Grüne schenken Jungwirth ihr Vertrauen
Von Differenzen war bei der Nominierungsversammlung in Schelklingen nichts mehr zu spüren
● SCHELKLINGEN - Streit und Vorwürfe haben die Grünen im Alb-DonauKreis im Vorfeld der Nominierungsversammlung in Schelklingen in zwei Lager zerteilt. Erstaunlich einmütig fiel dann aber die Entscheidung, wer für die Partei im Wahlkreis 65 in den Landtagswahlkampf zieht, um „die schwarze Dominanz zu brechen“. Die Grünen setzen ihre Hoffnung in Robert Jungwirth.
Überraschungen hielt der Abend in der Schelklinger Stadthalle parat. Monika Buchenscheit aus Dellmensingen und Robert Jungwirth aus Blaustein wollten an diesem Abend um die Zustimmung der Mitglieder werben, doch dann meldete sich kurz vor Versammlungsbeginn noch ein dritter Kandidat: Nikolai Palaoro aus Langenau, der einzige Kandidat, der seinen Wohnsitz auch tatsächlich im betroffenen Wahlkreis 65 hat. Denn sowohl Buchenscheit als auch Jungwirth wohnen im Wahlkreis 64, in dem Michael Joukov-Schwelling die Nachfolge von Jürgen Filius antreten will.
Mit jeweils 15-minütigen Vorstellungsreden warben die drei Kandidaten um das Vertrauen der 54 stimmberechtigten Mitglieder in der Schelklinger Stadthalle, die wohl Coronabedingt nur zu einem guten Drittel belegt war. Der Kreisverband hatte aufgrund der Differenzen im Vorfeld mit etwa 100 Teilnehmern gerechnet.
Den Anfang machte Monika Buchenscheit: „Ich möchte etwas bewirken, deswegen stehe ich heute hier.“Schulpolitik hatte sie sich auf die Fahne geschrieben, „es sollte Schluss sein mit Schulexperimenten“, forderte sie in ihrer Rede. Doch auch das Fahrradnetz, ÖPNV und sozialer Wohnungsbau kamen zur Sprache. Punkten wollte die Dellmensingerin noch mit einem anderen Aspekt: „Starke Frauen in den Parlamenten sind das beste Mittel gegen Rechtspopulismus. Ich möchte eure Kandidatin sein.“
Ebenfalls die Schulpolitik – vorallem durch seine Tätigkeit als Lehrer – hatte sich Nikolai Palaoro zum Schwerpunktthema gemacht. Er warb für Chancengleichheit in der Bildung und Digitalisierung mit Maß, „denn lernen heißt begreifen im wahrsten Sinne des Wortes“.
Zu guter Letzt trat dann Robert Jungwirth ans Rednerpult und wechselte direkt in den Wahlkampfmodus.
„Im Wahlkreis 65 haben wir eine besondere Verantwortung: Es gilt, die historische schwarze Dominanz zu brechen.“Er wolle nun beweisen, dass er dafür die richtige Person ist. „Als Kinder- und Jugendarzt sehe ich mich in der besonderen Verantwortung für die globale Zukunft der jungen Menschen. Deshalb bin ich seit über 25 Jahren bei den Grünen aktiv und auch deshalb stelle ich mich heute zur Wahl“, betonte Jungwirth, der darauf hinwies, dass ihn besonders die Mitarbeit in der Katholischen Landjugendbewegung geprägt habe, wo er auch als Vorsitzender in der Diözese Rottenburg-Stuttgart aktiv war. „Für mich ist klar: In der Politik darf es nicht primär um Macht gehen, sondern Kern unseres Engagements ist die Verantwortung für die Zukunft der Menschen und die Zukunft unseres Landes. Politik braucht Verantwortungsethik. Dafür trete ich ein.“Der Kampf gegen den
Klimawandel sei hier ein zentrales Thema und sechs Handlungsfelder hat Jungwirth ausgemacht, um dem Klimawandel entgegentreten zu können. Darunter natürlich der Ausbau des ÖPNV, aber auch Investitionen in Forschung und klimaneutrales Bauen.
Mit eindringlichen Worten schwor er dann die Grünen auf den Wahlkampf ein. „Habt ihr in den letzten fünf Jahren reale Erfolge vom Abgeordneten Hagel erleben können? Außer natürlich smarten Pressefotos und Wadenbeißerei nach bayerischem Stil?“, fragte er.
Die anwesenden Mitglieder zog er mit dieser Rede augenscheinlich voll auf seine Seite. 43 von 54 stimmten schließlich für Jungwirth. Zwei für Nikolai Palaoro und neun für Monika Buchenscheit.
Für den Schelklinger Stadtrat Muharrem Aras, der eigentlich gemeinsam mit Monika Buchenscheit in den
Landtagswahlkampf ziehen wollte, gab es nach diesem Ergebnis keinen Grund, seinen Hut weiter im Ring zu lassen. Er zog seine Kandidatur als Ersatzkandidat zurück und überließ das Feld Bettina Egle aus Ehingen. Nikolai Palaoro war ohne Zweitkandidat angetreten.
Auch Egle stellte sich in einer kurzen Rede vor. Die Mutter von zwei Kindern sitzt im Kreistag und ist seit dem Jahr 2019 in der Partei. „Ich habe Gefallen an der Politik gefunden“, sagt die geborene Ehingerin, die mittlerweile den elterlichen Bauernhof, eine Biolandwirtschaft, betreibt. Zudem arbeitet die promovierte Landwirtschaftlerin als Beraterin. „Ich berate Landwirte, wie sie von konventioneller Landwirtschaft auf ökologische Landwirtschaft umstellen können“, erklärt Bettina Egle, die 43 Stimmen von 52 bekam. Eine Stimme war ungültig, acht enthielten sich.