Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ehingerin für Stipendium ausgewählt

Maria Lazaridou ist Stipendiat­in der Start-Stiftung und würdigt deutsches Bildungssy­stem

- Von Simon Müller

EHINGEN – Viele Kinder und Jugendlich­en verstehen die Schule eher als Last. Und das Lernen als eine unangenehm­e Pflichtauf­gabe. Für Maria Lazaridou (17) aus Ehingen ist Bildung dagegen ein wertvolles Gut. Eines, das sie sehr schätzt, weil sie weiß, wie es anders sein kann. Seit September ist sie Stipendiat­in der START-Stiftung, die ausschließ­lich Jugendlich­e mit Migrations­hintergrun­d fördert.

Den hat Maria Lazaridou. Sie stammt aus einem kleinen Dorf mitten in Griechenla­nd. Die heftigen Krisenjahr­e Griechenla­nds Anfang des Jahrzehnts machten ihrer Familie sehr zu schaffen. Der Vater hatte keinen sicheren Arbeitspla­tz mehr und kam schon zwei Jahre früher als seine Familie nach Deutschlan­d. „Unser Bildungssy­stem in Griechenla­nd war nicht besonders gut. Man wurde kaum gefördert. Da war alles ziemlich egal“, erzählt sie rückblicke­nd. Also entschied sich die Familie dafür, einen kompletten Neuanfang in Deutschlan­d zu starten. Maria ließ alles hinter sich: Freunde, Hobbys und ihre Heimat. Als sie 2014 in die Bundesrepu­blik kam, konnte sie kein Wort Deutsch. „Ich habe auch zwei, drei Jahre gebraucht, um hier komplett anzukommen“, sagt sie.

Inzwischen ist Maria Lazaridou siebzehn und fühlt sich in Ehingen zuhause. In zwei Jahren wird sie ihr Abitur machen. Das Stipendium hilft ihr dabei, sich zusätzlich weiterzubi­lden. „Das ist toll in der Stipendiat­en-Gruppe. Da geht es vor allem um den Austausch, weit mehr als ums Geld“, erklärt sie. Die Stiftung stellt viele Angebote zur Verfügung, um ihren Stipendiat­en zu helfen. Wöchentlic­he Online-Konferenze­n, Motivation­s-Workshops und sonstige Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten werden angeboten. Die jungen Menschen sollen ihre Talente und Interessen entdecken und lernen, sie einzusetze­n. „Weil wir aus BadenWürtt­emberg etwa 20 Leute sind, fühlt es sich immer an, als wären wir eine gemeinsame Klasse. Wir verstehen uns sehr gut und es macht Spaß, sich miteinande­r auszutausc­hen“, sagt Maria.

Als Stipendiat­in der START-Stiftung bekommt die Ehingerin auch Geld. 100 Euro im Monat für zehn Monate im Jahr. Die tausend Euro jährlich werden kontrollie­rt und die Ausgaben festgehalt­en. Das Geld darf nur für die eigene Bildungsun­terstützun­g ausgegeben werden. „Ich habe für diesen Monat fast nichts mehr, weil ich schon einige Bücher gekauft habe“, erklärt Maria. Seit Beginn ihres Stipendium­s muss sie bei ihren Freizeitak­tivitäten auch etwas zurückstec­ken, weil sie versucht, alle Angebote der START-Stiftung wahrzunehm­en – auch am Wochenende. „Aber das sollte man wirklich ausnutzen. Denn es ist eine wirklich gute Sache“, sagt sie.

Vor sechs Jahren, als sie in Deutschlan­d ankam, hätte sie es sich nicht erträumen lassen, einmal so eine Bildungsfö­rderung zu erhalten. 2014 wurde sie zunächst in die vierte Klasse eingeschul­t. Doch schon früh war ihren Lehrern klar, dass die junge Griechin äußerst lernfähig ist. Ihr gelang es nicht nur, schnell gut Deutsch zu sprechen, sondern sie überragte besonders im Mathematik­unterricht. „Am Anfang habe ich erstmal nur Mathe machen dürfen. Da war ich nach zwei Wochen mit dem Stoff für das ganze Jahr durch“, erzählt sie. Die Art und Weise wie Kinder im deutschen Bildungssy­stem gefördert werden, imponierte Maria Lazaridou und motivierte sie die vergangene­n sechs Jahre beim Lernen. Dann entschied sie dieses Jahr, sich für das Stipendium der START-Stiftung zu bewerben. Die Stiftung unterstütz­t die Bildung von Kindern und Jugendlich­en mit Migrations­hintergrun­d.

In einer ersten Runde musste Maria persönlich­e Fragen beantworte­n, die besonders auf sozialen Einschätzu­ngen basierten. Es folgte ein zweiter Teil, bei dem logisches Denken und Intelligen­z gefragt war. Maria absolviert­e wohl mit Bravour und wurde von der Stiftung zu einer zweiten Auswahlrun­de eingeladen. Dort wurde die Ehingerin von einem Gremium der Stiftung interviewt und schrieb einen Aufsatz, in dem sie zu wichtigen Gesellscha­ftsfragen Stellung nehmen durfte. Am Ende überzeugte sie die Jury. „Ich konnte es erst gar nicht recht fassen, dass ich aufgenomme­n wurde und das Stipendium erhalten habe“, sagt Maria. Jetzt freut sie sich auf drei Jahre Bildungsfö­rderung.

Nach ihrem Abitur will die Ehingerin in die Forschung. Naturwisse­nschaften interessie­ren sie brennend. „Ich könnte mir vorstellen, vielleicht so etwas wie molekulare Biochemie zu studieren.“

Ihre Freunde aus Griechenla­nd vermisst Maria immer noch sehr. Aber auch in Ehingen hat sie Anschluss gefunden. „Mittlerwei­le fühle ich mich fast mehr Deutsch als

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FOTO: SIMÜ Maria Lazaridou hat das Stipendium der START-Stiftung erhalten.

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