Hilfspaket für Flughäfen bleibt vorerst aus
Scheuer will möglichst viele Standorte erhalten – Kritiker befürchten Zombi-Airports
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BERLIN - Verkehrsminister Andreas Scheuer bleibt den deutschen Flughäfen ein neues Förderpaket vorerst schuldig. Zwar betonte der CSU-Politiker nach Abschluss eines Gipfeltreffens mit Vertretern der Luftfahrtbranche: „Gerade die Regionalflughäfen stehen für Chancen und für das Erlebnis der Mobilität für alle Schichten.“Er wolle diese Strukturen erhalten. Doch er konnte am Freitag keine Details zur Freigabe neuer Mittel bekannt geben. Offenbar herrscht in der Bundesregierung kein ausreichender Konsens über die Förderwürdigkeit der Flughäfen. Auf dem virtuellen Gipfeltreffen blieben die Branche und der flugbegeisterte Minister mit ihren Forderungen unter sich.
Noch am Vortag hatte Scheuer die Forderung nach einem Rettungspaket von einer Milliarde Euro platziert. Am Freitag schlug er dann ein 50:50-Modell vor: Die Verantwortung solle zur Hälfte bei den Ländern und Kommunen liegen, in denen Flughäfen ansässig seien und zu 50 Prozent beim Bund. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ließ den Kollegen aber erst einmal auflaufen.
Der Flugverkehr gehört zu den Branchen, die von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind. In diesem Jahr lag das Passagieraufkommen 80 Prozent unter dem des Vorjahres. Im Frühjahr haben die Flughäfen daher schon Zugang zu günstigen Förderkrediten erhalten. Die EU hat insgesamt Hilfen in Höhe von 1,36 Milliarden Euro für deutsche Airports genehmigt. Die führende deutsche Fluggesellschaft Lufthansa erhielt im Mai eine Finanzspritze in Höhe von sechs Milliarden Euro plus Kredite in Höhe von drei Milliarden Euro. Der neue Lockdown reißt nun weitere Finanzlöcher in die Bilanzen der Airlines und der Flughäfen.
Etwas neidisch blickten die Flughafenvertreter nun auf die Gastronomie, denen die Regierung in diesem November einen Großteil der Einnahmen aus der Staatskasse ersetzt. „Wir reden bei unserem Finanzbedarf nicht wie die Gastronomen von 70 Prozent des Umsatzes“, sagte Stefan Schulte, Chef des Flughafenbetreibers Fraport. Doch auch seine Branche brauche Hilfen, die nicht wieder zurückgezahlt werden müssen. Vor allem: „Wir müssen wieder fliegen können. Das sichert Arbeitsplätze.“Reisen seien nicht für Corona-Infektionen verantwortlich. Schulte widerspricht hier Gesundheitsminister Jens Spahn, der wegen der Pandemie von Auslandsreisen abgeraten hatte.
Die EU-Kommission hat bei zusätzlichen Hilfen für die deutschen Flughäfen massive Bedenken. Corona soll nicht zum Anlass werden, das Füllhorn über alle Sorten von Wunschprojekten auszuschütten. Konkret gibt sie vor, dass nur Betriebe eine üppige Förderung erhalten, die vor der Krise gesund waren. Um die Förderung für Deutschlands 14 Regionalflughäfen gab es jedoch schon vor Corona eine Diskussion. Es waren in vielen Fällen überhaupt erst die Zuschüsse der Länder, die ihren Betrieb ermöglichten – zumal dort vor allem Billigflieger starten und landen, die mit Gebühren geizen.
Nach Berechnungen des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) haben nur die Flughäfen Bremen und Memmingen eine wichtige Infrastrukturrolle und eine Chance, finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Auch für Dresden und Friedrichshafen sehen die Ökonomen eine Existenzberechtigung als Anker in der Region. Andere Standorte, etwa Frankfurt-Hahn oder PaderbornLippstadt, halten sie für hoffnungslose Fälle.
Auch von Umweltschützern kommt daher Kritik an Scheuer. Sie sehen Corona als Chance, die Förderung anders zu nutzen: für besseren Bahnanschluss in der Region. „In Zeiten der Klimakrise müssen jetzt die Weichen für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft gestellt werden“, fordert die Organisation BUND. Die unrentablen Standorte sollten nun als Erste schließen. „Diese Zombie-Flughäfen dürfen nicht durch Subventionen wiederbelebt werden, um die Klimakrise weiter zu verschärfen“, sagt Werner Reh, Luftfahrtexperte beim BUND.
Es sei ein Fehler, „die Krise zu nehmen, um Verkehrsinfrastruktur plattzumachen“, entgegnet Friedrichshafens Flughafen-Chef ClausDieter Wehr, der dem Luftverkehrsgipfel am Freitag an Positivem vor allem das klare Bekenntnis Scheuers zur „föderalen Struktur des Luftverkehrs“abgewinnen konnte. Darüber hinaus bewertete er die Veranstaltung
als einen „ersten Aufschlag“und als „positives Zeichen“, vermisste aber „konkrete Hilfszusagen“. Vor allem bei der Entlastung der Regionalflughäfen von den Flugsicherungskosten erwartet der Manager in den kommenden Wochen „klare Ansagen“– ein Posten, der beim Bodensee-Airport in normalen Jahren mit jährlich netto 1,5 Millionen Euro zu Buche schlägt.
Der Flughafen Friedrichshafen war in den vergangenen Jahren immer wieder von Insolvenzen verschiedener Fluggesellschaften zurückgeworfen worden. Wegen roter Zahlen wurden Investitionen verschoben, die in den kommenden Jahren aber zwingend notwendig werden, zum Beispiel für den Neubau des Towers. Die Stadt Friedrichshafen muss als einer der größten Gesellschafter am 16. November entscheiden, ob sie den Flughafen weiter mit Millionensummen subventionieren oder lieber schließen will, nachdem der Kreistag des Bodenseekreises dem Finanzierungskonzept bereits zugestimmt hat. Es geht um bis zu 23 Millionen Euro bis zum Jahr 2030, wobei ein stattlicher Teil dieser Gesamtsumme bereits gedeckt ist durch frühere Zusagen.