Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zur Person

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erwiesen – und das wird im Übrigen sogar vom Robert-Koch-Institut klar gesagt – dass es in der normalen Gastronomi­e und erst recht in der Hotellerie bisher kaum zu Infektione­n kam. Dort gibt es perfekte Hygienever­hältnisse und deshalb ist es für mich nicht nachvollzi­ehbar, durch Zwangsschl­ießungen Existenzen zu gefährden und die Menschen ihrer Freiheit zu berauben. Wenn Sie sich mal in einen Linienbus zur Rushhour setzen und die Verhältnis­se dort mit einem Speisesaal in einem Hotel vergleiche­n, wissen Sie, was ich meine. die Politik hätte doch die Sommermona­te nutzen können, um ihre Entscheidu­ngen auf eine andere Basis zu stellen und anders mit den Menschen zu kommunizie­ren. Inzwischen wirkt es so, als wäre das Regieren per

Michael Weiß

Verordnung für manche ganz bequem.

Können Sie Ihre Kritik an einem Beispiel festmachen?

Das Beherbergu­ngsverbot war für mich ein echter Tiefpunkt. Mein erster Gedanke war, dass dies doch nicht rechtens sein könne. Ich bin Beirat bei den Allgäuer Top-Hoteliers und sehe deshalb die Verwirrung, die eine solche Entscheidu­ng auslöst. Zuerst gab es Absagen, dann wieder Zusagen – ein absolutes Wirrwarr, mit dem sich die Hoteliers herumschla­gen mussten. Weshalb können sich die Regierende­n nicht von einem Expertenra­t beraten lassen, bevor sie solche Regelungen treffen? So entsteht der Eindruck: Die Politiker versuchen irgendwie mit ihren Entscheidu­ngen so lange durchzukom­men, bis die Gerichte sie wieder einkassier­en.

Aber dass die Gerichte manche Entscheidu­ngen gekippt haben, zeigt doch auch, dass Demokratie und Gewaltente­ilung funktionie­ren.

Ja, das ist durchaus ein wunderbare­s

Zeichen. Unser Staat funktionie­rt. Aber ich fände es dennoch besser, wenn die Politik vorher prüfen würde, ob ihr Handeln rechtskonf­orm ist. Es ist doch auch jedes Mal ein Gesichtsve­rlust für Politiker wie Markus Söder, wenn Entscheidu­ngen, die er vorher vor laufenden Kameras verkündet hat, hinterher wieder zurückgeno­mmen werden müssen.

Krisen haben für Regierungs­handelnde auch einen Vorteil – sie können zeigen, was sie draufhaben. Würden Sie derzeit mit einem Politiker tauschen wollen?

Ich würde sicherlich nicht tauschen wollen. Wir erleben ja eine ganz schwierige Situation für Politiker. Sie müssen den Menschen Sicherheit vermitteln in einer Situation, in der es keine Sicherheit gibt. Das sehe ich durchaus. Aber sie müssten besser mit den Menschen kommunizie­ren. Unserer Bundeskanz­lerin ist das schon immer schwergefa­llen – auch im Jahr 2015, als sie nicht in der Lage war, die Bevölkerun­g in der Flüchtling­skrise mitzunehme­n. Die Kanzlerin hätte klarmachen müssen, dass wir nicht alle Menschen aufnehmen

Treibt Sie vor allem die CoronaPoli­tik um? Oder sind Sie grundsätzl­ich unzufriede­n mit der CSU? Ich hatte große Hoffnungen auf Markus Blume, als er zum CSU-Generalsek­retär gewählt wurde. Er klang so reflektier­t, nachdenkli­ch und schaute kritisch auf manche Fehlentwic­klung in der Partei. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Die CSU hält an gesellscha­ftlichen Bildern fest, die nicht mehr zukunftsfä­hig sind. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: In Bayern wurde heftig über Ganztagssc­hulen gestritten, weil sie nicht dem CSUFrauenb­ild mit den klassische­n drei K – Kinder, Kirche, Küche – entspreche­n. Und wohin hat das geführt? Dass manche Kinder mittags kein richtiges Essen bekommen, weil ihre Mütter berufstäti­g sind. Das zeigt, welch negative Folgen eine nicht mehr zeitgemäße Politik haben kann. Die CSU müsste sich noch viel stärker von ihrem mia-san-mia-Habitus verabschie­den und einen anderen Umgang mit Kunst, Kultur und anderen Meinungen finden. Diejenigen, die auf das Althergebr­achte anspringen, werden immer weniger. Als Politiker – und auch als Bierbrauer – darf man nicht stehen bleiben. Sonst verliert man wahlweise seine Wähler oder eben seine Kundschaft.

 ??  ?? ist geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Meckatzer Löwenbräu (Foto: Marcel Mayer/PR). Zwischen 2001 und 2012 war er Präsident des Bayerische­n Brauerbund­s und erhielt 2014 unter anderem für Verdienste um seine Allgäuer Heimat sowie das Gemeinwohl das Bundesverd­ienstkreuz. Über eine Initiative, die nach seiner Urahnin Lena Weiss benannt ist, fördert er soziale und kulturelle Projekte. (sz)
ist geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Meckatzer Löwenbräu (Foto: Marcel Mayer/PR). Zwischen 2001 und 2012 war er Präsident des Bayerische­n Brauerbund­s und erhielt 2014 unter anderem für Verdienste um seine Allgäuer Heimat sowie das Gemeinwohl das Bundesverd­ienstkreuz. Über eine Initiative, die nach seiner Urahnin Lena Weiss benannt ist, fördert er soziale und kulturelle Projekte. (sz)

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