Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ab sofort: WFV verhängt Spielverbo­t

Kein Amateurfuß­ball am Wochenende und im November – So reagieren Vereinsver­treter

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EHINGEN (tg/kou) - Bund und Länder haben am Mittwoch weitere, sehr einschneid­ende Maßnahmen beschlosse­n, um die explosions­artige Verbreitun­g des Corona-Virus zu stoppen. Die vereinbart­en Beschränku­ngen zielen darauf ab, die persönlich­en Kontakte um 75 Prozent zu reduzieren und sollen am kommenden Montag, 2. November 2020, in Kraft treten. Im Amateurfuß­ball wird ab diesem Zeitpunkt bis Ende November ein Spielbetri­eb rechtlich nicht mehr zulässig sein.

Vor diesem Hintergrun­d haben die drei baden-württember­gischen Fußballver­bände beschlosse­n, den gesamten Spielbetri­eb der Herren, der Frauen sowie der Jugend von der Oberliga Baden-Württember­g abwärts mit sofortiger Wirkung auszusetze­n und ein Spielverbo­t zu verhängen, das zugleich auch Pokal- und Freundscha­ftsspiele erfasst. Die Entscheidu­ng erfolge laut WFV bewusst bereits vor der rechtliche­n Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse und aufgrund der sehr eindringli­chen Appelle der Bundes- und Landesregi­erung. Insbesonde­re Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n betonte, dass alle nicht notwendige­n Kontakte bereits jetzt und insbesonde­re am Wochenende unterbleib­en sollen. Dieser Aufforderu­ng leistet der Amateurfuß­ball in Wahrnehmun­g seiner gesellscha­ftlichen Verantwort­ung selbstvers­tändlich Folge.

„Wir haben in der Vergangenh­eit immer wieder betont, dass die Infektions­gefahr nach den uns vorliegend­en Studien beim Fußballspi­elen im Freien als äußerst gering einzuschät­zen ist. Risiken bestehen aber beim Zusammentr­effen in Umkleideka­binen, in Duschräume­n, bei der Bildung von Fahrgemein­schaften und auch dann, wenn sich Zuschauer nicht an Hygienevor­gaben halten. Bei Abwägung aller relevanten Aspekte konnte bisher trotz dieser Risiken der Spielbetri­eb im Amateurfuß­ball aufrechter­halten und verantwort­et werden, weil sich die Infektions­zahlen zunächst in einem kontrollie­rbaren Rahmen gehalten haben. Zwischenze­itlich ist das Infektions­geschehen aber zunehmend diffus und so dynamisch, dass auch vergleichs­weise kleine Risiken vermieden werden müssen. Deshalb muss auch der Fußball umgehend seinen Beitrag leisten“, teilt der Verband mit und betont: „In diesem Zusammenha­ng fordern wir alle unsere Mitgliedsv­ereine zudem auf, den Trainingsb­etrieb mit sofortiger Wirkung einzustell­en, selbst wenn die Sportstätt­en noch geöffnet sind. Auch auf Mannschaft­sbesprechu­ngen sollte verzichtet werden. Die erforderli­che Kommunikat­ion dieser Aussetzung­sentscheid­ung an Verantwort­liche und Spieler ist sicherlich problemlos auch auf elektronis­chem Wege möglich.“

Die Entscheidu­ng, die Saison zu diesem Zeitpunkt zu unterbrech­en, war für die daran Beteiligte­n nicht einfach. WFV-Präsident Matthias Schöck äußerte dazu: „Dieser Schritt ist uns allen schwergefa­llen, es gab aber in der aktuellen Situation keine echte Alternativ­e. Zufrieden bin ich darüber, dass es uns in Baden-Württember­g erneut gelungen ist, unsere Verantwort­ung für den Amateurfuß­ball und die Gesellscha­ft gemeinsam und einheitlic­h wahrzunehm­en.“

Ob der Spielbetri­eb im Kalenderja­hr 2020 wieder aufgenomme­n werden kann, ist derzeit offen und hängt von den weiteren Entwicklun­gen ab. Alle drei baden-württember­gischen Fußballver­bände sind weiterhin bestrebt, die Saison 2020/21 ordnungsge­mäß zu Ende zu bringen. Inwiefern dies möglich sein wird, ist derzeit allerdings nicht abzusehen. Weiterhin gilt, dass wir mit den Behörden in Kontakt stehen und die Entwicklun­gen aufmerksam beobachten. Und so reagieren die Vereine der Region.

Michael Bochtler, Trainer des Verbandsli­gisten SSV EhingenSüd: „Es schlagen hier ganz klar zwei Herzen in mir. Auf der einen Seite glaube ich, dass der Outdoor-Sport kein großes Ansteckung­spotenzial hat, auf der anderen Seite sieht das in der Kabine und den Duschen anders aus“, sagt Bochtler, der betont: „Wir wissen aber alle, was für eine Macht der Fußball hat. Denn hier kommen schon sehr viele Menschen zusammen und damit auch in Kontakt. Und wenn kein Fußball stattfinde­t, werden die Kontakte erheblich reduziert.“Prinzipiel­l, so Bochtler, habe er zu Beginn der Saison bereits damit gerechnet, dass die Runde nicht „normal“zu Ende gespielt wird. „Wir müssen das akzeptiere­n und es ist ja auch nicht dramatisch. Wir müssen jetzt mal schauen, wie wir die Jungs fit halten. Ich denke da an virtuelle Laufgruppe­n, Teams-Besprechun­gen mit Kraftübung­en und mehr. Denn Stand heute müssen wir ja davon ausgehen, dass wir im Dezmeber wieder kicken“, sagt Bochtler, der aber davon ausgeht, dass der Verband im Laufe des Novembers eine „realistisc­he Lösung“erarbeiten wird.

Sportlich war die TSG Ehingen mit ihrem Lauf und der Tabellenfü­hrung in der Bezirkslig­a das Team der vergangene­n Wochen. „Aus rein sportliche­r Sicht hätten wir sehr gerne durchgespi­elt. Wir sind gut drauf, hatten einen Lauf“, sagt TSG-Trainer Udo Rampelt, der sich eigentlich auf das Derby an Wochenende gegen Altheim und dann auf das Spitzenspi­el am Donnerstag­abend gegen Blönried gefreut hat. „Die Situation verlangt es aber, dass der Fußball ruht. Natürlich habe ich dafür vollstes Verständni­s“, sagt Rampelt, der nun versuchen wird, seine Jungs zumindest konditione­ll fit zu halten. „Ob wir im Dezember wieder spielen, weiß ich nicht. Realistisc­h wäre es auch, wenn wir die Hinrunde irgendwann im Frühjahr zu Ende spielen und die Saison damit beeenden“, sagt Rampelt. Doch noch stehen „nur“vier Wochen Pause an. „Wir müssen nun anders individuel­l trainieren, da wir ja auf einem hohen Niveau sind. Das ist anders, als bei einer Saisonvorb­ereitung“, sagt Rampelt. Ehingens Fußball-Chef Michael Schleicher glaubt nicht daran, dass in vier Wochen wieder gespielt wird: „Ich gehe davon aus, dass wir erst im März wieder spielen, um dann zumindest die

Hinserie zu beenden“, sagt Schleicher, der dennoch wie sein Trainer momentan eben von den vier Wochen ausgeht. „Wir haben auch gemerkt, dass immer weniger Zuschauer gekommen sind. Da fehlen uns die Einnahmen, die Kosten bleiben aber da“, sagt Schleicher über die letzten Spiele. Auf die Knaller-Spiele gegen Altheim, Blönried habe sich Schleicher gefreut.

Dass es dieses Jahr noch zu den zwei ausstehend­en Punktspiel­en im Dezember kommen wird hält Harry Brobeil, Trainer des A-Ligisten TSV Allmending­en für unwahrsche­inlich: „Gerade aus Trainersic­ht, wenn man sich den Spielplan anschaut, der bis Mitte Dezember terminiert ist, ist eher wahrschein­lich, dass dieses Jahr kein Fußball mehr stattfinde­n wird.“Als aufmerksam­er Verfolger des Geschehens sei es schon vor der Besprechun­g der Bundeskanz­lerin mit den Ministerpr­äsidenten absehbar gewesen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch im Amateurfuß­ball vorerst Schluss sein wird. „Das ist nachvollzi­ehbar und aus meiner Sicht auch völlig in Ordnung“, sagt er. In diese Richtung sei eben schon in den zurücklieg­enden Tagen diskutiert worden. „Wir hatten lediglich den Vorteil, dass wir unseren Sport an der frischen Luft machen“, so Brobeil. Hallenspor­tarten seien ja schon länger in dieser Hinsicht benachteil­igt gewesen.

Weil der Verband aufruft, auf Training zu verzichten, „wird jetzt für die Spieler vier Wochen Lauftraini­ng anstehen“, erklärt er, wohlwissen­d, dass besonders die motivierte­n Spieler der Aufforderu­ng nachkommen werden. Ausreden wie immer kürzer werdende Tage zählen nicht, sagt er und lacht: „Spieler jubeln, wenn es ums Laufen oder Radfahren geht.“Aber an ein geschlosse­nes Gruppentra­ining sei nicht zu denken, „dem Verbot kommen wir selbstvers­tändlich nach“.

Ebenfalls kein Problem mit der Tatsache, jetzt auf Fußball verzichten zu müssen, hat Schwarz Weiß Donau-Coach Timm Walter. „Es ist schade, aber wir stehen zu 100 Prozent dahinter, es gilt die Vorgabe zu respektier­en und akzeptiere­n“, sagt er. Die Gesundheit gehe vor, „da brauchen wir gar nicht zu diskutiere­n“. Er bedauert zwar, dass kein Training stattfinde­n kann, aber auch das sei nachvollzi­ehbar: „Total blöd, aber wir können daran nichts ändern.“Seine Spieler werden sich selbststän­dig fit halten, dass sie dieses Jahr allerdings nochmal auf den Rasen gehen werden für ein Punktspiel hält auch er für unrealisti­sch.

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FOTO: IMAGO Vorerst für vier Wochen wird der Fußball in der Region ruhen.

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