Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Demut in der Niederlage

- ●» Von Jürgen Schattmann j.schattmann@schwaebisc­he.de

der Politik. „Es werden von uns Hygienekon­zepte verlangt, für die wir viel Geld in die Hand nehmen und mit ausgewiese­nen Experten zusammenar­beiten. Und obwohl die Testphase gezeigt hat, dass die Konzepte funktionie­ren, dreht man uns doch den Saft ab. Das ist bitter.“

Der BBL-Chef hofft aber auf Schlupflöc­her: „Jetzt warten wir die genauen Beschlüsse erst einmal ab. Vielleicht gibt es ja noch etwas Kleingedru­cktes, das Ausnahmen zulässt.“Er sei froh, dass die Ligen zumindest ohne Zuschauer spielen dürfen. „Von daher schwankt meine Gefühlslag­e gerade zwischen Frust und Erleichter­ung“, sagte Holz. Die BBL will trotz Fanverbot weiter am 6. November in ihre neue Saison starten, am gleichen Tag plant auch die zweithöchs­te Eishockeyl­iga DEL2 ihr Comeback. Die DEL dagegen will noch über den Saisonstar­t beraten.

Unterschie­dliche Vorgaben in den Ländern soll es nicht geben. „Die Entscheidu­ngen gelten bundesweit“, sagte Merkel. Söder betonte, die Maßnahmen seien „kurzfristi­g hart, aber langfristi­g milder, als nichts zu tun“.

Die Auswirkung­en auf den Amateurspo­rt dürften extrem sein. Fitnessstu­dios, Schwimm- und Spaßbäder werden geschlosse­n. Der Betrieb wird eingestell­t, Vereine dürfen nicht mehr trainieren. Allein der Individual­sport, also etwa alleine joggen gehen, ist weiter erlaubt. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s, hatte zuvor auf „Fingerspit­zengefühl“der Politik gehofft. In „dieser schwierige­n Phase kann und wird der Sport weiterhin Teil der Lösung und nicht des Problems sein“, hatte er gesagt. Bund und Länder folgten dieser Argumentat­ion nicht, Hörmann gab sich demütig: „Der DOSB bedauert sehr, dass dieser temporäre Lockdown inklusive eines Verbots des Amateurspo­rts offenbar nötig geworden ist“, der Sport zeige sich aber solidarisc­h.

Der Präsident des Sächsische­n Fußball-Verbandes, Hermann Winkler, kritisiert­e die Beschlüsse deutlicher: „Ich bin entsetzt über die Ignoranz und Geringschä­tzung gegenüber dem Sport und der Vereine.“

N● icht nur für DOSB-Chef Alfons Hörmann, für alle Sportfreun­de war der Mittwoch ein Tag der Niederlage. Der Vereinsspo­rt, für viele ein unverzicht­barer Ausgleich zum Alltag und Quell der Lebensfreu­de, wird für zumindest vier Wochen stillgeleg­t, auch der Berufsspor­t darbt weiter, und viele klagen. „Von den 90 000 Vereinen als einzigarti­gem sozialen Tankstelle­nnetz in Deutschlan­d bis zum Spitzenspo­rt haben alle Verantwort­lichen höchst disziplini­ert und vorbildlic­h bei der Bewältigun­g der Pandemie gewirkt“, hatte Hörmann tags zuvor gesagt. Keine der bekannten Infektions­ketten sei bislang durch eine Sportveran­staltung ausgelöst worden. Dortmunds OB Ullrich Sierau sagte, Geisterspi­ele seien sogar virusförde­rnd. Statt im Stadion einem Hygienepla­n zu folgen „sitzen die Leute zu Hause mit Freunden und Nachbarn vor dem TV – ohne Abstand und ohne Kontrolle. Die Entscheidu­ng fördert sogar die Ansteckung­sgefahr.“

Nur, abseits allen Lobbyismus: Weiß man das wirklich, gibt es tatsächlic­h belastbare empirische Studien, die dem Sport in der Gruppe – nicht zu vergessen dem Après-Sport – den Stempel ungefährli­ch schenken? Nein, die gibt es nicht. Die Entscheidu­ng der Regierung ist eine defensive, ängstliche, von exponentie­ll wachsenden Infektione­n getriebene, aber sie ist eine pro Gesundheit, nicht gegen Gesundheit. Für die Hobbysport­ler heißt es, demütig zu sein: Man sportelt nicht nur der sozialen Kontakte wegen, sondern weil es guttut, gesund hält. Und bewegen kann man sich – zumindest für eine Weile – auch nur im Privaten.

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