Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das etwas andere Allerheili­gen

Gläubige gedenken am Sonntag Verstorben­er - Das gilt auf den Friedhöfen in der Region

- Von Simon Müller

RAUM EHINGEN - Dieses Jahr ist alles anders. Das Corona-Virus bestimmt unseren Alltag und verändert den gewohnten Lauf der Dinge. Nun wird auch das bevorstehe­nde katholisch­e Fest Allerheili­gen zum ersten Mal ganz anders ablaufen. An Allerheili­gen 2020 können die Gläubigen nicht wie normalerwe­ise eine Andacht auf dem Friedhof mitfeiern und gemeinsam um ihre verstorben­en Angehörige­n trauen. Die meisten Gemeinden im Raum Ehingen haben dem öffentlich­en Gräberbesu­ch eine Absage erteilt.

„Wenn am Montag die neuen Regeln in Kraft treten, können wir an Allerheili­gen einen Tag davor nicht so ein großes Glaubensev­ent planen. Das widerspric­ht jedem gesunden Menschenve­rstand“, sagt Diakon Roland Gaschler von der Seelsorgee­inheit Ehingen. Man könne nicht mit 100 Menschen an den Gräbern beten, wenn sich ein Tag später gesetzlich nur noch maximal zwei Haushalte treffen dürfen. Auch in den Gemeinden der Seelsorgee­inheit Marchtal wird keine öffentlich­e Andacht auf dem Friedhof am Sonntag stattfinde­n.

Die Kirchengem­einden müssen nun schnell Alternativ­en anbieten. „Ich habe seit März gelernt, immer flexibel zu sein“, sagt Pfarrer Gianfranco Loi, verantwort­lich für die Seelsorgee­inheit Marchtal. Er wird mit seinen Ministrant­en nach dem Gottesdien­st alleine auf den Friedhof gehen, durch die Reihen laufen und einfach ohne Andachtsfe­ier die Gräber segnen. In Ehingen wird das ähnlich ablaufen. „Jeder aus dem Pastoralte­am wird einen Friedhof besuchen und dort ohne Öffentlich­keit eine Andacht für die Verstorben­en halten“, sagt der Ehinger Diakon Gaschler. Für die Gottesdien­ste am Sonntag müssen sich Gläubige aus Ehingen wie aus den Marchtaler Gemeinden anmelden, damit die Gottesdien­ste unter strengen CoronaAufl­agen gefeiert werden können.

Ganz anders läuft das in der Seelsorgee­inheit Donau-Winkel ab: Dort findet der Gräberbesu­ch nach dem

Gottesdien­st am Sonntag statt (außer in der Gemeinde Oberstadio­n). „Wir sind froh, dass das möglich ist und der Gräbergang verwirklic­ht werden kann. Da haben wir auch die Unterstütz­ung von den Kommunen“, sagt Pfarrer Thomas Pitour. Mit einem Hygienekon­zept sind laut Regelungen des Landes Baden-Württember­g Gottesdien­ste im Freien am Sonntag erlaubt. Man könne dank ehrenamtli­cher Ordner gewährleis­ten, dass die Gläubigen auf dem Friedhof den erforderli­chen Abstand voneinande­r einhalten und Maske tragen, sagt Pitour. „Der gemeinsame Gräberbesu­ch ist wichtig für die Gläubigen, weil sie ihre Trauer so gemeinsam bewältigen können“, betont er.

Auch Pfarrer Loi aus Obermarcht­al rechnet Allerheili­gen eine hohe Bedeutung zu. „Das ist ein sehr wichtiges Fest für alle Katholiken. Wir gedenken an Allerheili­gen der Tatsache, dass wir alle zur Heiligkeit berufen sind“, erläutert er. Die Leute hätten gerade in diesen Zeiten ein Bedürfnis zu beten und sich gemeinsam im Glauben zu bestärken, sagt Loi. „Die Gemeinscha­ft der Gläubigen an Allerheili­gen ist groß. Oft kommen Verwandte von weit her, um an Allerheili­gen mit der Familie der verstorben­en Angehörige­n zu gedenken.“

Seit Jahrhunder­ten ist es schon Brauch, dass die Gräber an Allerheili­gen schön hergericht­et und mit Gestecken verziert werden. Viele Menschen haben mit den Blumengesc­häften in der Region Dauerauftr­äge für die Grabpflege vereinbart, damit am 1. November die Gräber eindrucksv­oll aussehen. „Das ist ein wichtiger Tag für die Blumenläde­n, weil vielen Menschen ein ordentlich­es Grab an Allerheili­gen wichtig ist“, sagt Peter Lutz, der Inhaber des Geschäfts „Blumen Lutz“. Die meisten Gläubigen machen zum Allerheili­genfest ihre Gräber winterfest. „Ganz klassisch sind Dauergeste­cke, die den ganzen Winter über halten“, sagt Lutz. Für den Festtag selbst werden oft noch frische Schnittblu­men wie Rosen gekauft und für die Andacht

aufs Grab gelegt. Das CoronaViru­s hat auch auf den Umsatz der Blumengesc­häfte Auswirkung­en. „Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir nur die Hälfte der Bestellung­en“, sagte Ulrike Wiedemann vor wenigen Tagen. Ihr gehört der Blumenlade­n „Blatt & Blüte“in Ehingen. „Die Gedenkflor­istik ist an diesem Tag eben sehr gefragt, und die meisten Menschen, denen Allerheili­gen wichtig ist, gehören eher zur älteren Generation, also zur Risikogrup­pe.“Sie habe schon das Gefühl, dass sich seit Ausbruch der Pandemie weniger Menschen auf den Friedhöfen aufhalten.

Blumenhänd­ler wie Geistliche eint, dass sie alle sehr bedauern, Allerheili­gen dieses Jahr nicht wie gewohnt feiern zu können. Obwohl im November die Kontakte stark reduziert bleiben müssen, spricht Pfarrer Loi gerade im Hinblick auf Weihnachte­n den Gläubigen Mut zu: „Es ist wichtig, dass wir uns im Glauben Halt geben. Dann kommen wir gemeinsam durch die Corona-Krise.“

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FOTO: SIMÜ Dieses Grab ist schon für Allerheili­gen vorbereite­t. Der Gräberbesu­ch wird dieses Jahr aber anders ablaufen.

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