Der etwas andere Tiberiuswallfahrt-Festgottesdienst
Jugend 2000 in der Diözese Rottenburg erhält den Tiberiuspreis
● OBERMARCHTAL - Wie jedes Jahr am 10. November wurde im Münster von Obermarchtal auch diesen Dienstag die Wallfahrt zum Heiligen Tiberius gefeiert, eingeläutet mit den zwölf historischen Glocken des Münsters. Die Wallfahrt ist stets ein großer Tag für Obermarchtal und seine Umgebung. Der Corona-Pandemie geschuldet war die Feier auf Gläubige aus der Seelsorgeeinheit Marchtal beschränkt. Pfarrer Gianfranco Loi hat den Tiberiuspreis an junge Menschen verliehen, die ähnlich wie der Heilige den christlichen Glauben in die Welt tragen. Preisträger ist die Jugend 2000 in der Diözese Rottenburg.
Gegenüber den Vorjahren war das Münster auffallend leer, die Besucher haben die vorgegebenen Abstände eingehalten. Die Gläubigen erlebten gleich zu Beginn der Messe auf der Holzhey-Orgel eine Welturaufführung, das von Kustos Gregor Simon wenige Tage zuvor komponierte Präludium zum Tiberiuslied. Zelebriert wurde die Messe von Pfarrer Loi in einem Gewand aus dem Jahr 1626, dem Jahr, in welchem das Haupt des Tiberius nach Obermarchtal kam. Unterstützt wurde er von Diakon Johannes Hänn sowie Pfarrer Kilian Krug aus Schemmerhofen, dem geistlichen Begleiter des Organisationsteams der Jugend 2000. Eine Corona-konforme Abordnung
des Kirchenchors mit nur acht Sängern umrahmte musikalisch.
Als Fest des Glaubens und Zeichen der Hoffnung bezeichnete Pfarrer Loi das Zusammenkommen der Gemeinde zu den Feierlichkeiten. „In schweren Zeiten haben sich die Menschen schon immer an eine höhere Instanz gewandt“, so der Pfarrer, dessen Gebet insbesondere die an Corona erkrankten und die in Quarantäne geschickten einschloss, ebenso die Forscher, die Medikamente und Impfstoffe entwickeln, alle Entscheidungsträger und Kümmerer sowie jene, deren Existenzen durch die Lockdowns in Scherben liegen. Er sah die Medizin an ihre
Grenzen gekommen, und verglich die Situation der Menschen mit jener des Heiligen Tiberius, der von seinem eigenen Vater beim Kaiser als Christ denunziert und im Jahr 303 von den Römern durch Enthauptung ermordet wurde. „In einer Zeit, als das Christentum noch jung, gerade einmal 200 Jahre alt war, hat sich Tiberius trotz der Folter durch die Römer auf etwas Neues eingelassen, und sich für das Christsein eingesetzt, geprägt von der Heiligen Schrift“, so Pfarrer Loi. Die Liebe zu Gott sorge für Halt in schweren Zeiten. Daraus folge bei den Christen die Liebe zum Nächsten, gelebt als verlängerter Arm Gottes in der Welt.
„Fürchtet Euch also nicht“, gab er als Kernsatz für die Zeit der Pandemie aus und zitierte den Begründer der modernen Philosophie Immanuel Kant (1724-1804) mit den Worten: „Alle Bücher, die ich gelesen habe, haben mir den Trost nicht gegeben, den mir Psalm 23 Vers 4 gab, Du bist bei mir.“
Damit leitete Pfarrer Loi auf die Vorbildfunktion der diesjährigen Preisträger über, der Jugend 2000 in der Diözese Rottenburg. Deren ehrenamtlicher Leiter, der gebürtige Obermarchtaler Christopher Hog, stellte die Jugendbewegung vor, die den Auftrag von Johannes Paul II zur Neuevangelisierung angenommen habe. „In Deutschland ist sie in elf Diözesen vertreten, aber auch in Großbritannien, Irland, Frankreich und den USA.“
Mit Prayer Festivals, Jugendwallfahrten, regelmäßigen Gebetsgruppen und der Gestaltung von Jugendgottesdiensten tritt die Bewegung in Erscheinung, und unterhält dazu sogar eine eigene Band. Bei der katechetischen Glaubensvertiefung könne man Gemeinschaft erleben und zusammen Spaß haben, der Gründungsimpuls sei auf einem Weltjugendtag vor 30 Jahren erfolgt. „Durch dieses Engagement bekennen sie sich im Sinne des Heiligen Tiberius zu ihrem Glauben in vorbildhafter Weise“, heißt es unter anderem in der von Pfarrer Loi überreichten Urkunde.
Mit dem Tiberiusorden wurden Brunhilde Barth und Kirstin Mark ausgezeichnet, die mit Keyboard respektive Gitarre Jugendgottesdienste begleiten. Am Ende erhielten die Gläubigen einzeln den Tiberiussegen, das Kissen mit einer Reliquie des Tiberius wurde ihnen dabei über den Kopf gehalten. Nach dem Gottesdienst konnten die Besucher geweihtes Tiberiuswasser und Springerle erwerben.
Der Gottesdienst wird in wenigen Tagen auf www.se-marchtal.de online zu sehen sein, ebenso wie der ausgefallene Vortrag von Wolfgang Urban zum Bekennerbrief Johannes Baptista Sproll.