Jagd unter erschwerten Bedingungen
Wegen der Corona-Verordnung fallen viele Drückjagden aus – Viele Jagdpächter sind verunsichert – Folgen sind unklar
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ALB-DONAU-KREIS - Traditionell beginnt die Drückjagdsaison mit der Hubertusjagd am 3. November. Dann sehen Spaziergänger in der freien Natur und an Waldrändern oftmals rot-weiße Flatterbänder und Warnschilder, die auf die Bewegungsjagden hinweisen. Diese sollen in unserer Region hauptsächlich dazu dienen den Wildschwein- und Rehwildbestand auf eine natürliches und gesundes Maß zu reduzieren. Doch Corona sorgt auch bei den Jägern für Sorgenfalten.
Als die neue Corona-Verordnung vergangene Woche Gestalt angenommen hat, sind viele Drückjagden im ganzen Bundesgebiet abgesagt worden. Kurz danach haben einige Bundesländer die Bewegungsjagden allerdings wieder erlaubt, so auch Baden-Württemberg. Die Begründung der Regierung zielt vor allem auf die Populationskontrolle beim Schwarzwild und eine damit verbundene Prävention gegen die Afrikanische Schweinepest (ASP) ab. Die umfangreichen Hygienevorschriften sorgen jedoch weiterhin dafür, dass deutlich weniger Jagden veranstaltet werden, besonders im Bereich der privaten Drückjagden herrscht Verunsicherung. „Bevor ich da etwas falsch mache oder sogar einen Corona-Ausbruch riskiere, lasse ich den Termin lieber ausfallen“, sagt ein Grünrock im Gespräch, der seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen will. Allerdings ist er mit dieser Meinung wohl nicht allein, was die Zahl der abgesagten Drückjagden bestätigt.
Wie viele Jagden genau abgesagt worden sind, dazu hat auch der Landesjagdverband Baden-Württemberg (LJV BW) noch keine genauen Zahlen, der Verband rechnet jedoch mit einer Verringerung zwischen 30 und 50 Prozent. Erhard Jauch, Geschäftsführer des LJV, informiert jedoch: „Noch vor dem Lockdown light hat ForstBW landesweit Drückjagden in der bisher üblichen Form (Kooperation mit angrenzenden gemeinschaftlichen Jagdbezirken und Jagdgästen) abgesagt. Es werden dort Jagden in kleineren Umfang mit eigenem Personal und mithelfenden Jägern veranstaltet. Der LJV hat seine Mitglieder auch dazu aufgerufen, wenigstens kleinere Jagden durchzuführen.“Denn wie bereits erwähnt ist nicht nur für die Landesregierung, sondern auch für die Jäger, die Populationskontrolle beim Schwarzwild auch im Hinblick auf die ASP extrem wichtig. „Drückjagden sind ein Instrument zur effektiven Schwarzwildbejagung. Besonders in Jahren mit ausgeprägter Mast (wie in diesem Jahr, Anm. d. Red.) ist die Bejagung an Kirrungen und im Feld von geringerem Erfolg gekrönt. Dann gilt es, die Sauen aus den Beständen zu bekommen und auf Bewegungsjagden zu bejagen.“, erklärt Jauch. Um seine Mitglieder zu unterstützen hat der LJV seinen Mitgliedern eine Vorlage für ein Hygienekonzept zur Verfügung gestellt. Das Hygiene-Konzept des Ministeriums für Ländlichen Raum (MLR) basiert auf gemeinsamen Empfehlungen des LJV und des MLR. Grundsätze sind auch hier Abstandhalten, Mund-/ Naseschutz tragen und Kontakte verringern. Hinzu kommt, dass die Regularien und die Regeln der Jagden bereits vorab an die Teilnehmer verschickt werden. Das beginnt bereits damit, dass Jäger nicht in Gruppen im gleichen Auto anreisen. Kontrollen von Jagdschein und Schießnachweis sollen im Freien oder wenn nicht anders möglich mit Trennwänden erfolgen. Das Anstellen, sprich wenn die Jäger auf ihre Stände gebracht werden, erfolgt ebenfalls nicht mehr in größeren Gruppen. Die sozialen und traditionellen Elemente der Jagd, wie das Streckelegen, mit dem die Jäger den erlegten Stücken nochmals die Ehre erweisen, Auftritte von Jagdhornbläsern
„Ich denke, wenn wir gar keine Jagden organisieren würden, würden das alle anderen auch nicht tun.“Thomas Herrmann Leiter Forstbezirk Ulmer Alb
oder das sogenannte Schüsseltreiben, die gemeinsame Mahlzeit nach der Jagd, fallen oft ganz weg. Nicht schön aber notwendig, damit die Drückjagden stattfinden können, sagt auch Ehingens Kreisjägermeister Johann Krieger. „Die Bejagung von Schwarzwild ist ohnehin nicht einfach. Zwar erleichtert die Erlaubnis zum Verwenden von Nachtsichttechnik den Abschuss einzelner Stücke, aber für die entsprechende Quantität brauchen wir die Drückjagden.“Seit Jahren steigen die Abschusszahlen im Bereich des Schwarzwildes kontinuierlich an, trotzdem wächst die Population stetig. Das liegt laut den Jägern an den milder werdenden Wintern und dem Überangebot von Futter im Wald und auf den landwirtschaftlichen Feldern. Der Schaden den das Wild auf letzteren im kommenden Jahr durch eine sprunghaft anwachsende Population anrichten könnte sorgt nicht nur bei den Jägern für Sorgenfalten,
auch die Landwirte beobachten die Entwicklung mit ernster Mine, nicht zuletzt auch die Schweinezüchter, die Angst vor einer Infektion ihrer Bestände mit dem tödlichen Virus haben. Der Kreisbauernverband Ulm-Ehingen hat bereits Alarm geschlagen und hat unlängst sogar eine Pressekonferenz einberufen. Die Landwirte treibt die Sorge um, dass die Afrikanische Schweinepest (ASP) nicht nur eine große Gefahr für die Haus- und Wildschweine ist, sondern auch durch den Preisverfall des Schweinefleisches und Exportverbote dauerhaft Zuchtbetriebe schließen müssen. „Die Lage ist ernst, sehr ernst“, bekräftigte der Kreisvorsitzende Ernst Buck.
Der Forst BW-Standort Ulmer Alb, hat am Freitag seine erste Drückjagd veranstaltet. Der Leiter des Forstbezirks, Thomas Herrmann, schildert seine Erlebnisse vor dem Hintergrund der veränderten Realitäten durch die Hygienevorschriften so: „Für uns sind die Jagden jetzt mit deutlich mehr Aufwand verbunden und der soziale Aspekt des Austauschs unter den Jägern fällt komplett weg.“Rein rechtlich handle es sich noch um eine Gesellschaftsjagd aber der „Spaß“und die Tradition falle weg. Die Drückjagden in dieser Saison sind somit reine Arbeitstreffen und keine gesellschaftlichen
Veranstaltungen mehr. „Wenn die Jagd beendet ist, wird jeder Jäger zu seinem Auto gefahren und dann geht es für sie oder für ihn nach Hause. Einen gemeinsamen Abschluss gibt es nicht mehr., Es wäre natürlich auch schwer zu argumentieren, dass andere gesellschaftliche Veranstaltungen verboten werden und man nach der Drückjagd fröhlich zusammensitzt“, so Herrmann. Immerhin scheint es so, als könnten fast alle Jagden im Bereich des Forststützpunktes Ulmer Alb stattfinden. Größere Absagewellen seitens der Teilnehmer gibt es bisher noch nicht, so der Forstexperte. Bei der Jagd am Freitag im Bereich der Ehinger Alb, mussten die rund 100 Beteiligten in zwei Gruppen aufgeteilt werden mit zwei verschiedenen Treffpunkten, da auch die Jäger beinahe alle einzeln mit ihren Autos anreisen mussten. Richtig gelohnt hat sich der höhere Organisationsaufwand nicht. Zur Strecke gekommen sind 16 Stück Rehwild und eine Sau. Nicht gerade das, was sich Thomas Herrmann in Sachen ASP-Prävention vorgestellt hat. „Trotzdem ist es wichtig,dass wir voran gehen und die Jagden veranstalten. Damit sehen auch andere Jäger , dass es mit Mehraufwand auch trotz Corona möglich ist. Ich denke wenn wir gar keine Jagden organisieren würden, würden das alle anderen auch nicht tun.“