Demut in der Niederlage
der Politik. „Es werden von uns Hygienekonzepte verlangt, für die wir viel Geld in die Hand nehmen und mit ausgewiesenen Experten zusammenarbeiten. Und obwohl die Testphase gezeigt hat, dass die Konzepte funktionieren, dreht man uns doch den Saft ab. Das ist bitter.“
Der BBL-Chef hofft aber auf Schlupflöcher: „Jetzt warten wir die genauen Beschlüsse erst einmal ab. Vielleicht gibt es ja noch etwas Kleingedrucktes, das Ausnahmen zulässt.“Er sei froh, dass die Ligen zumindest ohne Zuschauer spielen dürfen. „Von daher schwankt meine Gefühlslage gerade zwischen Frust und Erleichterung“, sagte Holz. Die BBL will trotz Fanverbot weiter am 6. November in ihre neue Saison starten, am gleichen Tag plant auch die zweithöchste Eishockeyliga DEL2 ihr Comeback. Die DEL dagegen will noch über den Saisonstart beraten.
Unterschiedliche Vorgaben in den Ländern soll es nicht geben. „Die Entscheidungen gelten bundesweit“, sagte Merkel. Söder betonte, die Maßnahmen seien „kurzfristig hart, aber langfristig milder, als nichts zu tun“.
Die Auswirkungen auf den Amateursport dürften extrem sein. Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbäder werden geschlossen. Der Betrieb wird eingestellt, Vereine dürfen nicht mehr trainieren. Allein der Individualsport, also etwa alleine joggen gehen, ist weiter erlaubt. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, hatte zuvor auf „Fingerspitzengefühl“der Politik gehofft. In „dieser schwierigen Phase kann und wird der Sport weiterhin Teil der Lösung und nicht des Problems sein“, hatte er gesagt. Bund und Länder folgten dieser Argumentation nicht, Hörmann gab sich demütig: „Der DOSB bedauert sehr, dass dieser temporäre Lockdown inklusive eines Verbots des Amateursports offenbar nötig geworden ist“, der Sport zeige sich aber solidarisch.
Der Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes, Hermann Winkler, kritisierte die Beschlüsse deutlicher: „Ich bin entsetzt über die Ignoranz und Geringschätzung gegenüber dem Sport und der Vereine.“
N● icht nur für DOSB-Chef Alfons Hörmann, für alle Sportfreunde war der Mittwoch ein Tag der Niederlage. Der Vereinssport, für viele ein unverzichtbarer Ausgleich zum Alltag und Quell der Lebensfreude, wird für zumindest vier Wochen stillgelegt, auch der Berufssport darbt weiter, und viele klagen. „Von den 90 000 Vereinen als einzigartigem sozialen Tankstellennetz in Deutschland bis zum Spitzensport haben alle Verantwortlichen höchst diszipliniert und vorbildlich bei der Bewältigung der Pandemie gewirkt“, hatte Hörmann tags zuvor gesagt. Keine der bekannten Infektionsketten sei bislang durch eine Sportveranstaltung ausgelöst worden. Dortmunds OB Ullrich Sierau sagte, Geisterspiele seien sogar virusfördernd. Statt im Stadion einem Hygieneplan zu folgen „sitzen die Leute zu Hause mit Freunden und Nachbarn vor dem TV – ohne Abstand und ohne Kontrolle. Die Entscheidung fördert sogar die Ansteckungsgefahr.“
Nur, abseits allen Lobbyismus: Weiß man das wirklich, gibt es tatsächlich belastbare empirische Studien, die dem Sport in der Gruppe – nicht zu vergessen dem Après-Sport – den Stempel ungefährlich schenken? Nein, die gibt es nicht. Die Entscheidung der Regierung ist eine defensive, ängstliche, von exponentiell wachsenden Infektionen getriebene, aber sie ist eine pro Gesundheit, nicht gegen Gesundheit. Für die Hobbysportler heißt es, demütig zu sein: Man sportelt nicht nur der sozialen Kontakte wegen, sondern weil es guttut, gesund hält. Und bewegen kann man sich – zumindest für eine Weile – auch nur im Privaten.