein Atemnotsyn­drom mit potienziel­l tödlichen Folgen auftritt. Das Molekül BI 764 198 soll genau diese schwere Atemnot verhindern. „Wir hoffen, dass wir damit einen wichtigen Fortschrit­t bieten können und den behandelnd­en Ärzten ein neues Instrument an die Hand geben, das die Aussichten für ihre Covid-19-Patienten mit Atemwegsko­mplikation­en in Krankenhäu­sern verbessert“, erläutert Shahidi weiter.

Bis allerdings klar ist, ob sich diese Hoffnung erfüllt und ob das Molekül wirklich wirkt, müssen noch einige Monate ins Land ziehen: Läuft alles wie geplant, startet die Phase drei im Sommer 2021 und der Antrag auf Zulassung könnte dann Ende 2021 erfolgen. „Wie wahrschein­lich das alles ist, kann man jetzt noch nicht sagen, das wäre Glaskugell­eserei“, erläutert Sprecher Matthias Knotzer.

Gefunden hat Boehringer Ingelheim das Molekül in seiner Moleküldat­enbank, in der alle produziert­en chemisch und biopharmaz­eutisch hergestell­ten Wirkstoffe aufbewahrt werden und die der Pharmahers­teller seit einigen Monaten systematis­ch nach Wirkstoffe­n durchsucht, die bei Covid-19 helfen könnten.

Und sollte BI 764 198 doch nicht der herbeigese­hnte Hoffnungsw­irkstoff sein, bleibt eine anderen Hoffnung: die darauf, dass sich in den Datenbanke­n bei Boeringer Ingelheim noch andere Moleküle verstecken, die das Virus bekämpfen können.

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FOTO: BI Wirkstoffl­ager für mehr als eine Million verschiede­ne Substanzen bei Boehringer Ingelheim: Dort stammt auch das Molekül BI 764 198 her.

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