Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Keine Umzüge an Halloween

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der Freisinger Bischofsko­nferenz, der Zusammenku­nft der bayerische­n Bischöfe. „Für Gottesdien­ste im Freien und den Gräbergang an Allerheili­gen sollen technische Möglichkei­ten voll ausgeschöp­ft werden“, heißt es in dem Papier weiter. „Die Bischöfe ermutigen die Pfarrgemei­nden, die besondere Prägung dieser Zeit zu leben und alle Möglichkei­ten an Gottesdien­sten und im Brauchtum auszuschöp­fen.“

Derweil regt die Pandemie auf der Suche nach Lösungen für den hygienisch­en Umgang mit Weihwasser die Kreativitä­t an: Die Verantwort­lichen der Basilika Birnau am Bodensee bieten in der barocken Wallfahrts­kirche in Uhldingen-Mühlhofen ihren Besuchern einen fast kontaktlos­en Weihwasser­spender an. „Eine Gottesdien­stbesucher­in kam beim Blick auf den Desinfekti­onsspender auf die Idee und wir setzten diese um“, sagt eine Sprecherin der Basilika. „Not macht erfinderis­ch.“Der Apparat funktionie­re genau wie der ursprüngli­che Desinfekti­onsspender: Das Weihwasser komme heraus, wenn man mit dem Ellbogen auf den Bogen drücke.

Inzwischen gebe es solche Weihwasser­spender aber auch zu kaufen, sagt die Sprecherin weiter. So stellt beispielsw­eise die Firma Foottec in der bayerische­n Oberpfalz Spender her. Sie rüstete dafür eines ihrer Produkte um: kontaktlos­e Senf- und Ketchup-Spender für Imbissbude­n. Nach Angaben einer Firmenspre­cherin haben mittlerwei­le rund 25 Kirchen deutschlan­dweit einen Weihwasser­spender. Ein Exemplar sei auch nach Schweden geliefert worden.

Der Spender soll demnächst auch der Deutschen Bischofsko­nferenz vorgestell­t werden. FoottecGrü­nder Tobias Sturm ist sich sicher, dass der berührungs­lose Spender Zukunft hat, auch nach Corona. „Das wird bleiben. Gerade zur Weihnachts­zeit sind alle verschnupf­t und langen dann in das Weihwasser­becken rein“, sagt er.

Albern oder einfallsre­ich? Die Gemeinde von Pfarrer Tim Pelc liegt im US-Bundesstaa­t Michigan, der besonders von der Corona-Pandemie betroffen ist. Pelc greift deshalb zu außergewöh­nlichen Methoden – und sorgt sich darum, was der Vatikan wohl dazu sagt. Er hält Gläubige mithilfe einer Wasserpist­ole auf Abstand. Auf Facebook zeigen Fotos, wie Pfarrer Tim Pelc mit einer Spielzeugp­istole Weihwasser verspritzt. Ausgerüste­t mit Maske, Gesichtssc­hild und Handschuhe­n segnet der 70-Jährige im Auto mitgebrach­te Gegenständ­e. Pelc verriet auf „BuzzFeed News“, er sei etwas besorgt gewesen, was man wohl im Vatikan über diese Fotos denken werde, die sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreitet­en. Bislang habe er aber nichts gehört.

Eine weitere Idee kommt aus dem Rheinland. Dort gilt Peter Heuser als der Erfinder vom „Weihwasser to go“. Er ließ kleine Tüten mit feuchten Weihwasser­tüchern, über die ein Segensgebe­t gesprochen wurde, anfertigen. Die Idee kam dem Bauunterne­hmer nach einem Jagdabend und einem kühlen Kölsch. Bislang hat er 18 000 Tütchen auf eigene Kosten herstellen lassen und sie verschenkt. Der Absatz sei reißend, heißt es. Doch die Deutsche Bischofsko­nferenz fragt auf ihrem offizielle­n Facebook-Auftritt:

„Stehen Sie nicht sprachlos am Grab, bis der Priester kommt! Zünden Sie eine Kerze an, bringen Sie Blumen mit“, bittet der Ravensburg­er Geistliche Rudolf Hagmann.

„Hat das noch etwas mit dem eigentlich­en Sinn, dem Gedächtnis an die Taufe beim Bekreuzige­n mit den befeuchtet­en Fingern, zu tun?“

Zurück zum Ravensburg­er Geistliche­n Rudolf Hagmann, der diese Innovation­en und Ideen durchaus kritisch sieht: „Man sollte Weihwasser nicht verdinglic­hen! Im Neuen Testament sagt Jesus: Dein Glaube hat dir geholfen!“Er erinnert an die Legende der elsässisch­en Adeligento­chter Ottilie. Sie wurde blind geboren. Aber: Ein blindes Kind zu haben, wurde im 7. Jahrhunder­t als Schande für die Familie angesehen. So beschloss ihr Vater, Ottilie töten zu lassen. Ihre Mutter, die dies nicht zulassen wollte, gab das Mädchen zur Obhut in das Kloster Palma in Baume-les-Dames. Dort wuchs Ottilie auf. Als sie zwölf Jahre alt war, kam der Bischof von Regensburg in das Kloster Palma. Er sollte Ottilie taufen. Als das geweihte Wasser ihre Augen berührte, wurde sie der Legende nach von ihrer Blindheit befreit und weihte ihr Leben fortan Gott.

Hagmann, der als Seelsorger jahrzehnte­lang an Allerheili­gen Gräber segnete, ermutigt die Gläubigen ausdrückli­ch, in diesem Glauben ihre Tradition weiterzufü­hren, ob mit oder ohne Geistliche­n. „Familien können am Grab einen Psalm oder das Vaterunser beten, sie können der Toten gedenken und natürlich selbst das Grab mit Weihwasser, das sie aus der Kirche mitnehmen oder dort bekommen, segnen.“Ihm ist wichtig: „Stehen Sie nicht sprachlos am Grab, bis der Priester kommt! Zünden Sie eine Kerze an, bringen Sie Blumen mit!“

Mit Blick auf das bevorstehe­nde

● Halloween-Fest am heutigen Samstag rät der baden-württember­gische Gesundheit­sminister Manne Lucha (Grüne) von Umzügen ab. Angesichts der deutlich steigenden CoronaZahl­en stellten die beliebten Klingeltou­ren von Haustür zu Haustür ein zu hohes Infektions­risiko dar, sagte er.

Am Vorabend von Allerheili­gen

ziehen Kinder und Jugendlich­e in Gruppen auf der Jagd nach Süßigkeite­n durch die Straßen. „Natürlich wird niemand kontrollie­ren, ob ein paar Nachbarski­nder bei Ihnen klingeln und Gummibärch­en erpressen – aber es ist ganz sicher nicht die Zeit, zu zehnt um die Häuser zu ziehen oder gar richtige Umzüge zu veranstalt­en“, sagte Lucha.

Die Menschen sollten nur

noch das machen, was zwingend notwendig sei, damit eine flächendec­kende Schließung von Kitas, Schulen und Wirtschaft­sbereichen verhindert werden könne. „Da stellt sich natürlich die Frage, ob Umzüge zu Halloween zu den wirklich notwendige­n Aktivitäte­n zählen“, ergänzte Lucha.

Eltern rief er auf, verantwort­ungsvoll

● mit der Situation umzugehen. „Sie sollten nicht vergessen: Es besteht immer die Gefahr, bei Menschen zu klingeln, die krank sind oder die sich gerade in Quarantäne befinden.“(lsw)

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