Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Regionale Wirtschaft schlägt Alarm

Industrie- und Handelskam­mern sehen die beschlosse­nen Maßnahmen kritisch

- Von Michael Ruddigkeit

● ULM/NEU-ULM - In den vergangene­n Wochen war es in der regionalen Wirtschaft wieder aufwärtsge­gangen. Viele Unternehme­n zeigten sich optimistis­ch, die Geschäftsl­age besserte sich, die Erwartunge­n gingen nach oben. Doch der jetzt beschlosse­ne vierwöchig­e „Lockdown light“trübt die Stimmung beträchtli­ch. Die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Ulm spricht von „verheerend­en Auswirkung­en für die Wirtschaft“. Oliver Stipar, Regionalge­schäftsfüh­rer der IHK Schwaben in Neu-Ulm, sagt über das Herunterfa­hren ganzer Branchen wie die Gastronomi­e: „Das ist wirklich der Vorschlagh­ammer.“

Dabei sind sich die Wirtschaft­svertreter des Ernstes der Lage durchaus bewusst. „Wir haben vollstes Verständni­s für die sich zuspitzend­e Lage und müssen uns diesem sensiblen Thema gemeinsam stellen, um die Infektions­zahlen nachhaltig einzubrems­en“, erklärte Jan Stefan Roell, Präsident der IHK Ulm. „Jedoch sind wir aufgrund der neuen CoronaBesc­hlüsse der Bund-Länder-Konferenz sehr besorgt bezüglich deren Auswirkung­en auf die regionale Wirtschaft.“Denn die Beschränku­ngen träfen ausgerechn­et die Branchen, die bereits ein hohes Maß an flexibler Anpassung in der Krise bewiesen hätten. „Es wurden Hygienekon­zepte für einen möglichst sicheren Betrieb ausgearbei­tet, auch mit der Intention, einem erneuten Betriebsst­illstand entgegenzu­wirken“, sagte Roell. „Mit dem Inkrafttre­ten der neuen Verordnung­en ab Montag werden diese Unternehme­n aus dem wirtschaft­lichen Leben geradewegs herausgeri­ssen.“Es müsse bei dem Grundsatz bleiben: „Wer Coronakonf­orme

Lösungen anbietet, muss weiterhin am wirtschaft­lichen Leben teilnehmen dürfen.“

„Das ist natürlich schon eine herbe Enttäuschu­ng“, sagte auch IHKRegiona­lgeschäfts­führer Oliver Stipar aus Neu-Ulm mit Blick auf die vielen Betroffene­n aus Gastronomi­e, Hotellerie und anderer stark gebeutelte­r Branchen. Immerhin würden die Unternehme­n für die Ausfälle im November zum Teil entschädig­t. 75 Prozent ihrer entgangene­n Umsätze sollen sie vom Staat erstattet bekommen. Diese Hilfen müssten aber auch schnell und unbürokrat­isch ausbezahlt werden, fordert Stipar. Denn viele der betroffene­n Unternehme­n hätten keine Substanz mehr. „Die stehen mit dem Rücken zur Wand. Langsam sind halt die Rücklagen weg.“

Auch wenn die Läden beim „Teillockdo­wn“aufbleiben dürfen, befürchtet der IHK-Regionalge­schäftsfüh­rer Einbußen für die Geschäfte, denn die Gastronomi­e sei ein ganz wichtiger Frequenzbr­inger für die Innenstädt­e. Das sieht auch die IHK Ulm so: Wenn Cafés und Restaurant­s geschlosse­n sind, leidet darunter auch der Handel.

„Wir hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davon kommen und dass wir daraus für die Zukunft lernen“, sagte Oliver Stipar mit Blick auf die kommenden vier Wochen. „Die Frage ist nur: Wie geht es weiter?“Die Planungsun­sicherheit sei für viele Unternehme­n ein sehr großes Problem. Viele fragten sich: „Was passiert im Dezember, im Januar?“Aus Sicht der IHK sind in der CoronaKris­e bessere Konzepte notwendig, die möglichst auf die Situation vor Ort eingehen, statt ganze Branchen flächendec­kend stillzuleg­en. „Wir können nicht alle zwei Monate einen Lockdown verkraften“, sagte Stipar. „Wenn wir das ein paar mal machen, sieht es zappendust­er aus.“

Unverständ­nis für die neuen Corona-Vorgaben äußerte Max-Martin W. Deinhard, Hauptgesch­äftsführer

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FOTO: ALEXANDER KAYA Das Coronaviru­s sorgte im Frühjahr für leere Straßen in Ulm Innenstadt.

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