Das etwas andere Allerheiligen
Gläubige gedenken am Sonntag Verstorbener - Das gilt auf den Friedhöfen in der Region
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RAUM EHINGEN - Dieses Jahr ist alles anders. Das Corona-Virus bestimmt unseren Alltag und verändert den gewohnten Lauf der Dinge. Nun wird auch das bevorstehende katholische Fest Allerheiligen zum ersten Mal ganz anders ablaufen. An Allerheiligen 2020 können die Gläubigen nicht wie normalerweise eine Andacht auf dem Friedhof mitfeiern und gemeinsam um ihre verstorbenen Angehörigen trauen. Die meisten Gemeinden im Raum Ehingen haben dem öffentlichen Gräberbesuch eine Absage erteilt.
„Wenn am Montag die neuen Regeln in Kraft treten, können wir an Allerheiligen einen Tag davor nicht so ein großes Glaubensevent planen. Das widerspricht jedem gesunden Menschenverstand“, sagt Diakon Roland Gaschler von der Seelsorgeeinheit Ehingen. Man könne nicht mit 100 Menschen an den Gräbern beten, wenn sich ein Tag später gesetzlich nur noch maximal zwei Haushalte treffen dürfen. Auch in den Gemeinden der Seelsorgeeinheit Marchtal wird keine öffentliche Andacht auf dem Friedhof am Sonntag stattfinden.
Die Kirchengemeinden müssen nun schnell Alternativen anbieten. „Ich habe seit März gelernt, immer flexibel zu sein“, sagt Pfarrer Gianfranco Loi, verantwortlich für die Seelsorgeeinheit Marchtal. Er wird mit seinen Ministranten nach dem Gottesdienst alleine auf den Friedhof gehen, durch die Reihen laufen und einfach ohne Andachtsfeier die Gräber segnen. In Ehingen wird das ähnlich ablaufen. „Jeder aus dem Pastoralteam wird einen Friedhof besuchen und dort ohne Öffentlichkeit eine Andacht für die Verstorbenen halten“, sagt der Ehinger Diakon Gaschler. Für die Gottesdienste am Sonntag müssen sich Gläubige aus Ehingen wie aus den Marchtaler Gemeinden anmelden, damit die Gottesdienste unter strengen CoronaAuflagen gefeiert werden können.
Ganz anders läuft das in der Seelsorgeeinheit Donau-Winkel ab: Dort findet der Gräberbesuch nach dem
Gottesdienst am Sonntag statt (außer in der Gemeinde Oberstadion). „Wir sind froh, dass das möglich ist und der Gräbergang verwirklicht werden kann. Da haben wir auch die Unterstützung von den Kommunen“, sagt Pfarrer Thomas Pitour. Mit einem Hygienekonzept sind laut Regelungen des Landes Baden-Württemberg Gottesdienste im Freien am Sonntag erlaubt. Man könne dank ehrenamtlicher Ordner gewährleisten, dass die Gläubigen auf dem Friedhof den erforderlichen Abstand voneinander einhalten und Maske tragen, sagt Pitour. „Der gemeinsame Gräberbesuch ist wichtig für die Gläubigen, weil sie ihre Trauer so gemeinsam bewältigen können“, betont er.
Auch Pfarrer Loi aus Obermarchtal rechnet Allerheiligen eine hohe Bedeutung zu. „Das ist ein sehr wichtiges Fest für alle Katholiken. Wir gedenken an Allerheiligen der Tatsache, dass wir alle zur Heiligkeit berufen sind“, erläutert er. Die Leute hätten gerade in diesen Zeiten ein Bedürfnis zu beten und sich gemeinsam im Glauben zu bestärken, sagt Loi. „Die Gemeinschaft der Gläubigen an Allerheiligen ist groß. Oft kommen Verwandte von weit her, um an Allerheiligen mit der Familie der verstorbenen Angehörigen zu gedenken.“
Seit Jahrhunderten ist es schon Brauch, dass die Gräber an Allerheiligen schön hergerichtet und mit Gestecken verziert werden. Viele Menschen haben mit den Blumengeschäften in der Region Daueraufträge für die Grabpflege vereinbart, damit am 1. November die Gräber eindrucksvoll aussehen. „Das ist ein wichtiger Tag für die Blumenläden, weil vielen Menschen ein ordentliches Grab an Allerheiligen wichtig ist“, sagt Peter Lutz, der Inhaber des Geschäfts „Blumen Lutz“. Die meisten Gläubigen machen zum Allerheiligenfest ihre Gräber winterfest. „Ganz klassisch sind Dauergestecke, die den ganzen Winter über halten“, sagt Lutz. Für den Festtag selbst werden oft noch frische Schnittblumen wie Rosen gekauft und für die Andacht
aufs Grab gelegt. Das CoronaVirus hat auch auf den Umsatz der Blumengeschäfte Auswirkungen. „Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir nur die Hälfte der Bestellungen“, sagte Ulrike Wiedemann vor wenigen Tagen. Ihr gehört der Blumenladen „Blatt & Blüte“in Ehingen. „Die Gedenkfloristik ist an diesem Tag eben sehr gefragt, und die meisten Menschen, denen Allerheiligen wichtig ist, gehören eher zur älteren Generation, also zur Risikogruppe.“Sie habe schon das Gefühl, dass sich seit Ausbruch der Pandemie weniger Menschen auf den Friedhöfen aufhalten.
Blumenhändler wie Geistliche eint, dass sie alle sehr bedauern, Allerheiligen dieses Jahr nicht wie gewohnt feiern zu können. Obwohl im November die Kontakte stark reduziert bleiben müssen, spricht Pfarrer Loi gerade im Hinblick auf Weihnachten den Gläubigen Mut zu: „Es ist wichtig, dass wir uns im Glauben Halt geben. Dann kommen wir gemeinsam durch die Corona-Krise.“