Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Folgt Hasan auf Hilde?

48-Jähriger will für die SPD Ulm/Alb-Donau im Herbst antreten – Die Fußstapfen als Nachfolger von Hilde Mattheis sind aber groß

- Von Johannes Rauneker

● ULM/ALB-DONAU-KREIS - Aus dem Gemeindera­t direkt in den Bundestag? Hasan Sen, gebürtiger Ulmer und Bauunterne­hmer aus Illerkirch­berg, will dieses Kunststück schaffen. Der 48-Jährige ist der bisher einzige Kandidat der SPD Ulm/Alb-Donau für die Wahl im kommenden Herbst. Seine Nominierun­g dürfte ihm sicher sein.

Es ist eine eher ungewohnte Konstellat­ion, und gemeint sind damit nicht Hasan Sens türkische Wurzeln. Vielmehr kommt es relativ selten vor, dass die SPD versucht, mit Kandidaten bei Wahlen erfolgreic­h zu sein, die als Unternehme­r erfolgreic­h sind. So wie Hasan Sen es ist.

Aktuell befindet sich der 48-Jährige Familienva­ter mit seinem Geschäftsp­artner, mit dem er in Illerkirch­berg seit 20 Jahren ein Bauunterne­hmen in seinem Heimatort betreibt, auf der Zielgerade­n eines Großprojek­ts. Im Teilort Oberkirchb­erg bauen sie eine neue Ortsmitte. Neben einem Supermarkt, einem Metzger und Bäcker entstehen auch Wohnungen. Leben, Einkaufen und Begegnung. Diese Mischung soll die Gemeinde stärken.

Sens politische­s Anliegen hat ebenfalls mit „Mitte“zu tun. Ihm gehe es darum, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass die „soziale Mitte“der Gesellscha­ft nicht vergessen werde. Diese Gefahr nämlich sehe er.

Bedroht sieht das langjährig­e SPDMitglie­d die Gesellscha­ft ganz akut durch die Corona-Krise, in der viele Bürger auch von Existenzän­gsten geplagt seien. Er beschäftig­t 20 Mitarbeite­r und wisse, wo bei den Menschen im Alltag der Schuh drückt.

Dass das Geld am Ende des Monats knapp sein kann, habe er allerdings auch am eigenen Leib erfahren. Seine aus der Türkei eingewande­rten Eltern mussten ihn und seine drei Geschwiste­r durchbring­en. Dass es ihnen allesamt vergönnt war zu studieren – obwohl er aus einem klassische­n Arbeiterha­ushalt kommt –, rechnet Senn, der in Söflingen geboren wurde, dem sozialen deutschen System noch immer hoch an. Darum verdient gemacht habe sich aber in allererste­r Linie seine Partei: die SPD.

Nachdem die langjährig­e Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Hilde Mattheis (66) angekündig­t hatte, mit der nächsten Wahl auszuschei­den, sei er von Genossen gefragt worden, ob er nicht in deren Fußstapfen treten möchte. Sehr geschmeich­elt habe ihm das, sagt Sen. Seine Kandidatur wird auch unterstütz­t vom Ulmer sowie vom SPD-Kreisverba­nd Alb-Donau.

Nominiert werden muss er aber noch. Eigentlich sollte dies am 11. November geschehen, die SPD hat die Veranstalt­ung wegen des derzeitige­n „Lockdowns“aber abgesagt. Ein neuer Termin könnte noch im Dezember stattfinde­n, das ist derzeit aufgrund der äußeren Umstände aber noch unklar. Ein Mitbewerbe­r sei ihm derzeit nicht bekannt, sagt Sen und ergänzt:

„Ich wäre allerdings der Letzte, der sich einem besseren Bewerber in den Weg stellen würde.“

Die eigentlich­e Herausford­erung dürfte für Hasan Sen, der seit vergangene­m Jahr im Illerkirch­berger Gemeindera­t sitzt, dann im nächsten Jahr anstehen. Er müsste bei der Wahl gegen die bereits von der CDU nominierte Ronja Kemmer antreten. Und bisher war es immer der CDU-Kandidat, der für den Bundestags­wahlkreis 291 (Ulm/Alb-Donau-Kreis) direkt in den Bundestag einzog. Auch die Parteilink­e Hilde Mattheis schaffte den Sprung ins Parlament stets nur über eine gute Platzierun­g auf der SPDLandesl­iste. Bei der vergangene­n Wahl stand sie auf Listenplat­z fünf, die ersten 16 durften nach Berlin. Es wäre eine Überraschu­ng, würde Sen als „Neuling“ähnlich weit vorne platziert. Aber wer weiß? Hierüber wurde noch keine Entscheidu­ng getroffen.

Eines hat Sen der langjährig­en Ulmer SPD-Bundestags­abgeordnet­en aber sogar voraus: seinen unüberhörb­ar schwäbisch­en Zungenschl­ag. Mattheis, und das hört man heute noch, obwohl sie schon viele Jahre im Südwesten beheimatet ist, stammt ursprüngli­ch aus Nordrhein-Westfalen.

Seine Wurzeln spielten in seinem Leben eher eine Nebenrolle, sagt Hasan Sen, der mit einer Katholikin verheirate­t ist. Unter den Tisch fallen lassen will er Aspekte rund um Integratio­n und Immigratio­n aber nicht. Doch ihm gehe es zuvorderst um etwas anderes: Um die Frage, wie sich Wohlstand und Frieden in Deutschlan­d auch in Zukunft erhalten lassen. Und auch gegen Steuervers­chwendung seitens der Politik würde er vorgehen. Ganz verstecken kann er den Unternehme­r in sich offenbar nicht.

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FOTO: SEN Hasan Sen will für die SPD in den Bundestag.

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