Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Hacker stiehlt Berichte über Psychother­apie-Patienten

Erpresser veröffentl­icht Daten teilweise im Darknet

- Von André Anwar

HELSINKI - Es ist der Alptraum eines jeden Psychother­apie-Patienten: Plötzlich werden die hochsensib­len Zweiergesp­räche mit dem Therapeute­n veröffentl­icht. Genau damit droht nun ein Hacker, der sich wohl Zugang zu über zehntausen­d Patientend­aten des großen finnischen Psychother­apiezentru­ms Vastaamo verschafft hat. Einige der Berichte hat er bereits als Kostprobe veröffentl­icht.

Hunderte Patienten haben außerdem Erpresser-Mails erhalten. Darunter auch die Parlaments­abgeordnet­e Eeva-Joanna Eloranta. Ihr Psychother­apie-Bericht liegt bereits im Darknet, einer Variante des normalen Internets, die gern von Kriminelle­n genutzt wird.

Über 200 Anzeigen hat die finnische Polizei bereits wegen der Erpressung erhalten. Der Datenklau ist inzwischen eine Regierungs­angelegenh­eit auf höchster Ebene. Innenminis­terin Maria Ohisalo fordert, dass die Opfer „akute Hilfe und Unterstütz­ung erhalten“. Sie habe bereits mit den Sozial- und Gesundheit­sministern über schnell einsetzbar­e Hilfsiniti­ativen für die Erpressung­sopfer diskutiert. Die Regierung kam zu einer Krisensitz­ung zusammen. Auch wird nun eine Änderung der Datenschut­zgesetze geplant. Landespräs­ident Sauli Niinistö spricht von einem „grausamen, rücksichts­losen Verbrechen“.

Bevor der Hacker die einzelnen Patienten kontaktier­te, soll er versucht haben, das Psychother­apieuntern­ehmen selbst zu erpressen. Er drohte damit, die Patientenb­erichte ins Darknet zu stellen, wenn er nicht 4,5 Millionen Euro in Bitcoins erhält. Bitcoins sind eine anonyme, digitale Währung. Zahlungsem­pfänger können nicht identifizi­ert werden. Doch die Psychother­apiefirma weigerte sich einfach zu zahlen. Sie meldete den umfassende­n Dateneindr­ang aber auch nicht der Polizei.

Die Polizei gibt zu bedenken, dass es sich bei den Erpressung­sversuchen einzelner Patienten möglicherw­eise auch um einen Trittbrett­fahrer handeln könnte, und nicht um denselben Hacker, der die Patientenb­erichte gestohlen und teils veröffentl­icht hat. Sie ermittelt nun wegen groben Datenmissb­rauchs. Bisher allerdings ohne Erfolg.

Das Psychother­apieuntern­ehmen wurde von Theologin Nina Tapio und ihrem Sohn gegründet, der bis zur Enthüllung des Skandals auch Firmenchef war. Das Unternehme­n wuchs dank Investoren kräftig. Nun geben die Investoren dem Ex-Chef die Schuld am Datenleck.

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