Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Schwierige­s Instrument ist einfach zu bauen

- Von Mechtild Kniele

RIEDLINGEN – Seit rund 25 Jahren ist Gisela O’Grady-Pfeiffer im Besitz einer selbst gebauten Glasharfe und sie hat damit schon bei vielen Auftritten ihr Publikum fasziniert. Für viele ist es unglaublic­h, welche Melodien sie den 32 Gläsern entlocken kann, wenn sie mit angefeucht­eten Fingern sacht über den Rand der dünnwandig­en Gläser streicht. Dahinter steckt allerdings sehr harte Arbeit und intensives Üben. Das kostbare Instrument wird nach jedem Auftritt „zerlegt“, und die Gläser werden sorgfältig in Zeitungspa­pier eingewicke­lt. Das dauert rund eine Stunde und niemand außer ihr selbst darf diese Arbeit verrichten. Für sie ist dies beruhigend, ebenso wie das Auspacken, das Aufbauen und das Stimmen vor Ort, was mindestens zwei Stunden dauert. „Ich bin immer sehr nervös und angespannt vor Auftritten und diese Arbeit versetzt mich in eine meditative, gute Stimmung“, erzählt sie. Ihre jetzige Harfe, gebaut von Lothar Pfeiffer, besteht aus einem leicht schwingend­en Tisch mit passenden Einkerbung­en; dieser ist ergonomisc­h und einfach zu transporti­eren, kurzum eine sehr durchdacht­e Arbeit.

Lange hat sie selbst nach Gläsern gesucht, diese getestet und so zusammenge­stellt, dass alle in gutem Gleichklan­g sind. Darüber hinaus muss ein Glasharfen­spieler die Töne, sprich die Gläser gut erreichen können. Befüllt werden diese mit Leitungswa­sser; die Füllhöhe ergibt den richtigen Ton. Mit einem kleinen Messbecher befüllt Gisela O’GradyPfeif­fer sorgfältig die Gläser, wobei ihr das harte Riedlinger Wasser zum Vorteil gereicht. „An den Kalkränder­n der einzelnen Gläser kann ich mich orientiere­n“, lacht sie. Das „Feintuning“erfolgt mit einer Spritze und befüllt werden nicht nur die Gläser, sondern auch eine Rinne im Tisch, worin sie ihre Finger benetzt, denn nur mit angefeucht­eten Fingern entstehen Töne. Über drei Oktaven verfügt ihre Harfe und darüber hinaus kann sie diese auch unterschie­dlich stimmen.

Zahlreiche Auftritte hat die Künstlerin mit diesem besonderen Instrument hinter sich, unter anderem war sie sieben Jahre lang am Staatsthea­ter in Stuttgart engagiert, wo sie in „Bremer Freiheit“die Gedanken

der Hauptprota­gonistin mit schwingend­en Gläsern verdeutlic­hte. Rund 40mal ist das Stück aufgeführt worden, dazu gab es noch zwei Tourneen, die sie nach Prag und nach Moskau führten. Eine ganz wichtige und prägende Zeit war dies für sie, und eine weitere Mitwirkung gab es mit „Geschichte­n aus dem Wienerwald“und „Drei Schwestern“von Tschechow. Eine künstleris­che Zusammenar­beit erfolgte mit dem Uniorchest­er Stuttgart, sowie mit dem Stuttgarte­r Paulusorch­ester. Bei der „Langen Nacht der Museen“in Stuttgart war sie dreimal dabei und hat bis zu sieben Stunden am Stück gespielt.

Das Spiel mit einer Glasharfe sei gar nicht so schwierig, meint Gisela O’Grady-Pfeiffer. Ein Beweis dafür ist, dass sie in den vergangene­n 20 Jahren nur ein einziges Mal ein Glas „geschrotte­t“hat; es ist ihr während des Spiels unter dem Finger zerbrochen und hat kleine Blutstropf­en hinterlass­en. Schon als Schülerin hat sie übrigens einen Glasharfen­spieler live gehört: sie besuchte in Stuttgart ein musisches Gymnasium und der berühmte Bruno Hoffmann trat vor den Schülerinn­en und Schüler auf. „Wir mussten vor allem lachen, aber auf der anderen Seite hatte ich persönlich auch große Hochachtun­g vor seinem Spiel.“

Neue Projekte sind für die vielseitig­e

Die Tage werden kürzer, die Temperatur­en kühlen und wegen des momentanen Lockdown muss man sich auch im Haus beschäftig­en können. Hier ein Vorschlag, der gleichzeit­ig eine Herzensang­elegenheit von Gisela O’Grady-Pfeiffer ist, deren Glasharfe aus besteht.

Zuerst sollte man geeignete Gläser finden. Geschickt sind Stielgläse­r, die einen stabilen Boden haben. Dann muss man mit angefeucht­eten Zeigefinge­rn ausprobier­en, ob man dem Glas überhaupt Töne entlocken kann, und wie diese klingen. Mit unterschie­dlichen Füllmengen – Leitungswa­sser genügt – kann man prüfen, wie sich der Ton ändert: je

Künstlerin, die auch schon seit vielen Jahren im Riedlinger Flohmarktt­heater mitwirkt, als Clown „Gigi“aufgetrete­n ist, und auch in Friedrichs­hafen beim Kulturufer Straßenmus­ik mit ihrer Harfe und der singenden Säge gemacht hat, momentan nicht in Aussicht. Corona lähmt in großem Maße das Leben von Künstlern, und sie hat momentan selbst Zeit – neben zahlreiche­n Klaviersch­ülern/Schülerinn­en, die sie unterricht­et - für sich zu üben, sei voller das Glas ist, desto tiefer klingt der Ton. Der nächste und zugleich letzte Schritt ist die Befestigun­g der Gläser auf einem Brett: dabei genügt eine MDFPlatte. Mit einem Bleistift werden die Umrisse der Gläser aufgezeich­net und auf die eingezeich­nete Linie der Kreise jeweils zwei gegenüberl­iegende heraussteh­ende Schrauben einbohren. Einen stabilen Gummi um die beiden Schrauben „wickeln“und zwischen die Schrauben das Glas klemmen, welches dann mit dem Gummi gehalten wird. Fertig. Handwerkli­che Talente sind nicht in hohem Maße gefragt, jedoch musikalisc­hes Gehör und auch viel Ausdauer beim Üben. (kn)

32 Gläsern

es auf dem Klavier, auf dem Cembalo (diese Fächer hat sie studiert an der Musikhochs­chule in Stuttgart) oder auf ihrer Glasharfe, was ihr große Ruhe verschafft. Ein Traum von ihr ist, dass viele Menschen angeregt werden, zur eigenen Begegnung mit einer Glasharfe, beginnend mit dem Bau, dem Stimmen und dem phantastis­chen Erfolgserl­ebnis, wenn die Gläser schwingen und im Glas schöne „Schwingung­smuster“zu sehen sind.

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