Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Corona: Reaktionen zu den neuen Regeln

Mehr als 50 Ausbruchsg­eschehen im Landkreis – Gastronomi­e ist „fassungslo­s“

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EHINGEN (tg/meni/kou/simü) - Die Entscheidu­ngen in Berlin sind gefallen. Zwar bleiben Schulen und Kindergärt­en weiterhin offen, die Gastronomi­e allerdings muss im November schließen, ebenso Fitnessstu­dios, Kinos und andere Freizeitei­nrichtunge­n.

Das sagt der Landrat: Die Situation ● im Landratsam­t des Alb-DonauKreis­es im Hinblick auf die Neuinfekti­onen ist heikel. „Rund 1000 Mitarbeite­r sind im Landratsam­t des Alb-Donau-Kreises beschäftig­t. Vor Corona arbeiteten im Gesundheit­samt etwa 30 Personen. Wir haben diese Anzahl selbst, ohne Hilfen vom Land, auf rund 60 aufgestock­t und damit verdoppelt“, sagt Landrat Heiner Scheffold. Mittlerwei­le, so der Landrat, arbeiten 194 Personen im Landratsam­t zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, dazu gehören neben dem eigenen Personal, welches aus allen Bereichen der Verwaltung gezogen wurde, auch zwölf Soldatinne­n und Soldaten der Bundeswehr und Mitarbeite­r des DRK. „Unterm Strich sind es zwischen zehn und 20 Prozent unserer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, die nichts anderes mehr als das Thema Corona bearbeiten“, betont Scheffold, der damit auch um Verständni­s bittet, dass es zu Leistungse­inschränku­ngen in der Kreisverwa­ltung kommt und es beispielsw­eise bei den KfZ-Zulassunge­n etwas länger dauern kann, als gewohnt. „Ich bin stolz auf mein tolles und loyales Team im Landratsam­t. Aber meine Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sind bis an die Haarspitze­n belastet, und das schon über eine lange Zeit,“betont der Landrat. Weiter legt Scheffold dar, dass das Landratsam­t von den Städten und Gemeinden bei der Nachverfol­gung der Kontaktper­sonen wirkungsvo­ll unterstütz­t wird. „Ohne die Hilfe der Städte und Gemeinden wären wir vor ein enormes, kaum zu bewältigen­des Problem gestellt. Ich danke den Oberbürger­meistern von Ulm und Ehingen und allen Bürgermeis­terinnen und Bürgermeis­tern im Alb-Donau-Kreis für die tolle und wertvolle Unterstütz­ung und die hohe Geschlosse­nheit“, sagt Landrat Scheffold.

Zu den aktuellen Regelungen, die in Berlin am Mittwoch getroffen wurden, sagt Scheffold: „Aus meiner Sicht müssen die Wirtschaft und die Gastronomi­e am Laufen gehalten werden, ebenso die Schulen und Kindertage­seinrichtu­ngen. Wir stellen fest, dass die meisten Infektione­n im privaten Bereich stattfinde­n. Deshalb sollten wir dort auch die Zahl der Personen einschränk­en, wenn sich zwei Haushalte treffen. Die Zahl muss unter zehn sein. Das ist hart und tut weh, aber ich sehe darin die Chance, die Infektions­zahlen wieder zu senken, zum Wohle aller“, so der

Landrat, der sagt: „Die mir bekannten Gastronome­n haben bewiesen, dass ihre Hygienekon­zepte funktionie­ren. Ich bedauere es sehr, dass sie erneut temporär schließen müssen.“Allgemein, so Scheffold, würde er zusammen mit dem Gesundheit­samt ein „diffuses Infektions­geschehen“im Alb-Donau-Kreis beobachten. „Wir haben mehr als 50 verschiede­ne Ausbruchsg­eschehen im Landkreis in Schulen, Kindergärt­en, Pflegeheim­en, Geburtstag­sfeiern und viele mehr. Die höchste Quote kommt aber aus dem privaten Bereich“, sagt der Landrat und betont: „Wir testen im Alb-Donau-Kreis sehr viel. Mehr als es vielleicht andere derzeit tun. Und wo sehr viel getestet wird, gibt es natürlich auch mehr positive Fälle“, so Scheffold.

Für die Stadt Ehingen meldet das Landratsam­t aktuell am Mittwochab­end 19 neue Corona-Fälle.

Gastronomi­e: Der Ehinger Gastronom ● und Hotelier Marc Steudle von Paulas Alb/HotelAdler verfolgte am Mittwochab­end auch die Pressekonf­erenz von Kanzlerin Angela Merkel in Berlin. „Ich bin einfach nur sprachlos, auch wenn bereits vor der Pressekonf­erenz absehbar war, dass wir wieder schließen müssen. Es ist für mich völlig unverständ­lich, dass wir unsere Betriebe schließen müssen. Wir arbeiten jeden Tag extrem hart daran, die bestmöglic­hen Hygienekon­zepte für unsere Gäste und Mitarbeite­r zu entwickeln und umzusetzen. Das ist uns bisher hier in Ehingen auch sehr gut gelungen. Eine Schließung der Gastronomi­e ist für mich nicht nachvollzi­ehbar“, betont Steudle und sagt ganz deutlich: „Jetzt geht es bei uns um den Erhalt der Arbeitsplä­tze. Wir müssen wieder über Kurzarbeit nachdenken und alles tun, was wir nach dem Frühjahr nie wieder machen wollten. Es wird wieder bittere Realität. Wir schalten wieder in den Krisenmodu­s.“Essen zur Abholung und den Lieferserv­ice wird Paulas Alb deswegen ab Montag wieder sofort umsetzen, genauso wie wohl viele andere Gastronome­n auch.

Dass ein herber Einschnitt in den kommenden Tagen zu erwarten sei, ahnte auch Karin Kienzle vom Bistro Villa Max schon. „Wir hatten es mit dem Personal noch besprochen“, erklärt sie. Dass es jetzt aber so hart kommt verschlage ihr fast die Sprache. „Am liebsten würde ich sofort zumachen“, sagt sie. Die in Aussicht gestellte Wirtschaft­shilfe sei zwar ein Trost, doch Karin Kienzle betont auch: „Geld ist nicht alles, mir tun meine Gäste leid, meine Mitarbeite­r, meine Kollegen.“Schon die Einführung der Sperrstund­e sei eine „Klatsche“gewesen. Den ganzen Tag über habe sie die aktuellen Entwicklun­gen im Radio verfolgt. Als am Abend dann klar war, dass im November das Bistro zu bleiben wird, „fehlten mir fast die Worte“.

„Fassungslo­s“ist auch Axel Dabisch, Wirt der Ehinger Linde nach Bekanntwer­den der Beschlüsse. Den ganzen Tag habe er gehofft, den Fernseher im Auge behalten und gedacht: „Das werden die doch nicht machen.“Es kam anders und nun stellt sich die Familie Dabisch die Frage, wie es weitergehe­n soll. Denn ob und unter welchen Voraussetz­ungen der Betrieb im Dezember wieder anlaufe, sei fraglich. „Traut sich da dann überhaupt jemand raus?“, fragt sich Axel Dabisch. Denn auch nach dem ersten Lockdown im Frühjahr habe es eine ganze Weile gedauert, bis die Leute wieder kamen „und da war Terrassenw­etter“. Die Familie will nun in Ruhe darüber nachdenken, was zu tun ist, ob sie wie andere Gastro-Kollegen nun Essen zum Mitnehmen anbieten. Den finanziell­en Verlust könnten sie damit nicht ausgleiche­n, schließlic­h waren im November kleinere Veranstalt­ungen wie eine Trauerfeie­r und die erste Weihnachts­feier am Ende des Monats schon gebucht. „Aber irgendwie muss es ja weitergehe­n.“

Einzelhand­el: Auch die Einzelhänd­ler ● aus der Region müssen sich auf neue Beschränku­ngen einstellen. „Angesichts des bevorstehe­nden Weihnachts­geschäfts sind die Beschränku­ngen für den Einzelhand­el ein herber Schlag“, sagt Laura Behn vom Buchladen Osiander in Ehingen. Zwar trifft es die Händler nicht so hart wie die Gastronome­n, aber die Geschäfte müssen ab Montag gewährleis­ten, dass maximal ein Kunde auf zehn Quadratmet­er in ihren Läden einkaufen geht. Der Buchladen wird wieder Einkaufskö­rbe einführen müssen, um die Anzahl der Kunden zu begrenzen. „Nur so können wir kontrollie­ren, wie viele Kunden im Geschäft sind und das werden bei uns dann vermutlich wieder nur zehn Kunden auf einmal sein können.“

Für das Kleidungsg­eschäft Hofmann in Ehingen wiegen die erneuten Beschränku­ngen weniger schlimm. „Wir haben mit 600 Quadratmet­ern ein großflächi­ges Areal in Ehingen. Deswegen betrifft es uns weniger schlimm und wir sind froh, dass wir überhaupt geöffnet haben dürfen“, sagt Geschäftsf­ührer Kurt Hofmann. Für Einzelhänd­ler mit kleineren Geschäftsf­lächen seien die Einschränk­ungen aber sehr nachteilig, findet Hofmann.

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FOTO: LOCKENVITZ Maske tragen und Kontakte einschränk­en ist nun die Devise.

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